Arabisch-Andalusische Musik aus Marokko

Tracklist:

  • 00:00 – Track 1
  • 08:34 – Track 2
  • 15:34 – Track 3
  • 23:48 – Track 4
  • 40:13 – Track 5
  • 45:46 – Track 6

Die arabisch-andalusische Musik, die noch heute in Marokko zu hören ist, hat ihre Grundlage in der Musik in „Al-Andalus“, dem arabischen Spanien des Mittelalters. Ergänzend zu den verlinkten Informationen bei Wikipedia zitiere ich für die musikhistorisch Interessierten aus „Die Musik der Araber“ von Habib Hassan Touma:

Die Erneuerung der altarabischen Musiktradition
in Bagdad und Cordoba (820 – 1258 bzw. 1492)

Die altarabische Schule des Higaz verlor ihre Monopolstellung während der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts – bedingt durch neue musikalische Entwicklungen in Bagdad, die eigentlich persischen Ursprungs waren. Die Sänger begannen, sich in Bagdad von dem Klassizismus der alten Tradition zu befreien. Sie versammelten sich um den hochbegabten Sänger und `ud-Spieler Ibrahim al-Mandi (779 – 839) und praktizierten das, was dieser im Sinne einer Lockerung und Reformierung der alten Gesangstradition lehrte. Ibrahim al-Mandi, dessen Vater und Bruder die Kalifenwürde innehatten, war zudem Verfasser eines Buches über den Gesang. Als Gegner dieser neuen Bewegung trat Ishaq al-Mausili (767 – 850) auf, einer der größten Musiker seiner Zeit, dem es jedoch nicht gelang, den Siegeszug der musikalischen Neuerungen Ibrahim al-Mahdis aufzuhalten, obwohl viele Musiker auf der Seite al-Mausilis standen. Durch die Einflüsse aus Persien wurde der klassische Gesang des Higaz mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt bzw. durch neue musikalische Elemente bereichert – durch Elemente, die wahrscheinlich noch heute die Musik der Araber prägen.

Im 8. und 9. Jahrhundert erlebte die klassische altarabische Tradition des Higaz ihren Höhepunkt. Die Musikgelehrten entwickelten anhand der musikalischen Praxis ihre Theorien und sammelten die Musik ihrer Zeit. Jedoch können die in genauen Zahlenverhältnissen fixierten Tonsysteme und die in Anthologien aufgeführten Musikstücke nur einen Bruchteil des musikalischen Gesamtbilds vermitteln. Aussagen über das Wesen des Klangs sind den Überlieferungen nicht zu entnehmen, und anhand der mündlich tradierten und auf dem Tradierungswege zum größten Teil verwandelten Musik der Gegenwart ist nur eine vage Vorstellung vom Klangbild zu erhalten. Diese Feststellung soll aber nicht das Schaffen der unzähligen Musikgelehrten mindern. Von den vielen Traktaten, die in die Bibliographien des 10. Jahrhunderts Eingang fanden, sind nur wenige erhalten. Die originellsten und wichtigsten Abhandlungen, die uns heute vorliegen, stammen aus dem 9., 10., 11. und 13. Jahrhundert und sind mit Namen wie al-Kindi (gest. 874), al-Farabi (gest. 950), al-Isbahani (gest. 967), Ibn Sina (gest. 1037) und Safi ad-Din al-Urmawi (gest. 1294) verbunden. Letzterer erlebte noch das Ende des arabischen Kalifats und die Eroberung Bagdads (1258) durch Hulago.

Al-Isbahani gibt in seinem Kitab al-agani al-kabir, dem „großen Buch der Gesänge”, keine Musikbeispiele im eigentlichen Sinne. Dagegen führt er bei jedem Lied Informationen zu den Biographien der Dichter, Komponisten, Sänger und Instrumentalisten sowie zum Rhythmus und Modus des Liedes an. Sein Werk erfasst in 20 Bänden eine Epoche von etwa 400 Jahren, vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Auch al-Farabi hat in seinem bemerkenswerten Buch Kitab al-musiqa al-kabir, dem „Großen Buch der Musik”, keine Notenbeispiele verwendet, wohl aber rhythmische Formeln und Tonleitern. Die Stufen der Leitern nannte er entsprechend der Bundeinteilung auf dem Lautenhals „Zeigefinger-”, „Mittelfinger-”, oder „Zalzalscher Mittelfingerbund”.
Im 13. Jahrhundert erschien das Kitab al-adwar, das „Buch der Modi”, des Safi ad-Din al-Urmawi (gest. 1294), in dem unter anderem Ton (nagam), Komposition, Modus und Rhythmus ausführlich behandelt werden. Safi ad-Din al-Urmawi fügte zudem die Skelett-Notation eines Liedes mit Angaben zum Rhythmus und Modus an. Über den Text des Liedes schrieb er die Namen der Töne der Melodie und gab Hinweise zum begleitenden Rhythmus. In einem anderen Musiktraktat stellte der Autor die Teilung der Oktave in 17 Töne (Limmas und Kommas) vor und benannte sie in den Buchstaben des arabischen Alphabets als A, B, G, D, H, W, Z, H, T, I etc. Seinen Angaben zur rhythmischen Begleitung ist zu entnehmen, dass die Zählzeiteinheiten in einer wiederkehrenden rhythmischen Periode erscheinen.

Während zu Beginn des 9. Jahrhunderts der Kampf zwischen den Anhängern und Gegnern der altarabischen Musiktradition mit Ibrahim al-Mahdi auf der einen und Ishaq al-Mausili auf der anderen Seite entbrannte, geriet al-Mausili, aus Neid und Furcht zugleich, mit seinem hochbegabten Schüler Ziryab in eine ernsthafte und heftige Auseinandersetzung. Da al-Mausili glaubte, dass Ziryab sein gefährlichster Rivale am Hofe des Harun ar-Rasid werden könnte, ließ er ihn wissen, dass er diese Rivalität nicht dulden werde. Er riet Ziryab, die Stadt Bagdad sofort zu verlassen. Um einen aussichtslosen Kampf mit dem Meister zu vermeiden, wanderte Ziryab nach al-andalus aus, wo die Umayyaden seit dem Untergang ihrer Dynastie in Damaskus (750 n. Chr.) herrschten. Um 822 traf Ziryab in Cordoba ein, wo er von dem Sultan `Abd al-Rahman II (822-852) empfangen und freundlich aufgenommen wurde. Mit Ziryab gelangte die altarabische Musiktradition nach Spanien, wie sie Ziryab durch Ishaq al-Mausili vermittelt worden war. Ziryab gründete in Cordoba eine Musikschule, die sich bald von den Fesseln der traditionellen altarabischen Schule des Ostens befreite und die Keimzelle für die spätere andalusi-Musik bildete. In Cordoba wurden wie bald auch in Sevilla, Toledo, Valencia und Granada viele Generationen von Sängern und Musikern mit den Regeln der Schule des Ziryab vertraut gemacht. Die bis heute in Nordafrika gepflegte andalusi-Musik hat das Erbe dieser Schule angetreten, die im 13., 15. und 17. Jahrhundert, vor allem mit dem Rückzug der Araber aus Spanien, von Granada aus sich in Nordafrika neu etablierte. Aus al-andalus sind allerdings nur weniger originelle Musiktraktate erhalten. Zu erwähnen sind die des al-Magriti (gest. 1007), des Abu Salt Umaiya (gest. 1134), des Ibn Quzman (gest. 1160) und des al-Qurtubi (gest. 1258).

Zur informativen Ergänzung über marokkanische Musik ein Link zur PDF: Die andalusi nuba

Über das arabische Tonsystem, das taqsīm und den maqām berichte ich ausführlich in meinem Blogbeitrag Munir Bashir: Meditation-Improvisation auf dem ’Ud

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