Wanderung Unteralba -> Gehaus

Da wo früher die Steinlinde stand, bietet heute die Fischbach dem Rad- und Fußwanderer eine feste Wanderhütte Schutz bei einem überraschenden Regenguss, als auch einen Rastplatz für eine Brotzeit und oder zum Genießen von Natur und Stille an.
Ein gut ausgebauter Rad- und Wanderweg führt von der Hohenwart über die Fischbach nach Dermbach, er ist Teil des Rhönwanderweges von Meiningen nach Bad Salzungen.
So ziehen wir uns nun Wanderschuhe an, um auf einem Teilstück von Unteralba bis nach Gehaus zu laufen.
Am Ortsausgang von Dermbach nach Unteralba steht das Schloss in dem sich heute das Gemeindezentrum befindet. Das Schloss (1707 erbaut) war zeitweilig Residenz der Bischöfe von Fulda. Von 1716 bis 1818 bestand dort ein Franziskanerkloster, zu meiner Jugendzeit waren darin die Grenztruppen der NVA untergebracht. 1732 wurde gegenüber der Bau der Barockkirche begonnen. Beide Dermbacher Kirchen entstanden im Zuge der Gegenreformation. Die evangelische Kirche ist wesentlich älter und war wohl auch Wehrkirche. Über Dermbach, auf der Hessenkuppe, befand sich ein keltischer Ringmall. Um Dermbach, besonders am „Alten Schloss“, gibt es eine ganze Reihe von Sagen. Einmal sind es solche, die sich gegen die Mönche richten, zum anderen solche, die das Volk zur Befolgung kirchlicher Forderungen bringen sollten. Das „Alte Schloss“ ist der Name eines Bergvorsprungs zwischen Karl-Friedrich-Stein und Eppersberg, zwischen dem Weißen und dem Schwarzen Born.
Dort am Alten Schloss stand eine Ritterburg. Die Schwester der Ritter war von großer Schönheit. Zu ihr entbrannte in heißer Liebe ein Mönch des Klosters Zella und brachte es durch allerlei Künste dahin, dass ihm das Fräulein heimlich ins Kloster folgte, wo er sie hinter einem Heiligenbilde lange Zeit verbarg.
Als aber endlich ihre Brüder den Aufenthalt der Schwester entdeckten, brachen sie mit Waffengewalt in das Kloster ein, fanden auch richtig ihre Schwester und führten sie nach dem Schlosse zurück, wo sie bald darauf starb. Allein, sie fand im Grabe keine Ruhe, denn alle sieben Jahre zeigt sie sich auf dem Schutthaufen des ehemals prächtigen Schlosses, wo auch noch viele Schätze auf den mutigen Schatzgräber warten.
Man findet in Unteralba sehr schöne alte Fachwerkhäuser, ein Zeichen dafür, dass es in Unteralba schon wesentlich früher freie Bauern gab, als in Gehaus. In dem zweistöckigen Haus wurde der Skisportler (nordische Kombination) Ronny Ackermann geboren. Wir gehen nun die Unteralbaer Trift bergauf in Richtung Baiershof. Die Trift ist inzwischen für die Radfahrer bis zum Waldrand asphaltiert worden und auch Teil des Rhönwanderweges.
Inmitten von Waldwiesen in stiller Einsamkeit sehen wir einen uralten Gutshof, ehemals Vorwerk eines der in der Flur Stadtlengsfeld zahlreich vorhandenen Rittergüter, bevor 1523 das Anwesen in den Besitz der Boineburgs übergeht, die den Hof Gutsaufsehern, später Pächtern überlassen.
Ich erinnere mich noch des großen Scheunen- und Stallgebäudes, und der armseligen, meist von polnischen Erntearbeiten bewohnten Katen-Bauwerke, die heute verschwunden sind. Die Trümmer des alten Scheunenbaues, unmittelbar neben dem Wohnhaus, deckt heute eine durch eine Raupe eben gewalzte Bodenschicht.
Zurückgeblieben sind verwilderte und altersschwache Bäume der ehemals gepflegten Obstanlage, darunter auch Walnussbäume.
Das Gut „Baiershof“ wird nach 1945 von der LPG Weilar bewirtschaftet und die dort betriebene Milchviehhaltung wirtschaftlicher und personeller Gründe wegen aufgegeben. Mit ihr auch das alte Gutshaus. Bis in die 20er Jahre hinein beliebtes Ausflugsziel für viele einheimische und fremde Besucher, die den Ausblick auf die Berge des fernen Thüringer Waldes und an weiß gescheuerten Tischen ihren Erfrischungstrank genießen. Dass der geplante Abbruch des Gutshauses nicht zustande kommt, verdanken wir einem Quartett begeisterungsfähiger Naturfreunde (und ihren Frauen), die das alte Fachwerkhaus restaurierten und zu einem wahren Schmuckstück in dieser immer noch romantischen Einöde machten. Am Giebel steht der Spruch:

„Dos Hoar wird gro, de Ziet gett rem, mi Herz blieht jong, dremm es’s net schlemm.“

Pragmatisch heitere Gelassenheit, gelle?
Früher mal kamen hierher auch Schatzsucher, die dieser Weisheit nichts abgewinnen konnten. Wie fast jeder heute, glaubten sie das Glück im Ansammeln von Geld zu finden, für den man sich den Luxus leisten kann, der uns abhängig werden lässt von den Dingen, die wir recht betrachtet, letztlich zu unserem Glück gar nicht benötigen.
Möglicherweise haben gegen Ende des 18. Jahrhunderts Venezianer auch am Baier für die berühmten Glashütten Venedigs nach Zusatzstoffen und Mineralien zum Färben der Gläser gesucht. Sie legten Wert darauf, dass die Einheimischen nicht merkten, welche Schätze in ihrem Boden lagen, und sicherten die Fundstellen – besser als mit Türen und Schloss und Riegel -, indem sie den Aberglauben jener Zeit ausnutzten und behaupteten, es „gehe dort um“.
Der „Goldborn“ soll viel von den Venedigern besucht worden sein. Beim Pächter auf dem Baiershof hatte sich einer eingelegt. Eines Tages war er davongegangen. Nach vielen Jahren fuhr eine prächtige Kutsche auf dem Baiershof vor. Zwei gar vor­nehme Herren stiegen aus, und nach einigen Mühen erkannte der Pächter in dem einen, einem Greis, den letzten der Welschen, der sich hier herumgetrieben hatte. Bei einem Glas Wein erzählte dieser, dass er durch das viele Gold, das er aus dem Goldborn gewonnen habe, ein reicher Mann geworden sei, und er wolle seinem Sohne einmal den Quell seines Reichtums zeigen. Gold würde aber aus dem Born keiner mehr gewinnen. Er beschenkte den Pächter reich und schied auf Nimmerwiedersehen.
Einer aus Gehaus erzählte, es seien Fremde hier gewesen, hätten in Gehaus Arbeiter gedungen und am Baier nach Erzen gegraben. Als sie schon tief im Berg waren, hätten sie ein ganz eigenes Brausen vernommen. Da bemerkten sie oben am Rande der Grube ein kleines graues Männchen, das ihnen zurief: „Ihr Toren, ihr! Lasst ab von eurem unsinnigen Beginnen! Wisst ihr nicht, dass der ganze Baier voll Wasser ist? Wenn ihr so fortfahrt, wird das ganze Tal überflutet und in Gehaus werden Mann und Maus ertrinken!“ – Als die von Gehaus das hörten, warfen sie die Grube entsetzt wieder zu. Von dem Grauen aber war nichts mehr zu sehen.
Von Oberalba ging einst einer aus Stadtlengsfeld über den Baier heim. In der Nähe des Fischbach-Hofes hörte er Stimmen und sah Feuer. Als er selbst einen Ruf tat, war das Feuer verschwunden, und eine Stimme sagte neben ihm: „Hier ist der Ort, wo Gold und Silber liegt!“ Doch da er niemand sah, machte er sich schaudernd davon.
Nach dem Baiershof führt der Wanderweg ein längeres Stück durch Wald. Die nächste Lichtung ist die Fischbach, von der ja oben erst die Rede war. Wir verlassen den Rhönwanderweg nun in Richtung Altenroda.
Wir sehen nach einer Weile rechts die „Piomswiese“, eine zwischen jungen Fichtenbeständen gelegene große Waldwiese. Hier machen wir kurz Rast. Zwei 1916 gepflanzte Gedächtniseichen, in deren Rinde man je 2 Kreuze eingeschnitten hat, sollen an die im Krieg gefallenen von Wangenheim und von Bülow erinnern, beide mit den Boineburgs verschwägert.
Wenn wir aus dem Wald heraustreten, sehen wir vor uns das Altenroda. Wir wenden uns jedoch halb nach links, dort führte früher ein Weg am Judenfriedhof vorbei zur Trift. Er ist inzwischen in eine Koppel mit eingezäunt worden und kaum mehr begehbar, darum machen wir einen großen Umweg weiter nach links bis zu unserer Kuhweide (siehe oben) und gehen dann in Richtung Trift.
Kurz vor der Gehauser Trift gehen wir jedoch wieder in Richtung Altenroda, schließlich haben wir ja viel Zeit und gehen zwischen Jostheines und Jokkobs Wiese zum Alten Weg und von dort sehen wir auch schon Gehaus zum Greifen nah.


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