Der Dreißigjährige Krieg in der Rhön

Inhalt

 

Tränen des Vaterlands

Nicht der Geschichtsunterricht in der Schule, sondern die nüchternen Zahlen der Kronfeldschen Landeskunde machten mir das wahre Ausmaß und die verheerenden Folgen des Dreißigjährigen Krieges von 1618 bis 1648 für Thüringen und die Rhön bewusst. Das Gedicht eines Zeitgenossen, der dieses Gemetzels erlebte, soll eine Vorstellung der Nachwirkungen auf die Menschen vermitteln.

Andreas Gryphius
Tränen des Vaterlandes

Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret!
Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun
Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Karthaun
Hat aller Schweiß, und Fleiß, und Vorrat aufgezehret.

Die Türme stehn in Glut, die Kirch‘ ist umgekehret.
Das Rathaus liegt im Graus, die Starken sind zerhaun,
Die Jungfern sind geschänd’t, und wo wir hin nur schaun
Ist Feuer, Pest, und Tod, der Herz und Geist durchfähret.

Hier durch die Schanz und Stadt rinnt allzeit frisches Blut.
Dreimal sind schon sechs Jahr, als unser Ströme Flut
Von Leichen fast verstopft, sich langsam fort gedrungen.

Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der Tod,
Was grimmer denn die Pest, und Glut und Hungersnot,
Daß auch der Seelen Schatz so vielen abgezwungen.

Denn es waren unzweifelhaft vor allem die Seelen der Menschen, die strauchelten, die jeden Halt für Jahrzehnte verloren, da ihnen alles genommen wurde, was ein Leben in Würde ermöglichte. Und dieses alles, weil Frömmigkeit zu Halsstarrigkeiten entartete, den anders Bekennenden nicht zuließ. Lässt Glauben denn Zweifel nicht zu? Der Glauben an das, was gewiss ist, ist der Glaube von Narren – dazu bedarf es keines Selbstvertrauens.
Aber da waren ja auch noch die protestantisch gewordenen Fürsten, die sich am Besitz der katholischen Kirche bereichern wollten – manche wurden so vom armen Schlucker zum Krösus – und die nur dafür stritten. Und selbstverständlich wollte die katholische Kirche ihre Klostergüter nicht freiwillig herausgeben und der Glaube war nur das moralische Mäntelchen, mit dem sich jeder bedeckte.
Zu ertragen hatte es vor allem der kleine Mann, der von seinem Fürsten den Glauben vorgeschrieben bekam, ob er ihn annehmen wollte oder nicht – und wenn nicht , verlor er Haus und Hof.
Denjenigen, welche die Situation im Europa vor diesem Krieg besser verstehen möchten, biete ich den Aufsatz von Golo Mann „Europa um 1618“ als PDF-Datei zum Online lesen oder Download an.


Auswirkungen des Krieges in der Vorderröhn

Als Folge des Glaubensstreites zwischen Protestanten und Katholiken bricht 1618 mit allem nur denkbaren Schrecken der 30-jährige Krieg über Land und Menschen herein.
Von 1623 an nehmen in unserer Gegend die Durchzüge, Einquartierungen, Kontributionen, Raub, Mord, Totschlag, Brandschatzung und Zerstörung kein Ende. Die Menschen fliehen mit ihrer letzten Habe in die Wälder, wo sie tage- und wochenlang Hunger, Obdachlosigkeit, Kälte und Entbehrungen ertragen, bevor sie es wagen, nach Abzug des Kriegsvolks, in ihre verwüsteten und ausgeplünderten Dörfer zurückzukehren. Die Felder bleiben unbestellt, ihre Häuser Ruinen, weil niemand weiß, wann der nächste Sturm darüber hinwegfegt.
Nicht genug damit bricht 1626, ein Jahr nach der schlimmen Hungersnot und von den Kriegshaufen eingeschleppt, wie eine verheerende Seuche die Pest aus. Schmutz, Missbrauch im Leichenwesen und Prostitution sind ihre mächtigen Bundesgenossen. Um ihrem Zugriff zu entgehen, verlassen die Menschen Haus und Hof. In dieser Zeit kehren auch die Boineburgs dem Dorf den Rücken, um erst 1637 wieder aus ihrem Refugium nach Gehaus zurückzukehren.
Noch sind die Wunden nicht verheilt, als 1633/34 der Krieg noch einmal mit neuer und furchtbarer Gewalt über die Menschen kommt. Nach der Schlacht bei Mördlingen, den geschlagenen Schweden auf den Fersen, fallen die wegen ihrer Grausamkeit gefürchteten Kroaten der kaiserlichen Generale Isolani und Illo bei uns ein. Sie morden, plündern, vergewaltigen, erschlagen und brennen alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt. Das Kloster Mariengart geht damals in Flammen auf.
Aus der Fischbacher Kirchenchronik erfahren wir über diese Apokalypse: „….sind die Kroaten, ihr Führer Isolani gewesen, in der Nacht vom 15. zum 16. Okt. feindselig eingefallen, die Menschen, Junge und Alte niedergehauen und jämmerlich um ihr Leben gebracht, wie auch Dörfer und Flecken in Brand gestecket und eingeäschert“.
Das Jahr 1634 wird in die Geschichte als Pestjahr eingehen. Von den Kroaten mitgebracht, holt sich der „schwarze Tod“ wahllos in Dörfern und auf Höfen seine Opfer. In Kaltennordheim sterben von 481 Menschen 361 an Pest. In Klings sind es 154, in Fischbach 112. Hier werden von 1636 bis 1640 nur 3 Kinder geboren. Von 54 Häusern bleiben am Ende des Krieges nur 4 übrig.
Ein erschütterndes Zeitdokument liefert uns noch einmal die Fischbacher Kirchenchronik. Dort heißt es,
· „… ist in Klings Wiegands Heinrich Tochter Els gestorben, hat sie der Mann allein auf einer Leiter zu Grabe geschleppt. Ist kein Mensch, jung noch alt, zu Grabe gegangen, denn der phahr und Schulmeister“.
In Hin und Her der kriegerischen Ereignisse lösen sich Kaiserliche und Schweden als Besatzungsmacht ab. Was die einen nicht brandschatzen, rauben, verwüsten und an Leben dezimieren, zerstören und vernichten die anderen. Einer blindwütigen Soldateska ausgeliefert und Rotten räuberischen Gesindels, die den Heereshaufen wie Aasgeier folgen, erlebt unser Gebiet 1640 und danach noch einmal den ganzen Jammer dieses Krieges.
Wieder sind die Menschen auf der Flucht vor den Schrecken des Krieges. Bis ins Jahr 1645 hinein herrschen Hungersnot und Teuerung, mit dem „schwarzen Tod“ als ständigem Begleiter. Die Menschen sind verzweifelt, im Kampf ums Überleben zu Dieben, Straßenräubern und Mördern herabgesunken. Und was Wunder, den Tod ständig vor Augen, zügelloser Begierde und hemmungsloser Genuss- und Trunksucht verfallen.
Was der Krieg an seinem Ende zurücklässt, ist ein ausgeblutetes und entvölkertes Land. Felder und Wiesen sind verödet, das Vieh gestohlen oder verhungert, die Dörfer verfallen, Handwerk, Handel und Gewerbe vernichtet, der Bauer ruiniert. In Lengsfeld überleben ganze 18 Familien in Dermbach zählt man 1659 von ehemals 132 Familien im Jahr 1631 nur noch 22. Ganze Familien sind ausgelöscht.
Was Gehaus in dieser ganzen Zeit mitzumachen hat, können wir nur ahnen. Wie vieles andere sind auch die Kirchenbücher als verlässliche Zeitzeugen im Sturm dieser Jahre untergegangen.
Gleichwohl, es ist nicht anzunehmen, dass es unserem Dorf und seinen Menschen irgendwie besser ergangen wäre als den Menschen rundherum. Vielleicht, dass die Wogen des Krieges schneller darüber hinweggegangen sind, weil es eines Tages darin wirklich nichts mehr zu holen gibt.
Als einziges, aber vielsagendes Schriftzeugnis aus dieser bedrückenden Vergangenheit bewahrt das Pfarrei-Archiv, beginnend mit dem Jahr 1641, das Geburts-, Heirats- und Sterberegister unseres Dorfes auf. Hier seine Eintragungen bis zum Jahr 1650:

Jahr Geburten Hochzeiten Sterbefälle
1641 1 0 1
1642 2 0 1
1643 1 0 0
1644 3 0 0
1645 2 0 0
1646 2 0 0
1647 0 0 0
1648 4 0 1
1649 0 0 0
1650 4 0 2

Es ist offensichtlich, auch Gehaus ist am Ende des 30-jährigen Krieges nahezu entvölkert und teilt mit den vielen anderen Orten das Schicksal eines verwüsteten Dorfes, in dem sich Leben nur noch mühsam behauptet. Dass es in diesem Jahrzehnt die wenigen Geburten aber keine Eheschließungen gibt, beleuchtet einen anderen Aspekt dieser unheilvollen Zeit.

Aus der „Gehauser Ortschronik“ des Paul Gerstung†


Kriegsverluste von Orten der Vorderrhön

Aus der „Landesgeschichte des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach“ von Kronfeld habe ich folgende erschütternden Zahlen zusammengestellt. Entsprechende Zahlen waren nicht für jeden Ort verfügbar.

Amtsgerichtsbezirk Kaltennordheim

  • Andenhausen – Das Dorf gehört zu den wenigen Ortschaften, welche im 30jährigen Kriege nicht gelitten haben. 1631 hatte dasselbe 9 Wohnhäuser und 7 Unterthanen, und 1659 war der Bestand noch derselbe.
  • Brunnhartshausen – 1631 Im genannten Jahre hatte der Ort 62 Wohnhäuser und 66 Unterthanen; 1659 dagegen noch 13 Wohnhäuser und 15 Unterthanen.
  • Diedorf – 1631 zählte dasselbe 87 Wohnhäuser mit 86 Unterthanen; 1659 noch 26 Wohnhäuser mit 25 Unterthanen.
  • Empfertshausen – 1631 hatte dasselbe 54 Wohnhäuser und 51 Unterthanen; 1659 noch 18 Wohnhäuser und 15 Unterthanen.
  • Erbenhausen – 1631 hatte das Dorf 90 Wohnhäuser und 81 Unterthanen; 1659 noch 21 Wohnhäuser und 16 Unterthanen.
  • Fischbach – 1631 zählte der Ort 54 Wohnhäuser und 49 Unterthanen; 1659 noch 20 Wohnhäuser und 14 Unterthanen.
  • Klings – 1631 hatte der Ort 60 Wohnh. und 65 Unterthanen; 1659: 25 Wohnh. und 26 Unterthanen.
  • Neidhartshausen – 1631 hatte das Dorf 59 Wh. u. 60 Unterth.; 1659 32 Wh, u. 30 Unterth.
  • Oberweyd – 1631 wurde auch dies stille Thal vom Kriege heimgesucht. Das Dorf zählte damals 116 Wh. u. 114 Unterth.; 1659 nur noch 57 Wh. u. 54 Unterth.
  • Reichenhausen – Auch hier hat sich der 30jährige Krieg in trauriger Weise bemerklich gemacht. 1631 hatte der Ort 61 Wh. u. 63 Unterth.; 1659 24 Wh. u. 26 Unterth.
  • Unterweyd – 1631 zählte Unterweyd 92 Wh. u. 80 Unterth.; 1659 nur noch 55 Wh. u. 57 Unterth.

Amtsgerichtsbezirk Lengsfeld

  • Dermbach – Der 30jährige Krieg hat auch im eisenacher Lande viel Unheil gestiftet. Dermbach hatte 1631 139 Unterthanen, d. h. Männer, und zählte 143 Wohnhäuser. 1659 waren noch 22 Unterthanen und 33 Wohnhäuser vorhanden.
  • Merkers – Der Ort hatte vor dem 30jährigen Kriege 32 Feuerstätten; nach dem Kriege noch 8
  • Oberalba – 1631 hatte der Ort 34 Wohnhäuser und 30 Unterthanen; 1659 noch 18 Wohnhäuser mit 13 Unterthanen.
  • Urnshausen – Der 30jährige Krieg brachte den Ort ganz herunter. 1631 waren 124 Wohnhäuser und 123 Unterthanen daselbst; 1659 noch 38 Wohnhäuser und 32 Unterthanen.
  • Wiesenthal – Im 30jährigen Kriege hatte Wiesenthal gleiches Schicksal mit Urnshausen und auch die Nachwehen äußerten sich in derselben Weise. 1631 zählte der Ort 158 Wohnhäuser und 171 Unterthanen; 1659 34 Wohnhäuser und 41 Unterthanen.

Amtsgerichtsbezirk Vacha

  • Kieselbach – Vor dem 30jährigen Kriege hatte das Dorf 90, nach dem Kriege noch 29 Wohnhäuser; 1671 wieder 57 und 1781 110 mit 497 Einwohnern.
  • Völkershausen – Dorf und Gericht Völkershausen hatten im 30jährigen Kriege viel zu leiden. In den Kirchenbüchern ist fast stets von Plünderungen, Flucht wegen der Kroaten u. s. w. die Rede. Dazu kamen die Gelderpressungen und Verwüstungen durch die vom Abte Nuhof angeführten fuldischen Bauern. Auch die Pest wüthete hier. Im Jahre 1634 – 1635 starben in einer Zeit von wenigen Monaten im ganzen Gerichte Völkershausen 260 Menschen, allem Anschein nach über ⅓ der ganzen Einwohnerschaft. Das Verzeichniß der damals ganz oder nur theilweise ausgestorbenen Häuser befindet sich im Pfarrarchive. — Infolge dessen war die Einwohnerzahl so zurückgegangen, daß, wie das Kirchenbuch berichtet, vom 23. November 1637 bis 30. Juli 1639, innerhalb 1½ Jahren und 5 Wochen niemand im ganzen Pfarrspiel Völkershausen geboren oder getauft worden ist.

Der 30jährige Krieg und der Ausbruch der Pest im Feldatal

Es war das Jahr 1634, in dem die Kroaten in das Feldatal einfielen und es sengend und brennend durchzogen. Sie kamen am 16. Oktober in Fischbach an und nachdem in diesem Ort alles geplündert, geraubt und verbrannt war, rückten die Horden feldaabwärts und kamen ungefähr am 18. Oktober in Weilar an. Hier flüchteten die verängstigten Bewohner hinter ihre Kirchmauer und auch in der Kirche selbst suchten sie Schutz, um ihr Leben zu retten. Sie steckten den Schlüssel von innen in das Schlüsselloch und schlugen ihn dann ab. Vermutlich sollte verhindert werden, dass die Verfolger dieses Schloss mit einem Dietrich öffnen konnten.
Den Kroaten gelang es aber trotzdem, in die Kirche einzudringen, indem sie das Tor zerschlugen. Sie richteten unter der Bevölkerung ein furchtbares Blutbad an. Das Dorf selbst wurde fast vollkommen zerstört, nur die Kirche, das Pfarrhaus, das große Wirtshaus, ein kleines Häuschen an der Burgstraße sowie das Schloss, das zu dieser Zeit eine Wasserburg der Herren von Boineburg war, blieben stehen.
Nach dieser fast restlosen Zerstörung des Dorfes zogen die Kroatenhorden unter Mitnahme aller vorhandenen Habe in nördlicher Richtung davon. Anzunehmen aber ist, dass vor dem Einfall der Kroaten ein Teil der Einwohner in die umliegenden Wälder geflüchtet ist, in denen sie sich versteckt hielten, bis die Gefahr vorüber war.
Bereits ein Jahr später erfolgte ein erneuter Überfall auf unser Dorf und wieder wurde alles zerstört, was die Einwohner sich in einem Jahr mühevoll hergerichtet hatten. Diejenigen, die im Jahre 1634 rechtzeitig geflohen waren, um der Gefahr zu entrinnen, fielen nun doch den Kroaten zum Opfer.
Es ist bekannt, daß Kriege mit Greueltaten, Plünderungen sowie Verwüstungen von Ortschaften einhergingen. Stets mit den Kriegsfolgen und Hungersnöten trat die Pest, die am schlimmsten gefürchtete Seuche, auch der „schwarze Tod“ genannt, auf. Oft waren ganze Ortschaften dem Boden gleichgemacht, die Felder waren verwüstet und die Folge davon war Hungersnot. Oft wurden die Felder nicht bestellt und waren mit Unkraut überwuchert, weil die Menschen sich aus Angst nicht aus ihren Verstecken in den Wäldern hervortrauten.
Am verheerendsten wütete die Pest im Jahre 1635 im Feldatal. Dieses Jahr geht auch als so genanntes Pestjahr in die Geschichte ein. Sie hatte bereits schon einmal 1626 im Feldatal gewütet, aber jetzt breitete sie sich in unheilvoller Weise über ganz Thüringen und die Rhön aus. Ganze Familien wurden von ihr hinweggerafft. In Kaltennordheim zum Beispiel starben von 481 Menschen 361 an der Pest, in Klings 154, in Empfertshausen 86 und in Fischbach 112. Ein erschütterndes Beispiel liefert uns die Fischbacher Kirchenchronik über einen Fall in Klings, wo ein Mann seine Frau alleine auf einer Leiter zu Grabe getragen hat, nur der Pfarrer und Schulmeister waren anwesend, als sie begraben wurde.
Aus Weilar sind uns leider keine Angaben bekannt. Vermutlich dürfte es hier nicht besser ausgesehen haben, denn 1636 legte der Pfarrer Bartholomäus Rüdiger aus Mangel an Existenz seine Stelle nieder. Bis 1656 verwaltete der Oberpfarrer Tobias Walch aus Stadtlengsfeld die Pfarrstelle in Weilar mit. Ausgestorben waren die Bewohner unseres Dorfes vermutlich nicht, denn im Jahre 1637 kam eine Rotte Reiter und nahm alles Vieh im Ort mit. In der Zwischenzeit waren hier bereits wieder 20 Stück Rindvieh vorhanden. Diese sollten aber vermutlich kein neuer Anfang für die Dorfbewohner sein.
Wie in der letzten Ausgabe des Baier Boten erwähnt, ging der Pest von 1635 bereits schon einmal eine im Jahre 1626 voraus. Der Sommer des Jahres 1626 war heiß und trocken und das Korn auf den Feldern wurde nur notreif. Das Jahr zuvor brachte bereits schon einmal eine Missernte, so dass als Folge dieser Notlage und auch des Krieges die Pest im Feldatal Fuß fassen konnte. Uns ist bekannt, daß sie bereits im April 1626 im Amt Geisa ihre ersten Opfer forderte, aber vermutlich wurde sie hier in ihrer Gefährlichkeit noch nicht erkannt. Einen Monat später durchzogen 1.500 Fußsoldaten, die im Schmalkaldischen angeworben wurden, auf ihrem Marsch nach Frankfurt zur Musterung und Vereidigung das Amt Rockstuhl. Der dortige Amtmann befahl den Bewohnern der umliegenden Dörfer, Schutz in Geisa vor den noch nicht vereidigten Soldaten zu suchen. Die Soldaten erfuhren aber davon und für sie war es eine willkommene Gelegenheit, hier Beute zu machen. Ausgehungert kehrten die Menschen in ihre Dörfer zurück und viele trugen vermutlich zu dieser Zeit bereits den Keim der Pest in ihrem Körper, denn das Zusammengepferchtsein dieser Menschen auf engem Raum hatte dieser Seuche einen guten Nährboden gegeben. Kraftlos geworden, konnten die Menschen dieser verheerenden Seuche keinen Widerstand mehr leisten. Die Befallenen bekamen hohes Fieber und die Hitze in Kopf und Brust wurde immer stärker. Einige versuchten, Kühlung an der Luft oder im Wasser zu finden. Andere wiederum ließen sich zur Ader oder ließen sich vor Verzweiflung durch Barbiere die Schädel aufhauen. Die sich auf der Haut bildenden Geschwüre versuchte man, mit Auflegen von Fröschen zu vertreiben, was aber auch erfolglos blieb. Manche aßen sogar in ihrer letzten Verzweiflung ihren eigenen Kot und erwarteten dadurch Hilfe, aber auch das blieb erfolglos. Das beste Hilfsmittel wäre eine ausreichende Nahrung gewesen, um die natürlichen Kräfte des Körpers zu stärken, aber das war durch die Folgen der Kriegsjahre nicht möglich. Von Schleid und Kranlukken ist uns bekannt, daß während dieser Zeit 430 Personen, das war etwa ein Drittel der Bevölkerung, an der Pest starben.
Von 1640 bis 1645 herrschte in unserer Gegend eine große Hungersnot. Das Brot musste von Schweinfurt und Würzburg geholt werden. Wegen der Armut der Gemeinden wurden die Pfarreien zusammengelegt und die Lehrer flüchteten in die Städte, um nicht Hungers sterben zu müssen. Die Menschen waren verzweifelt und verroht und zu Straßenräubern geworden, und bei all dem Elend herrschten Trunk- und Genusssucht.
1648 neigte sich der Krieg seinem Ende zu, nachdem er zahlreiche Opfer gefordert hatte.

aus dem Baierboten


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