C. Kronfeld über das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach

Ich habe diese Ausschnitte aus der Thüringischen Landeskunde von C. Kronfeld kopiert, auch weil ich die Ausdrucksweise exotisch finde. Es ist wie alte Musik auf alten Instrumenten gespielt – es klingt nicht unbedingt gut, aber doch fremdartig. Ihre Beibehaltung hilft dem Verständnis zwar nicht allzu viel, doch vielleicht können wir uns so in die Denkweise der Altvorderen etwas besser einfühlen.
Auf den ersten Blick scheint die bürokratische Bestandsaufnahme des Zustandes eines nicht mehr existierenden Staatswesens wenig herzugeben. Doch schon alleine die Beschreibung der Lebenssituation in ferner Vergangenheit durch Augenzeugen machen viel des Reizes dieses Buches aus.
Unsere Vorstellungen von Demokratie mit jener Verfassung des Großherzogtums zu vergleichen, in der der Landesfürst das letzte Wort hatte, hilft uns den Wert heutiger politischer Zustände würdigen. Mag unsere Demokratie so schwerfällig sein, dass man kaum eine Vorwärtsbewegung sieht – sie ermöglicht jedem Interessierten sich einzubringen. Ein Segen für Betroffene, ein Fluch aber oft auch für den Fortgang manch wichtiger Entscheidungen. Man wünschte sich oft einen Souverän, der langes Hickhack über Für und Wider durch eine weise, unabhängige Entscheidung abkürzte. Nur, wie würde man ihn wieder los, so er sich als egomanischer Tyrann oder labiler Wetterhahn heraus stellte? Und sind nicht die kleinen Schritte oft die erfolgreicheren?
Man kann viel zum alten Thüringen lesen, warum z.B. die Geiser Ecke katholisch ist, warum die Vachaer Sprache fast schon hessisch klingt etc. – aber das möge der interessierte Leser selbst herausfinden.
Die Auswahl geschah in Anlehnung an den heutigen Wartburgkreis. Ich habe den allgemeinen Teil und die Verwaltungsbezirke III und IV mit ABBYY FineReader 7.0 Scripting Edition gescannt.
Ich hoffe, damit einigen wenigen Interessierten den Zugang zu diesem Buch erleichtert zu haben.

Kronfeld hatte 1861 bereits eine „Heimathskunde von Thüringen und dessen nächster Umgebung“ geschrieben, daraus habe ich den Dreizehnten Abschnitt: „Das Rhöngebirge und die Thäler der Ulster und Felda“ ebenfalls aus Frakturschrift in eine durchsuchbare PDF-Datei umgewandel. Über Gehaus steht da unter anderem, was mir jedoch neu war: „Bemerkenswerth dürfte noch sein, daß hier auch eine Zigeunerfamilie seit Langem schon ihre Niederlassung hat. Der großen Braunkohlenlager bei Gehaus ist schon gedacht worden.“ Vielleicht findet der eine oder andere ja auch bisher nicht Gewusstes über die Rhön. Interessant sind solche zeitnahen Berichte über die Lebensweise früher vor über einhundertfünfzig Jahren für mich immer. Ich habe noch ein Büchlein in Frakturschrift von Wilhelm Heinrich Riehl über das „Land der armen Leute“, in der er viel über die Kultur- und Denkweise in der Zeit, über die auch Kronfeld schrieb, berichtet. Sein Augenmerk liegt dabei nicht auf historischen Begebenheiten, sonder auf der Lebensweise der „einfachen Menschen“. Bei Gelegenheit wandle ich es auch um, sofern Interesse besteht.

Man sollte die Schilderung lesen, wie der Dreißigjährige Krieg z.B. in Creuzburg wütete, um eine Vorstellung von der menschlicher Verzweiflung über die Sinnlosigkeit von Hoffnungen im Krieg zu erhalten, wenn zum Beispiel mühsam neu errichtete Häuser rücksichtslos für Schanzzwecke abgerissen werden. Überhaupt findet man viele Zahlenangaben zu den Verlusten der meisten Ortschaften durch diesen Krieg.
Eisenach war vor der Einteilung der DDR in Bezirke für mich als Vorderrhöner DIE STADT. Sie war bis 1952 noch unsere Kreisstadt, hierher zu fahren war immer eine ganz außergewöhnliche Sache für mich als Kind. Die hessische und die bairische Rhön waren für mich so wenig existent, wie z.B. das Zwergenreich König Laurins aus den deutschen Heldensagen – sie existierten nur in den Erzählungen der Elterngeneration. So hat die Wartburg einen ehrwürdigen Wert für mich, der mich noch immer nicht loslässt. Auf meiner letzten Radtour in die Rhön war es wie »Zu Hause Ankommen«, als ich die Wartburg von den Haart Bergen aus erblickte: nun bin ich in Thüringen, obwohl ich schon bei Allstedt das ehemalige Großherzogtum erreicht hatte.
Wer es gerne aufregend und sensationell liebt, der wird bei der Beschreibung der großen Explosion von drei Wagen des Munitionstransportes mitten durch Eisenach in Jahre 1810 auf seine Kosten kommen.
Ruhla, das Zentrum für Billiguhren in der DDR, war 1879 berühmt für die Produktion von Messern und Tabakspfeifen. Schon in der Sage wird von Ruhlaer Schmieden erzählt. Ruhla war geteilt in einen Teil, der zu Sachsen-Gotha und einen, der zu Sachsen-Weimar-Eisenach gehörte.
Nach Seebach wurde ich als Kind zu einem damals in der Umgebung bekannten Hömoopathen gebracht, die Reise dorthin aus Thal, wo mein Onkel wohnte, ging damals nur zu Fuß. Seebach scheint eine alte Tradition mit Doktoren der außergewöhnlichen Art zu besitzen. Zu DDR-Zeiten wurde in Seebach ein Betrieb des VEB Kombinat Mikroelektronik, in dem auch ich in Stahnsdorf arbeitete, aufgebaut.
Frauensee, heute nur durch seine schöne Lage und Umgebung bekannt, war Sitz eines bedeutenden Nonnenklosters mit weit verbreiteten Besitzungen.
Gerstungen und Lauchröden, am Werraradweg gelegen, habe ich zweimal mit dem Fahrrad durchquert. Sie haben mit Gehaus durch Boineburgs, nämlich Caspar von Boineburg – Amtmann zur Wartburg, Verbindung. Caspar erhält das Schloss Gerstungen 1505 von Kurfürst Friedrich. In Lauchröden kaufte die Familie von Wangenheim 1703 einen Teil der reckerotd’schen Güter. Die Ruine der Brandenburg bietet über eine lange Fahrstrecke ein beeindruckendes Bild, wenn man sich mit dem Fahrrad, egal aus welcher Richtung, Lauchröden nähert.
Geisa war Grenzgebiet – ich kenne es nur aus meiner Grundschulzeit, als es noch frei zugänglich war. Mit einem Rinderfuhrwerk brauchten wir einen ganzen Tag, um aus der dortigen BHG, ich glaube, Baumaterial zu holen. Es hatte damals wohl noch einen funktionierenden Bahnhof. Ein tolles Abenteuer immerhin für mich als Kind und eine schöne Erinnerung an eine auf einem Hügel sich präsentierende Stadt mit beeindruckender Kirche. Wenn ich jetzt Kronfels lese, dann begreife ich schließlich, welche Bedeutung diese Stadt einmal besaß.
Für die Beschreibung der Orte in den Ämtern Kaltennordheim, Lengsfeld und Vacha und ihre Geschichte muss ich bei Gehausern sicher keine Werbung machen, jeder war bestimmt schon einmal in diesen Orten und einige von ihnen werden auch mehr über diese Orte erfahren wollen. Tiefenort will ich trotzdem noch extra herausstellen: es ist der Geburtsort von Johann Melchior Molter, von dem nun wenige wissen werden, wer das sein soll. Nun, er ist einer der ganz Großen in der Musik – ich denke vergleichbar mit Georg Philipp Telemann. Musikbeispiele von ihm sind auf meiner meiner Website zu hören: Berühmte Rhöner.
Der Amtsgerichtsbezirk Ostheim, für Vorderrhöner eine exotische Vorstellung, dass deren Bewohner einmal Mitbürger des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach gewesen sein sollen, soll nicht unerwähnt bleiben. Die Gräuel, die Ostheim während des Dreißigjährigen Krieges durch die Kroaten erlebte, sind lesenswert. Wer die Beschreibung Sondheims liest, vergisst leicht, wie arm die Rhön in alten Zeiten war. Hier wird von einem Ort berichtet, dessen Zuzug beschränkt werden musste – man wird förmlich an den Wohlstand der Emirate am Persischen Golf erinnert.


Die Landeskunde für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach von C. Kronfeld aus dem Jahre 1879Die Landeskunde für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach von C. Kronfeld aus dem Jahre 1879


Die Heimathskunde von Thüringen und dessen nächster UmgebungDie Heimathskunde von Thüringen und dessen nächster Umgebung, Abschnitt „Das Rhöngebirge und die Thäler der Ulster und Fulda“ von 1861


Bücher und DVD über Geschichte, Landschaft und Kultur der Rhön und Thüringens
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