Das Schloß Gerthausen
Zwischen dem bewaldeten Oh- und kahlen Clasberg (Heft l. S. 56), südlich vor dem durch Altmark-, Leichel- und Disberg umkränzten Wüstungsgebiet Heide, Wombach und Pfaffenhausen (s. I. S. 18.) liegt das Dorf Gerthausen, inmitten der halbstündigen Strecke von Schafhausen nach Wohlmuthausen. Am anmutigen „Lämmerbergshügel“, zwischen letzterm Orte und Gerthausen schleicht westlich die träge Wombach zur muntern Herpf. Binder schreibt: „Im Jahre 874 übergab eine fromme Kunihilt zu ihrem und ihrer Eltern Seelenheil ihren Besitz in 6 Ortschaften, unter denen auch Geratteshus genannt ist, dem Kloster Fulda; und 901 schenkte ihr Gemahl Adalhun 9 Familien in Geratteshuson und sonstiges Eigentum.[1] Der adlige Vogteihof (das Geschenk des genannten Ehepaares?) fuldaisches Lehn, gehörte in die fränkische Ritterschaft. Die Reichsfreiheit wurde noch im vorigen Jahrhundert zwar behauptet, vom Amte aber energisch bestritten.“ Der Ort gehörte dereinst den Herren „von Vasold (Fasolt) im Tullifeld“ und war Gräflich Hennebergisches Pfandlehen.
Eine Urkunde v. 11. April 1361 redet von diesem Rittergeschlecht: Ich Berthold und Gotschalk Vasolde, gebrudere, Agnese und Elsebethe, unser beidir eliche Wirtin und alle unser erben vortzihen (verzichten) an diseme briefe der vogitey die wir gehabt haben von der Eidilin frauwen Elsebethen, Grafin zu Henneberg, und irer Kinder zu leben zu Pfaffenhuss an guten (Gütern), die dise nachgesehrieben lute (Leute) ynne haben, Cunrad Frullin, Hartung Ostheym, Beheym Kyl, Beyndir Kelermann und Heintze von Gertehuss, alzo daz wir nach (weder wir, noch) unser erben zu derselben vogitey etc. dekeine redde, ansprach (Anspruch) adir (oder) recht nimermer ewelichen gehabe wollen nach (noch) ensollen und haben des zu eime urkunde und sicherheit unser jnsigel an diesen brief gehangen etc. etc.
Nach Binders Angabe erscheint der „adlige Vogteihof“ zu Gerthausen zuerst in von Speßhartschem Besitze; von Georg von Speßhart (1536) kam die Vogtei an die Familie von Reckrod und blieb bei derselben bis 1650. Nachdem hatten auch die von Buttlar Teil daran. 1719 verkaufte ihn Frau Maria Kordula Lukrezia von Boyneburg geb. von Buttlar an Johann Konrad von Weber, Sohn des 1676 verst. Pfarrers Weber in Wohlmuthausen. – Schultes meldet (1804): „Die Herren von Weber besitzen hier ein Ritterguth, womit sie von Stift Fulda zu fünf Neuntel als Erb- und zu vier Neuntel als Söhn- und Töchterlehn beliehen sind. Es gehören dazu 74 Acker Land, 17 Acker Wiesen mit Fischwasser und die Vogtei über das ganze Dorf, Cent- und Episkopalgerechtsame sind dem Fürstl. Hause Eisenach. In der Flur hat die Herrschaft die hohe Jagd allein, die Niederjagd mit den Rittergutsbesitzern gemeinschaftlich. Im Orte befinden sich 3 Mahlmühlen und ein Wirthshaus, welches der Gemeinde gehört; letztere besitzt auch 200 Stück Schafhaltung. – Die Abgaben an die Landesherrschaft betragen fünf Gulden 5 gr. 3½ Pf. 11 Mltr. 2 .Mz. Korn und 13 Mlt. 6 Maas Hafer. Auch einige fremde Lehnherrn haben 26 Gld. 13 gr. 1 Pf. an Geld, 25 Mlt. 2 Ms. Korn, 1 Mlt. 7 Maas 2½ Mtz. Weizen und 40 Mlt. 3 Ms. 2½ Mtz. Hafer zu erheben. Die Flurmarkung besteht in 708 Ackr. Land, 140 Ackr. Wiesen und 122 Ack. Waldung.“ Binder bemerkt noch: „1643 hatte Gerthausen 13 Nachbarn und 3 Witwen, 1673= 34 Nachb., 1700= 40 Nchb., 1800= 230, jetzt 292 Einwohner. Von Fronen und Abgaben an das Amt war der Ort frei, dagegen hatte er vieles Getreide und andere Zinsen an die Vogtei und an die von Speßhart in Aschenhansen zu entrichten. Außerdem gab es noch einen fuldischen, einen Kloster Zellischen, einen Tännischen (nach Schafhaufen[2]) und einen Weimarschmieder Zins“ – Das ehemalige Rittergut Gerthausen wurde 1843 von dem preußischen Oberst von Weber an die Gemeinde verkauft, welche es vereinzelte. Gebäude und Hof, das sogenannte von Webersche Schloß, unten an den Dorfwiesen schön gelegen (und von dem Räder- und Wasserspiele der nahen Mühlen so wenig wie von der dazwischen hinlaufenden alten Fahrstraße beunruhigt), ist wahrscheinlich im vorigen Jahrhundert gut ausgebessert worden. Leider traf schon im ersten Jahre, als die Gemeinde Besitzerin desselben geworden war, am 4. April 1844, ein großer Brand das Dorf Gerthausen. Der größte Teil des Orts mit Kirche und Schule fielen rasch in Asche, nur einige Häuser am Bache und die Vogteigebäude blieben verschont; seitdem ist das „Schloß“ ganz genügend zum Schulhause eingerichtet worden. Eine recht würdige Verwendung! Indessen hat die Gemeinde so viel Unterstützung gefunden, daß auf der kleinen Hochebene des Dorfs sich auch wieder eine Kirche erheben konnte.
aus
C. E. Bach
„Im Tullifeld“
Eine historisch-landschaftliche Umschau in engerer Heimat
– der Vorderrhön –
[1] In einer Urk. v. 1361 heißt der Ort „Gertehuss“, in einer andern von 1364 aber Gertrudeshusen.
[2] Von den Berechtigungen der Herren von Tann in Schafhausen werden wir wohl später aus der „Dorfordnung“ dieses Ortes Ausführliches bringen.
Bücher und DVD über Geschichte, Landschaft und Kultur der Rhön und Thüringens
– nach Themen sortiert –
Meine Vorfahren stammen aus Gerthausen, undich habe heute zum ersten Mal etwas über die Geschichte des Dorfes gelesen. Gibt es auch Quellen, die etwas über die Familien des Ortes aussagen? Ich bin dabei, eine Familiengeschichte zu schreiben, und zusätzliche Informationen wären sehr hilfreich.
Die einzige mir bekannte Quelle, um einen Familienstammbaum einer Familie aus dem Wartburgkreis bzw. Thüringen zusammenzustellen, ist das Landeskirchenarchiv in Eisenach. Dort finden Sie die noch verfügbaren Kirchenbücher als Fotokopien archiviert und Sie können diese vor Ort einsehen oder auch eine kostenpflichtige Kopie bestimmter, Sie interessierender Seiten anfertigen lassen. In den Kirchenbüchern sind im Allgemeinen Geburts- und Taufdaten sowie Hochzeiten und Todesfälle namentlich erfaßt. Die Kirche war früher die einzige Institution, die solche Daten erfaßte, bei anderen Ämtern werden Sie also kaum fündig werden, wenn es um Personen-Daten des einfachen Volkes aus dem 19. Jh. und früher geht.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein wenig weiterhelfen.
Freundliche Grüße aus Potsdam in die Rhön
Helmut Hehl