Gleich heut, gemein Schuft und exzessive Uneigennützigkeit
Gleichheit ist Ausdruck einer selbstverständlichen Demut. Wenn wir in einem Stau stehen, wo keiner mehr weiterkommt, erleben wir zuweilen unerwartete und beglückende Dinge. Da werden Decken ausgeliehen, Getränke geteilt, Erfahrungen ausgetauscht, entnervte Kinder von anderen getröstet. Warum? Weil wir schlagartig kapieren, dass wir alle gleich sind, dass es keine Rolle spielt, ob ich mit einem Porsche oder dem kleinsten Fiat im Stau stehe.
Gemeinschaft ist jedoch auch von großer Bedeutung für unser Zeiterleben. »Erst im Miteinander«, sagt der Hirnforscher Ernst Pöppel, »stellt der Mensch Gegenwart her, im Gespräch, beim gemeinsamen Feiern. Das gerät bei unserer auf Effizienz gepolten Zeit leicht aus dem Blick.« Gemeinschaft macht Lust aufs Geben, sogar aufs Verzichten, wenn Selbstlosigkeit als Glück empfunden wird; wen sie quält, der macht etwas falsch. Die Hausfrau, die, wenn ihr nach dem Essen die Tischgesellschaft dankt, seufzt, das sei schließlich ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit, fühlt sich als Opfer. Und die Opferrolle ist keine, die beglückt. »Die hauptsächlichste Gefahr der Ehe«, hat der eleganteste aller Zyniker, Oscar Wilde, gesagt, »liegt darin, dass man selbstlos wird. Selbstlose Leute sind farblos.«
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Und ein nachgeborener Geistesverwandter, der Schriftsteller Walter Serner, erklärte:
»Exzessive Uneigennützigkeit wirkt demoralisierend.« Vielleicht hatte er die Geschichte von Herrn Bermann vor Augen, der beim Begräbnis seiner Frau heftig weint. Aber Herr Knipis, seit Jahren Untermieter der Bermanns, weint noch heftiger. Schließlich hält der Witwer das Wehklagen von Knipis nicht mehr aus. Er legt den Arm um die Schultern des Schluchzenden. »Knipis, nehmen Sie’s doch nicht so schwer. Ich werde bestimmt wieder heiraten.«
aus Dr. med. Wilhelm Schmid-Bode
„Maß und Zeit –
Entdecken Sie die neue Kraft der klösterlichen Werte und Rituale“
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siehe auch meinen Blogbeitrag: Über Eitelkeit, Altruismus und Nächstenliebe.
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Das Leben ist kurz, und wir finden nie genug Zeit, unsere Weggenossen zu schikanieren. [Walter Serner]
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