Die Schlösser zu Helmershausen

Im Herpfgrund, da wo die lichte Niederung zwischen Disburg, Geba, Hutsberg und dem Brenner– oder Bauerwald (,,Himmerlich«) sich ausbreitet, sieht man den bedeutenden, alterswürdigen Marktflecken Helmershausen in freundlicher, klimatiseh-landwirtschaftlich günstiger Lage. Land und Leute der Gegend verraten noch etwas „Frankenländisches“ in ihrem Wesen. Der Verkehr zwischen den hier angrenzenden alten Aemtern Sand, Maßfeld, Lichtenberg, Tann und Kaltennordheim an und für sich, wie aber auch der Durchzug von Handels- und Wandersleuten auf der kürzesten Linie Meiningen-Fulda machte schon vor Jahrhunderten seinen Einfluß für Helmershausen geltend.

Kein Wunder daher, daß Grafen und ritterschaftliche Edelleute, weltliche und geistliche Oberherren sich gern da aufhielten; und der Helm flatterte, Lanze und Schwert blitzten, wenn im offenen Visier Ritter und Knappen in die wald- und wildreichen Jagdreviere zogen oder irgend eine ehrenhafte Rüstfahrt vorhatten. Aber auch andere Mannen, die sich keiner Ahnenprobe, keines Ritterschlags, keines Grund- und Privilegien-Besitzes rühmen konnten, übten in der Umgebung von Helmershausen Gewalt und freies Leben! (s. Heft II. S. 50 u. 81.) Helmershausen hieß nach einer Urkunde von 857 n. Chr. Helmricheshusun, welchen Namen man (wie Schultes bemerkt) aus der Erzählung hat herleiten wollen, daß Helmrich, der Sohn eines fränkischen Herzogs auf der nahen Hutsburg die Befehlshaberstelle bekleidet habe, wonach freilich dieses hennebergische Schloß schon früher, als oben angegeben, vorhanden gewesen sei.[1] In Binders „Amt Lichtenberg“ ist berichtet: „Zur Zeit des Abts Hatto von Fulda (842—-856) übergaben Altbraht und seine Mutter Waltdrud ihr Eigentum in Helmricheshusen im Grabfeld dem Kloster Fulda, und 912 schenkte König Konrad I. „tres hubas regales“ (d. h. den Teil der Flur, dessen Ertrag dem Reiche gehörte) zu Helmershausen dem Kloster.“ Schultes sagt auch in seiner historisch-statistisch-topographischen Beschreibung des Lichtenbergischen Hintergerichts: „Mit Zuverlässigkeit kann man annehmen, daß Stift Fulda durch Schenkung hier beträchtliche Güter erhalten, besonders König Konrad im J. 912 demselben drei königliche Huben (Hufen Landes) zu Helmershausen übergeben habe. Neben dem Stifte waren auch die Grafen von Henneberg hier begütert, indem Graf Poppo VI. zwei Talente[2] von seinen hiesigen Einkünften im Jahre 1181 dem Abt Rüger zu Fulda gegen andere Güter vertauschte. 1232 versuchte Abt Konrad von Fulda vergeblich, das Dorf Helmershausen mit allen Gerichten und Zugehörungen von Graf Poppo VII. tauschweise an sich zu bringen. 1317 überließ Graf Berthold VII. von Henneberg-Schleusingen das Gericht Helmershausen dem Abt Heinrich für dessen Gericht zu Roßdorf. 1323 wirkte derselbe Abt von König Ludwig IV. die Erlaubnis aus, das Dorf Helmershausen in eine Stadt zu verwandeln, mit Mauern und Gräben zu befestigen und die Einwohner mit Rechten zu privilegieren wie die Bürger zu Frankfurth genossen“ (s. Heft I. S. 62.) Spuren von alten Befestigungen sind nirgends zu entdecken; der Plan des kriegerischen Abtes hat keine Verwirklichung gefunden. – Daß Helmershausen in der Zwischenzeit von 1323 bis 1330 nicht im Besitz der Grafen von Frankenstein gewesen sein könne, hat Binder nachzuweisen gesucht; Schultes dagegen schreibt: „Nur soviel weiß man, daß die Dynasten von Frankenstein diesen Ort mit ihrer übrigen Herrschaft im Jahre 1330 dem Grafen Berthold von Henneberg verkauften, und dieß berechtigt zu der Vermuthung, daß ihn Fulda in der Zwischenzeit an die Frankensteiner abgetreten haben mag.“

Was die Rittergüter und Freisitze mit ihren Schlössern anlangt, können wir aus Schultes und Binder Folgendes zusammenstellen: 1., Das „gelbe Schloß“. So wurde das Herrenhaus genannt, welches zu dem dem Hause Sachsen Eisenach lehnbaren Rittergut gehörte, das aus den „3 Höfen“ stammte, die „denen von Zweiffel“ zuständig gewesen waren. Dies Herrengeschlecht scheint im 16. Jahrh. vom Rhein her eingewandert zu sein, wohin es sich zum Teil später wieder wendete. Drei Brüder: Hans Balthasar, Alexander Veit und Wolf von Zweiffel wurden 1599 damit belehnt. Ihr Vater Georg (Jürn) hatte einen Hof, 2 Viertel eines Hofs bei der Linde, ein Erbe und Hüttenstatt im Kirchhof von Christoph von Ostheim gekauft. (Alexander Veit, Schwiegersohn des hennebergischen Oberaufsehers Veit von Heldritt, hat im 30jährigen Kriege durch sein Ansehen manches Unglück von Helmershausen abgewandt.) – 1660 kaufte die „heimgefallenen“ Zweiffel’schen Güter der Rittmeister Hans Georg Dietz, und 1696 gingen sie für 5000 Gulden an die von Spessart über. 1743 gehörte das Besitztum dem großbrittanisch-kurhannoverschen Obristleutnant Christoph Freiherr von Speßhart. 1766 wurde das Rittergut an mehrere Gemeindenachbarn um 13000 Gld. verkauft und vererbt. Es bestand aus 106 Ackr. Feld, 23 Ackr. Wiesen, 1 Schäferei von 150 Stück und der Niederkoppeljagd. Das Gebäude „gelbes Schloß“ wurde später an einen von Burk verkauft; 1818 starb darin der Schloßhauptmann Julius von Wildungen. 2., Das „schwarze Schloß“. (s. Heft I. S. 62.) Dies Herrenhaus ward 1575 durch Felix von Erffa erbauet. Vorbesitzer dieses Ritterguts, das aus dem sogenannten „Großen-Gut“ und dem „Hennen- oder Bauerngut“ entstand, war die Familie Gross (Gräs, Grass).[3] Nach 1673 war das „schwarze Schloßgut“ erblich an G. Chr. von Bose übergegangen, der es an G. Levin von Heldritt verkaufte, und von diesem erbte es sein Schwiegersohn Wolfgang Albrecht Auerochs, dessen Sohn Georg Friedrich 1700 an Stelle des schwarzen Schlosses das jetzige Herrschaftshaus errichtete. Durch Beate Marie von Auerochs kam 1711 das Gut an ihren Gemahl Konrad von Wechmar. (n. Binder).

Nach Schultes: „Das sogenannte Schwarze Schloß war der Familie von Auerochs zuständig; nach ihrem Ausgange kam es an die Herrn von Wegmar zu Rosdorf, die damit von S. Eisenach auf Söhn’ und Töchter beliehen wurden. Es gehören dazu 125 Ackr. Land, 34 Ackr. Wiesen und Gärten, 800 Stück Schafhaltung und die Niederkoppeljagd. Das Rittergut ist „landsäßig“, und es muß die Rittersteuern nach Eisenach entrichten (lt. Amtsbeschr. von 1648).“ 3., Das „rothe Schloß“ ist den Herrn von Wildungen als Eigenthum zuständig und bestehet nur aus einem Hause und Garten.[4] 4., Das „Schloß Kohlhausen“, wovon nach Schultes (1804) noch Rudera vorhanden waren, lag außerhalb des Orts, und Christoph von Kohlhausen trug dasselbe seit 1536 mit einigen Gütern vom Hause Henneberg-Römhild zu Lehn. 1743 kauften es zwar die Herren von Wegmar, aber die Gemeinde Helmershausen prätendierte das Vorkaufsrecht, worüber es beim Reichshofrath zum Prozeß kam. 1765 kam’s zum Vergleich: die Feldgüter wurden unter die Einwohner verteilt, – die Erbzinsen und ein Sechstel der Niederjagd der Herrschaft belassen. 5., Das Jägerguth; es war ein S.-Eisenacher Erblehn, hatte 20. Ackr. Land, 4 Ackr. Wiesen und Niederkoppeljagd, und war s ehedessen ein Besoldungsstück des Forstmeisters zu Helmershausen.  1690 ist die Jagd an Sachs. Meiningen abgetreten, die  Jägermeisterstelle eingezogen, und der Hof an einen Ortseinwohner vererbt worden. 6., Der hennebergische Freihof liegt in der Mitte des Marktfleckens auf einem Steinfelsen, den Spangenberg in seiner Chronik den Poppenstein nennt. Er machte ein Pertinenzstückt (Zugehör) des Schlosses Huthsberg aus, ist dem Hause Meiningen steuer- und zinsbar. Dieser Hof besteht aus 80 Ackr. Land  und 13 Ackr. Wiesen . . .“ Diese Nachrichten des Historikers Schultes mögen noch betreffs des a. „Adelguths Kohlhausen“ und des b. „Henneberger Hoffs“ durch einige Notizen aus den vielseitigen gründlichen Forschungen Binder’s ergänzt sein. a. 1372 wurde Apel von Kohlhausen mit diesem Gut belohnt; 1421 wird Martin v. K. genannt; 1566 starb mit Christoph v. K. das Geschlecht aus. Der nächste Besitzer. war Veit von Heldritt, später Amtmann auf Lichtenberg. Er starb 5. März 1607.[5] Lehnsnachfolger wurden seine Schwiegersöhne L. B. von Wangenheim und A. V. von Zweiffel. 1630 wurde Jakob Schott, 1673 Kurt Auerochs Besitzer, dann dessen Schwiegersohn Levin von Heldritt, und bis 1721 Leutnant Levin Dietz, dann besaß Gerichtsverw. Stang den Hof; des Letzteren Witwe verkaufte ihn 1740 an Herrn v. Wechmar. Das Herrenhaus wird stets als Kemenate bezeichnet.“ – b. Der Henneberger Hof gehörte ins Amt Maßfeld, war ursprünglich wohl der Sitz des Centgrafen des Gerichts Helmershausen. 1394 wurden Berlt und Gottschalk von Werters, 1434 Heinz Becke und 1440 Konrad Trabet damit belehnt. 1514 verkauft Heintz Trabet zu Kaltennordheim einigen Zins auf seinem Erbe zu Helmershausen. Zu Ende des Jahrhunderts besitzt Georg Molter den Hof, und 1650 kauft ihn Martin Wagner für 1000 Gulden; 1725 war Joh. Georg Wagner (Dr. medic.) und 1754 Johs Sauer Besitzer.“

Die Chronik über Helmershausen hat sicherlich durch das höchst intressante Schriftwerk Binders: „Das ehemalige Lichtenberg“, Jena b. G. Fischer, 1893, eine vorzügliche frische Quelle empfangen!


aus
C. E. Bach
„Im Tullifeld“
Eine historisch-landschaftliche Umschau in engerer Heimat
– der Vorderrhön –


 

[1] Spangenberg meint: „Das Dörflein Helmers bei der Ruine Frankenberg (am Rosagrund) leite seinen Namen auch so ab.“ Uebrigens giebt es ein Helmarshausen im Bezirk Hessen-Kassel und ein Hilmarshausen noch anderswo.

[2] 1 Talent, als altgriechische Geldsumme, war nach unserm Geldwert ungefähr 1200 Thlr.

[3] 1385 kommen Stephan und Ortolf Gräs, Gebrüder, urkundlich vor, wo sie bekennen, daß sie ihre Güter nnd Zinsen von ihrem Vater Lücze Gräs ererbt hätten und dem Grafen Heinrich von Henneberg zu Lehn trügen. Die erstgenannten beiden „Gräß“ waren auch Burgmänner auf Henneberg.

[4] Das „rote Schloß“ war (n. Bänder) das Herrenhaus des früher sogenannten „Voitenguths“, welches Georg Sigmunden von Erffa – Landrath in Coburg – zustand. Seinen Namen hat es von der Familie Voit von Rineck. Die Gemahlin des Gottfr. V. c. R. war eine geb. v. Heldritt, deren Tochter heiratete 1607 den Hans Werner v. Reckrodt, von dem kam es an die von Heßberg nnd dann an von Erffa. Von diesem gings an Obrist von Puttlar nnd käuflich an G. H. Levin v. Heldritt, dessen ältere Tochter einen von Wildungen heiratete.

[5] Der Sage nach ist er ein ,,Rabenvater« gewesen, der seine 3. Tochter Christine Magdalene, die unehelich Mutter geworden war, lebendig in den Keller habe einmauern lassen, die aber auf wunderbare Weise durch eine Taube vom Hungertode gerettet worden sei.


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Ein Kommentar

  • Ein Freund, der für eine Schlosserei arbeitet, freut sich immer sehr, wenn er die Gelegenheit erhält auf solch alten Schlössern zu arbeiten. Das ist auch nicht allzu häufig, da die nur selten bewohnt sind. Dadurch geht seltener etwas kaputt.

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