Die Burg Henneberg
Das „Grabfeld“, von dem im IV. Abschn. der Einleitung unserer Umschau berichtet ist, schloß auch den sogenannten Hennegau ein, vergl. Heft I S. 9; zum Tullifeld ist der liebliche Landstrich aber nicht gerechnet. Deß ungeachtet bleibe es der Mühe wert, daß mich jetzt der Leser einmal über die südöstliche Mark des Tullifelds hinaus begleite; eingangs der Partie Hutsberg kündigte ich dieses Vorhaben schon an. Das Panorama von der ,,Hoitine-marca« ist nur erst oberflächlich uns geöffnet worden, indem es ja in seiner Einfassung zwischen der Altmark, Disburg und Geba, dem Dreißigacker-, Neu- und Stellberg noch gar manchen herrlichen landschaftlichen wie historischen Einblick bieten kann.
Vom Hutsberg südlich ab, am sogenannten „Kanapee“ vorüber; nach Stedtlingen, Hermannsfeld und durch die herzogliche Fasanerie ist’s eine kaum dritthalbstündige Fußtour; und Schloß Henneberg, der vielerwähnte Stammsitz Tullifelder Grafen, verdient es ja, den Ausflug dorthin nicht zu versäumen. Während des Aufstiegs zur Ruine tauschen wir uns gegenseitig althistorische Meinungen darüber aus: Zunächst sei an das in Heft I S. 35 schon Gesagte erinnert. Dazu spricht Sauer: „Die Burgen zu Schmalkalden, Wasungen, Schleusigen, Osterburg bei Themar, das Schloß Strauf bei Rodach, die, Hartenburg bei Römhild, Schloß Aschach und Bodenleube (in Franken) waren in der früheren Zeit die gewöhnlichen Residenzen der Grafen von Henneberg. Die übrigen Schlösser wurden von ihnen nur auf kürzere Zeit bewohnt, oft wahrscheinlich nur der Jagd wegen. Daß das Schloß Henneberg das ersterbauete oder älteste hennebergische gewesen sei, ist keineswegs erwiesen; andere Schlösser mögen wohl früher noch erbauet worden sein. Nur aber haben die Grafen von Henneberg, als sie Gaugrafen zu sein aufhörten, von diesem Schlosse sich benannt und nur insofern ist dieses Schloß als das Stammschloß dieses gräflichen Hauses anzusehen.“
Brückner läßt sich in seiner „Meininger Landeskunde“ so vernehmen: Auf dem breiten Rücken des Schloßberges liegen die herrlichen Ruinen der Burg, weithin, zumal nach Nordwesten sichtbar. In nächster Nähe betrachtet, lassen die Trümmer erkennen, daß die Burg im byzantiner Styl (in altoströmischer Bauform) prächtig und von bedeutender Ausdehnung, vielleicht die größte im Lande, gewesen ist; ein gigantischer Turm, 24 Ellen in Umfang, 6 Ellen mauerdick, steht noch im stillen Burghofe. (Herzog Bernhard I. ließ einen Eingang in das Gewölbe brechen, an dessen oberm Teil eine Oeffnung zum Hinablassen Gefangener war.) Die im Burgbau gestandene Kapelle war der heiligen Jungfrau Katharina geweihet. Zu 1037 stand die Burg bereits, wann und von wem sie aber erbauet wurde, ist unbekannt.[1]
Die von Truchsess, v. Schrimpf, v. Keer, v. Hellgräve, v. Vambach, v. Bibra., v. Stein u. a. waren Burg- oder Amtmänner von Henneberg; im zwölften Jahrhundert nannten sich solche nach der Burg. 1308 tötete der Blitz, (nach Andern der eingefallene Turm) mehrere Edelleute. 1353 wurde Schloß Henneberg zur Hälfte vom Grafen Heinrich an Friedrich zu Meißen versetzt.“ (s. S. 9 dies. Hefts).
Im Jahre 1525, da der sogenannte Bauernkrieg wütete, wurde Burg Henneberg zerstört. Dazu giebt Sauer Folgendes an: Da die aufrührischen Bauern in Schwaben .glücklich waren, rückten sie nördlich nach Franken vor. Die fränkischen Bauern, von jenen aufgefordert und bedroht, erhoben sich bald in großer Menge, rückten vor Würzburg und bedrängten es hart. Der Bischof Conrad III. kam hierdurch in großes Bedrängniß, da man in jener Zeit keine stehenden Heere hatte. Er bot gleich seinen andern Vasallen auch den Grafen Wilhelm zu Schleusingen auf, mit besonderer Hülfe ihm beizustehen. Unterdessen hatte der Bauernaufstand auch in der Grafschaft Henneberg sich verbreitet. Die (verblendeten) Leute belagerten Meiningen, das zu jener Zeit noch zum Bistum Würzburg gehörte, und zogen im Werra- und Schleusethal aufwärts. Sie setztem dem Grafen Wilhelm hart zu: Kaum konnte Paul Truchseß eine Summe von 4000 Gulden, um die er von jenem als ein Darlehn zur Herstellung einiger Mannschaft in diesen Tagen ersucht worden war, glücklich nach Schleusingen bringen. Wilhelm wurde von den Bauern aufgefordert, auf ihre Seite zu treten. Er mußte sich entschließen, einen Vertrag mit ihnen einzugehen, wogegen sie ihm eine Verschreibung gaben, worin sie versprachen, „gegen ihn als einen christlichen Bruder sich zu verhalten.“ Unterdessen hatten sie die Grafschaft Henneberg aufs Härteste bedrängt und mitgenommen. Die gräflichen Schlösser Henneberg, Hutsberg, Lichtenburg, Osterburg, Landsberg, wie auch andere Schlösser dortiger Gegend z. B. Mühlfeld, Schwickershausen, Nordheim, Bibra u. a. wurden verwüster und zerstört. Mit 300 Reutern und 400 Fußgängern eilte Graf Wilhelm dem Bischof von Würzburg zum Beistand« –
Wie angesehen besonders im vierzehnten Jahrhundert die Grafen von Henneberg-Schleusingen (s. S. 7 und 8 dies. Hefts) bei Kaisern, Königen und Bischöfen gewesen sind, so hervorragend war ihre Stammburg Henneberg, gleichsam dort eine Grafenpfalz wie auch eine Haupt- oder Gesamt-Warte für das engere Grab- und Tullifeld. Auf S. 12 bis einschl. S. 15 ist das Hinscheiden des letzten wirklichen Henneberger Grafen, Georg, geschildert.
Zusatz (n. Brückner): Das Kammergut von Dorf Henneberg ist aus drei alten Herrenhöfen, nämlich aus dem Herrschaftshofe, Keer’ischen und Trott’ischen Hof oder Gütern gebildet. Das Forstgut ist das vormalige Herbilstädt’sche Burggut, zu dem eine Kemnate gehörte.[2]
Das Dorf Henneberg, am Nordwestfuße des Schloß- oder Burgbergs, am Ostrande des „Hermannsfelder Kessels“, liegt nur eine Viertelstunde abseits der bayrischen Grenze, an der alten Meiningen Würzburger Straße; es bietet eine hübsche Aussicht und sichert dem Touristen eine freundliche Aufnahme.
aus
C. E. Bach
„Im Tullifeld“
Eine historisch-landschaftliche Umschau in engerer Heimat
– der Vorderrhön –
[1] Eine Sage darüber geht: „Auf dem alten Schloß Henneberg ist eine Blende in der Mauer zu sehen, davon alte Leute erzählten, daß ein Maurer bei Aufbauung des Schlosses seinen Sohn verkauft habe, damit, wenn das Kind in jene Vertiefung lebendig eingemauert werde, die Burg fortan unüberwindlich bleibe. Und der grausame Vater habe das Kind selbst eingemauert. Dieses aß einen Dreierssemmel, und rief weinend, als der letzte Stein aufgelegt wurde: O Vater! o Vater, wie wird es so finster! Und wie das Kind also rief, da schnitt die Stimme, dem Manne durchs Herz, wie ein Messer, und er stürzte von der Leiter herab und brach den Hals“ (n. Bechstein).
[2] Ein Wolf von Herbilstatt wird (n. Heim) von 1510 als Besitzer von Schloß Solz und als ein gegen Graf Wilhelm sehr widerspänstiger Ritter bezeichnet. Näheres später.
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