Die ehemaligen Burgen und Schlösser im Tullifeld

Dort, auf stillen waldumkränzten Höhen,
Zwischen Trümmern der Vergangenheit
Nun der Vorwelt Schauer uns umwehen.
Wo einst strahlte Ritters Herrlichkeit,
Nun der Mond durch hohle Fenster blinkt,
Wilde Ranke üppig sich aufschwingt;
Wo vormals die Starken sich gefreut,
Nun der scheue Uhu ächzend schreit.

(n. Matthison.)

Wie alle andern Burgruinen so werfen auch die des Tullifeldes bezw. der vormaligen Grafschaft Henneberg beim Beschauen und mehr noch beim Betreten in uns ein wehmütiges Sinnen über die rasche Vergänglichkeit der Bauten, die als »Beste« so hoch errichtet und wie allen Angriffen gleichsam zum Trotz mit Wall und Ringmauern so umschanzt waren. In andern Gauen starren oft noch kolossaler und gigantischer (riesenhafter) die Trümmer seltsamer Ritterschlösser empor; und daher mag es auch kommen, daß die Tullifelder Burgen selbst dem Namen nach so wenig bekannt sind. Wennschon Chronik- und Sagenschreiber danach geforscht haben und noch immer der Volksmund davon redet, heißt es doch von mancher Ruine: selbst die letzten Rudera (Trümmermerkmale) sind verschwunden, ihre Stätte kennt man nicht mehr! Wohin sind die Unmassen Gesteins, welche dereinst Bauern, Hörige und Sklaven mit ihrem Schweiß und Blut zu hohen, dicken und festen Mauern kitteten? Wie nur konnten diese umgestürzt und dahinter das „Palas oder Palatium“ (des Ritters Prachtbau) und die „Kemenaten“ (Frauen- und Gästezimmer) so zerstört, die Hauskapelle so entweiht, der „Bärenzwinger und das Burgverließ“ so leicht zugeschüttet werden? Stand der treue „Thorbert“ mit den wackern Thorhütern nicht auf der „Zinne oder Warte, des Bergfrieds“ (Burghauptturms), der alle Zingeln (Ringmauern), die Beste und ihre „Stadel“ (Nebenbauten) überragte? Wie nur konnte von da aus die rechtzeitige Umschau, der „Auslug“ versäumt werden? War denn der Burggraben nicht tief und breit genug voll Wasser, war die Zugbrücke mit dem Fallgitterthor ohne Winde, das „Schnitz“- oder Zeughaus ohne Waffen? Wo blieben diesmal die bewährten, so wehr- und streitbaren Mannen und Knappen, wo blieb nur der heldenmutige Burgherr?! –

Die Beantwortung aller dieser Fragen entzieht sich unserer Forschung. Auch die Zeitpunkte der Erbauung und Zerstörung Tullifeldischer Burgen können nicht durchgängig angegeben werden. Darum wollen wir nicht einen, historischen, sondern mehr landschaftlichen Wegweiser zu der folgenden Umschau wählen.

An der Einmündung der Felda zur Werra, bei dem Dörfchen Dietlas, liegt unmittelbar an der Felda der alte Adelssitz Schloß „Feldeck“; (ein „Rhöneck“ dieser Gegend kennt die Chronik nicht.) Steigt man vom Feldeck westwärts auf den Riemen und verfolgt den Rhönhöhenzug in südlicher Richtung über den Beyer-, Gläser– und Engelsberg zum Ellenbogen bis aufs Hochpolster, so hat man eine Scheidelinie zw. West- und Osttullifeld. In diesem letztern, an der Mittelfelda, beginnen wir unsere Wanderung, nachdem Folgendes vorausgeschickt sei: So wenig wie auf den ebengenannten ist auf noch andern Hochbergen der Rhön je eine Burg gewesen, höchstens eine „Warte, eine Mark“ (Grenzpunkt). Der Begriff „Burg“ haftet keineswegs untrennbar an „Berg“; Vielmehr sind, wie in verschiedenen Gegenden des Vaterlandes, so auch im Tullifeld-Henneberg oft nur ganz bescheidene Anhöhen, auch kaum isolierte Hügel zum Burg-Terrain ausersehen gewesen. Aehnlich, ja noch mehr verhält sichs mit Grund und Boden, auf dem die Schlösser erbauet wurden; meist scheint blos darauf Verdacht genommen zu sein, daß dieselben nur, wie die ihnen gewöhnlich zugehörigen Rittergüter, im Schutze einer Burg sich befanden.


aus
C. E. Bach
„Im Tullifeld“
Eine historisch-landschaftliche Umschau in engerer Heimat
– der Vorderrhön –


Bücher und DVD über Geschichte, Landschaft und Kultur der Rhön und Thüringens
– nach Themen sortiert –


 

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