Der Name Tullifeld

Nachdem nun Lage, Umfang, Einzelbezirke und Wüstungen der Gaugrafschaft im Allgemeinen bekannt gegeben sind, bedarf es auch einer Erklärung ihres Namens. Das Wort ,,Tulli“ läßt nach verschiedenen Chronikschreibern verschiedene Deutungen zu. Urkundlich findet man für ,,Tullifeld“ die Namenformen Tullifeldono (marca und provincia) Tullifeldon, Tullifeldum, Tulliveld, Dullifeld, Tollifeld, Tolliveldum, D0llifeld. Wie Binder bemerkt, heißt es in einer Urkunde von 1353: ,,Tullefeylde«, in einer andern von 1428, (im Hennebergischen Urkundenbuch): ,,Thölfeld“; und in einer von den ,,Gesambten Schulthessen Vor sich undt alle Gemeinden beder Embdter KaltenNortheimb Undt Fischbergk“ unterm 9. July 1634 verabfaßten langen Bittschrift an die Hennebergische Regierung kommt der Ausdruck ,,Döllfällische Grentz“ vor. Genßler leitet den Namen aus dem wendischen Worte dôl, d. h. thalabwärts ab, was auch Binder für richtig hält. In Grimms deutschem Wörterbuch finden wir zu den Worten tal, dal bemerkt: ,,böhmisch hat man das Wörtchen ,,dol“ für Vertiefung und Niederung, polnisch für Grube gebraucht. Zu Ende des 15. Jahrhundert und später noch hatte man diese Ausdrücke; und das althochdeutsche talili, täli, tuolla für Thälchen war z. B. im Hessischen und Hennebergischen üblich. Das altnordische dôela und dälle stehen im Sinne ganz nahe dem tal und dal.“ — Sanders Wörterbuch besagt ebenfalls: ,,Dalle, Dälle = Vertiefung. In Meißen bedeutet Dölle, Tölle eine niedrige Stelle im Ackerfeld“. Das Gesamtergebnis dieser mehrfachen Behauptungen befestigt sich nun für uns dahin, daß ,,die Tälle“ allgemein Thälchen bedeutet, wie auch heute noch der Sprachgebrauch bei den Tulli- oder Döllfelder Landleuten es angiebt. Eine Täll’n kann aber eine bald größere, bald kleinere Vertiefung, auch sogenannte Mulde (zwischen 2 gestreckten Hügeln oder ,,Hauken“) in der Flur sein; ist die· Niederung breiter und endet oder dehnt sich zu einem Flusse hin, so nennt man sie gewöhnlich Gründchen, z. B. Mühlgründchen. So hat denn sehr wahrscheinlich das Tullifeld (Döllfeld) seinen Namen von den vielen in ihm vorkommenden Tällen, d. i. Thälchen und Gründen. Daß ein äußerst reicher und überaus reizender Wechsel von Thälchen die Tullifelder Höhen umsäumt, das ist eine angenehme Thatsache. Schroffe Hügel, steile Berge, wie anderseits schauerliche Schluchten kommen nur ganz vereinzelt im Tullifeld, in mancher seiner Marken gar nicht vor; aber es fehlen in dem Gau’ (außer einigen Strecken der ,,langen Rhön“) auch langweilig ausgestreckte Flur- und Waldebenen. Dem entsprechend ist der eigenartige Naturcharakter des ganzen Tullifeldes. Jeder harmlose Rhöntourist wird uns beistimmen.

Die Tullifelder dürfen wirklich, bei sonstiger Anfpruchslosigkeit, auf ihre heimatliche Gegend etwas stolz sein und können jeden belächeln, der sie mit dem Namen ,,Döllfelder“ ferner noch bespötteln möchte; das hätten bisher schon die Feldagründler (im alten Amt Schloß-Fischbergk besonders) beherzigen sollen. Weil dieser kleinere Tullifelder Bezirk ziemlich genau in der Mitte des Tulligaues liegt, so hat man wohl von jeher den ,,Fischbergkern“ den sonst ehrenwerten Landsmannschaftsnamen ,,Döllfelder“ (nach altheimischer Mundart) zuerkannt.


aus
C. E. Bach
„Im Tullifeld“
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– der Vorderrhön –


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