Die Besiedlung der Vorderrhön
Inhalt
Quellen:
- Lemke, Dietrich: „Geschichte in der Thüringischen Rhön“ ISBN 3-00-007057-5
- Morgenroth, Volker: „Geologische Exkursionen in der thüringischen Rhön“ in „Die Rhön im Herzen Deutschlands“ Verlag Parzeller, ISBN 3-7900-0219-4
- Boockmann, Hartmuth: „Einführung in die Geschichte des Mittelalters“ C. H. Beck, ISBN 3-406-36677-5
- Hesselmann, Gerda: „Aus der Geschichte unserer Heimat – Empfertshausen und Umgebung. – 1.Teil: Bis Ende des Dreißigjährigen Krieges.“ Broschüre
- Benzien, Ulrich: „Bauernarbeit im Feudalismus. Landwirtschaftliche Arbeitsgeräte und -verfahren in Deutschland von der Mitte des ersten Jahrtausends unserer Zeit bis um 1800“, ISBN 3-289-00468-6
- Modellpflüge – Eine Sammlung des Deutschen Historischen Museums, Berlin – PDF-Datei 600KB zum Download
- Schlette, Friedrich: „Germanen zwischen Thorsberg und Ravenna“ Urania-Verlag Leipzig-Jena-Berlin
- Behringer, Wolfgang: „Kulturgeschichte des Klimas – Von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung“, C. H. Beck, ISBN 978-3-40-652866-8
- Reichholf, Josef H.: „Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends“, S. Fischer Verlag GmbH, ISBN 978-3-10-06294-5
- Archäologischer Wanderführer Thüringen, Heft 12: Wartburgkreis, Süd. Kommissionsverlag Beier & Beran, Archäologische Fachliteratur, Langenweißbach. ISBN 978-3-941171-41-1. Herausgeber: Sven Ostritz © Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, Weimar 2010
Siedlungsgeschichte
Ich knüpfe an die Seite „Sagenhafte Geschichte(n)“ und das dort Aufgelistete an, um nun näher auf die Besiedlungsgeschichte der Vorderrhön einzugehen. Dort wies ich schon auf den Fund einer Dolchklinge und eines Schwurringes bei Öchsen als Grabbeigabe aus der Hügelgräberbronzezeit hin.
Doch bereits seit ca. 3.000 v. Chr. wanderten Bandkeramiker als Ackerbauern und Viehzüchter in die Vorderrhön ein, dann folgten um 2.500 bis 1.900 v. Chr. viehzüchtende Schnurkeramiker in den Tälern der Ulster, Felda und Streu. Mit ihnen vermischten sich dann um 1.900 bis 1.700 v. Chr. Angehörige der ursprünglich von der iberischen Halbinsel nach Osten drängenden Angehörigen der Glockenbecherkultur, die aus dem Fuldaer Raum vereinzelt bis an den Lauf der Ulster und Öchse vorstießen.
Doch wirklich erschlossen wurde die Rhön erst in der Bronzezeit ab 1.700 v. Chr. für mehrere Jahrhunderte. Sowohl Grabfunde als auch Reste von Fluchtburgen (Wallanlagen) bei Öchsen, Kaltenlengsfeld und Oberkatz sind dieser Zeit zuzuordnen [10]. Über die Dichte der Besiedlung zur Zeit der Klimaverschlechterung nach 1.200 v.Chr. fand ich keine Angaben.
Erst aus der Hallstattzeit finden sich Zeugnisse einer keltisch geprägten Kultur. Ringwälle auf dem Öchsen, der Disburg bei Aschenhausen, dem Baier und der Hessenkuppe zeugen davon[10]. Nach Südthüringen kam keltische Kultur wohl über friedliche Zuwanderung: vor allem Handwerker und Erzsucher kommen in das Gebiet und leiten eine Keltisierung der einheimischen Bevölkerung ein. So fanden sie z.B. Kupfererz im Orlagebiet, Eisenerz im Thüringer Wald und Solequellen an der Werra und Saale. Die teilweise schon manufakturartige Produktion in spezialisierten Werkstätten wirkt sogar auf andere Stämme in benachbarten Gebieten. Ob die Eisenerzvorkommen auf dem Arzberg (Erzberg) bei Otzbach schon die Kelten anlockten? An der Nordseite des Arzberges zieht sich ein Pingengelände entlang, die sogenannte „Eisenkaute“. Im mittleren Muschelkalk wurde ein Eisenvorkommen abgebaut (vermutlich noch vor 150 Jahren). „Durch metasomatische Vorgänge entstanden nach Einwirkung eisenhaltiger Auslaugungsprodukte des Basaltes aus dem Kalk eisenhaltige Kalke von 20% bis 40% Eisengehalt“ [2]. Auch um den Arzberg findet man einen Basaltringwall aus vorrömischer Eisenzeit [10]. Möglicherweise bildeten sich eisenhaltige Kalke auch an den Muschelkalk-Abhängen anderer Basaltkegel?
Ab etwa 100 v.Chr. scheint die Rhön aus unerfindlichen Gründen dann weitgehend menschenleer. Aus Norden sickert langsam eine neue Kultur ein, die den „Germanen“ wie sie Cäsar definierte, zuzuordnen ist. Sie besiedeln aber zunächst nur die unteren Nebentäler von Werra, Ulster und Felda. Ortsnamen wie Buttlar, Borsch (Borsaho), Geisa (Geisaha), Motzlar, Weilar, Alba (Albaha) und Wiesenthal (Visunthaha) und Flussnamen wie Felda und Katza deuten auf germanischen Ursprung hin und sollen schon vor 300 n. Chr. entstanden sein.
Ortsname wie Salzungen, Schwallungen, Wasungen, Behrungen, Fladungen könnten als Gründungen der Sueben auf ihrem Weg nach Süden entstanden sein. Die Einwanderung von Slawen nach Thüringen die, wie in „Sagenhafte Geschichte(n)“ bereits ausgeführt, nach dem 6. Jh. einsetzte, lässt sich in der Rhön möglicherweise an Ortsnamen wie Hartschwinden, Langwinden, Sinswinden und Affenwinden festmachen. Slawische Friedhöfe wurden u.a. in Bermbach und Ketten gefunden.
Archäologische und Hobby-Fundstellen und Fundstücke
Die verlinkten Bilder unten zeigen zunächst die archäologischen Fundstellen [10] um den Baier auf Google-Maps, und danach Fundstücke der Hobbyarchäologen Udo Stanelle und Herbert Most aus Gehaus, von denen auch die Bilder stammen, die ich für Picasa gescannt habe.
Dass sich eisenhaltige Kalke auch an den Muschelkalk-Abhängen des Baiers finden, zeigen die Bilder magnetischer Steine vom Baier, an denen rote Magnete fest haften. In der Reihenfolge danach finden sich Bilder von Steinen, die wohl Abfall oder Schlackereste aus Brennöfen, sehr grob geschmolzenes Erz und ein kleines Stück Basalt mit Erzeinschluss (Rost) sein könnten, wie mir Udo Stanelle schrieb. (sh. unten verlinkte Bilder, fast zum Ende der Bilderfolge). Danach folgen Abbildungen von vermuteten Köpfen, zu denen mir Udo Stanelle schrieb: „Diese behauenen Köpfe (Gesichter) fand ich auf dem Baier, nachdem ich sie von Moos befreit hatte, einen habe ich mit Edding leicht nachgezogen, war auf den ersten Blick nicht gleich erkennbar. Der obere Teil bei den Köpfen soll wohl einen Helm darstellen. Auch diesen schlafenden Kopf bzw. Gesicht fand ich sensationell.“
Weiter schrieb er mir zu den andern in den Bildern zu sehenden Funden: „Der Baier besitzt vier Steinmeere, an jedem Steinmeer gehen rechts und links Wege hoch bzw. auch Treppen (sh. Bilder). Das hat einen einfachen Grund: Diese Wege führen zu Gräbern. Es gibt sogar viele Gräber innerhalb der Wallmauern. Diese kleinen steinernen Tierfiguren wurden an einem Heiligen Hain abgelegt, manches davon war Natur und hatte nur die Form eines Tieres, anderes war leicht behauen.“
Zur Höhensiedlung aus vorrömischer Eisenzeit am Baier zitiere ich aus [10, Seite 120]: „Der Baier ist einer der markantesten Basaltberge der Vorderrhön. Vor allem am Nord- und Osthang des Berges zeichnen sich Flächen mit Basaltblockströmen und Blockfeldern ab. Zwei konzentrische Ringe sichern das 713,7 m hohe Plateau des Berges ab. Der innere Ring verläuft etwa 15m unterhalb der Kuppe. Auf der Nordwestseite stört ein größeres Blockfeld diesen verlauf. Fast 30 m unterhalb der Kuppe umzieht ein zweiter Wall die Wohnfläche. Im Norden und Süden sind zwei Unterbrechungen im Wallverlauf zu erkennen, die als Tore gedeutet werden können. Die umwallte Fläche beträgt ca. 3 ha. Obwohl nur wenig Keramik gefunden wurde, gilt die Wallanlage neben der des Öchsenberges [10, Seite 87ff.] als bedeutende eisenzeitliche Höhensiedlung der Rhön.“
Zwei Abbildungen der Wallanlage am Öchsenberges von Herbert Most folgen auf die Baierfunde.
Zum Schuss sind zwei Fotos von einem neu gefundenen Bohlenweg am Fuße des Bauers zu sehen, die mir freundlicherweise Herr Achim Fuchs aus Meiningen zur Verfügung stellte.
Fundstücke vom Baier und seiner Umgebung in der Rhön |
Bücher und DVD über Geschichte, Landschaft und Kultur der Rhön und Thüringens
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