Erinnerungen
Inhalt
- Der Brunnen der Vergangenheit
- Puhdys: Niemand wird so wieder werden
- Erinnern an die Zukunft
- Ahnentafeln
Der Brunnen der Vergangenheit
Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen?
Dies nämlich dann sogar und vielleicht eben dann, wenn nur und allein das Menschenwesen es ist, dessen Vergangenheit in Rede und Frage steht: dies Rätselwesen, das unser eigenes natürlich-lusthaftes und übernatürlich-elendes Dasein in sich schließt und dessen Geheimnis sehr begreiflicherweise das A und O all unseres Redens und Fragens bildet, allem Reden Bedrängtheit und Feuer, allem Fragen seine Inständigkeit verleiht.
Da denn nun gerade geschieht es, daß, je tiefer man schürft, je weiter hinab in die Unterwelt des Vergangenen man dringt und tastet, die Anfangsgründe des Menschlichen, seiner Geschichte, seiner Gesittung, sich als gänzlich unerlotbar erweisen und vor unserem Senkblei, zu welcher abenteuerlichen Zeitenlänge wir seine Schnur auch abspulen, immer wieder und weiter ins Bodenlose zurückweichen.
Zutreffend aber heißt es hier »wieder und weiter«; denn mit unserer Forscherangelegentlichkeit treibt das Unerforschliche eine Art von foppendem Spiel: es bietet ihr Scheinhalte und Wegesziele, hinter denen, wenn sie erreicht sind, neue Vergangenheitsstrecken sich auftun, wie es dem Küstengänger ergeht, der des Wanderns kein Ende findet, weil hinter jeder lehmigen Dünenkulisse, die er erstrebte, neue Weiten zu neuen Vorgebirgen vorwärtslocken.
von Thomas Mann, aus seinem Roman „Joseph und seine Brüder“
Puhdys: Niemand wird so wieder werden
[aus ihrer LP „Das Buch“ von 1984]
niemand wird so wieder werden
so wie er mal war zuvor
niemand kommt zweimal auf erden
durch ein und dasselbe tor
niemand kann zurück sich regen
weil er immer reifer wird
niemand kann sich frei bewegen
hat er sich einmal verirrt
jeder lebt sein eignes leben
atmet ein und atmet aus
will sich nicht im schmerz ergeben
braucht mehr liebe als applaus
kaum einer ist wie ein andrer
kann nicht immer erster sein
mancher bleibt ewig ein wandrer
auf der suche nach dem neuen
niemand wird so wieder werden
so wie er mal war zuvor
niemand kommt zweimal auf erden
durch ein und dasselbe tor
jeder lebt sein eignes leben
atmet ein und atmet aus
will sich nicht dem schmerz ergeben
braucht mehr liebe als applaus
und so leben wir ein leben
atmen ein und atmen aus
werden nehmen werden geben
zwischen liebe und applaus
Erinnern an die Zukunft
Erinnerungen sind nicht immer zuverlässig. Man schaut wie durch einen Filter, welcher manches Erlebte nicht hindurch lässt, andere Ereignisse überbewertet und auch Episoden erfindet. Erdichtet wird vermutlich gar nicht, sondern vielerlei Begebenheiten werden zu einer neuen Geschichte verflochten, die sich so nie zugetragen hat.
Trotzdem glaubt man am Ende des Weges nur in der gelebten Vergangenheit den Sinn seines Lebens erfassen zu können. Ist es das, was mich zu solchem fragwürdigen Tun beflügelt?
Zu oft wurde ich getrieben von inneren Mächten, denen ich nicht ausweichen, die ich aber auch nicht zulassen wollte. Doch es macht keinen Sinn verfehlten Möglichkeiten nachzutrauern:
„Alles geschieht: Das ist die ganze Wahrheit.“
[aus „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ von Robert Musil]
Folge mir, wenn du magst, auf den folgenden Seiten in den Brunnen meiner Vergangenheit.Obwohl kaum mehr zu erkennen – das war ein Weg, auf dem du stehst – ein Weg, der sich in der Zeit verliert.
Du schaust zu mir zurück und ahnst deine Zukunft, ich schaue zu dir nach vorne und sehe meine Vergangenheit. Zurückschauen erzeugt eine andere Perspektive als Vorwärtsblicken. Erinnern beurteilt das Erlebte aus aktueller Sicht neu und so entfernen sich Geschichten im Lauf der Zeit immer mehr von den ursprünglich erfahrenen.
Was ist nun die Wahrheit, meine alte oder neue Version?
Wahrscheinlich keine der beiden, wir sind gar nicht in der Lage unsere Wirklichkeit umfassend zu erkennen.
Unsere Sinnesorgane sind für viele Faktoren der Umwelt blind und taub, selbst das, was wir erfassen können wird nur unvollständig vom Gehirn verarbeitet. Das Gehirn muss schnell und effektiv für das Heute – einen überschaubaren Erlebnishorizont – unser zweckmäßiges Verhalten koordinieren. Das geht nur mit einem vereinfachenden Modell von der Welt in unserem Kopf und nur angenähert bis zu jenem Gesichtskreis, den wir gerade noch überblicken können – dahinter regiert der Zufall. Es ist kein unberechenbarer Zufall, er folgt Naturgesetzen. Doch uns „Blinden“ muss er launenhaft erscheinen, da dessen Vorhersage unsere rationalen Möglichkeiten übersteigt.
Trotzdem gaukelt uns unser Gehirn immer ein vollständiges, stimmiges Weltbild vor, weil wir anders gar nicht leben könnten und wollten. Wir brauchen einen Fixpunkt, auf dem wir sicher stehen können bei all dem Rätselhaften.
Und so erschafft die Erinnerung die Welt von damals in der Weise neu, dass das Heute logisch für uns daraus folgen muss und überschreibt so „modernisiert“ unseren alten Gedächtnisinhalt.
Das was wir nicht vernünftig erklären können, die vielen Zufälle, hinterlassen oft ein Missbehagen – „hätten wir doch nur…“. Ja, aber hätten wir denn damals wirklich anders gekonnt oder ginge das nur mit der heutigen Erfahrung? Und wie viele Zufälle haben uns Möglichkeiten erschlossen, die wir nie erhofft hatten!
Der Zufall ist Ausdruck der uns unüberschaubaren Komplexität dieser Welt – die sich selbst erschafft durch Selbstorganisation und Evolution aus dem „Chaos“ – das ist schöpferische Chance und gleichzeitig Ursache der Begrenztheit unseres Denkens. Unsere linear genäherte Weltsicht, die uns die Evolution vererbt hat, auf eine unlineare Welt macht Prognosen über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus zum albernen Selbstbetrug. Jede Offenbarung eines Nostrodamus wäre von gleichem Wert.
Sind wir also machtlos den Launen der Evolution ausgeliefert?
Nein!
Wir müssen nur die Grenzen unserer Macht über die Natur in sinnvolle Tat umsetzen. Wir dürfen nicht wegen großer märchenhafter Fernziele, die unkalkulierbare Risiken bergen, die pragmatischen Nahziele als sekundär einstufen. Wir bedürfen fantastischer Visionen! Denn sie müssen dem Erfüllbaren einen Zweck geben, aber sie dürfen uns nicht die Sinne für das Machbare vernebeln.
Und da offensichtlich keiner über das Kommende wesentlich besser Bescheid weiß als andere, ist es einem Menschen unwürdig, den großen Entwürfen eifernder Visionäre blind zu folgen.
Nicht die gigantischen Eingriffe in das Naturgeschehen zeugen von großen Taten, die vielen überschaubar kleinen, gemeinsamen Schritte der Menschheit erst ergeben in der Summe ein Werk, das uns nicht aus dem Ruder läuft – nur so werden wir Lenker der Geschichte. Was uns wirklich Not tut, ist Demut gegenüber der Natur und dem Mitmenschen.
„Die Demut gibt jedem, auch dem einsam Verzweifelnden das stärkste Verhältnis zum Mitmenschen und zwar sofort, allerdings nur bei völliger und dauernder Demut. Sie kann das deshalb, weil sie die wahre Gebetsprache ist, gleichzeitig Anbetung und festeste Verbindung. Das Verhältnis zum Mitmenschen ist das Verhältnis des Gebetes, das Verhältnis zu sich das Verhältnis des Strebens; aus dem Gebet wird die Kraft für das Streben geholt.“ [Franz Kafka, aus den Aphorismen]
Ahnentafeln
Die männliche Ahnenreihe meines Vaters:
Mein Vater:
Karl August Hehl, Landwirt
(*23.04.1896 Gehaus, † 04.01.1969 Gehaus)
Großvater:
August Hehl, Landwirt
(*21.06.1860 Gehaus, † 26.07.1927 Gehaus)
Urgroßvater:
Martin Hehl, Stellmachermeister
(*21.03.1817 Gehaus, †15.04.1894 Gehaus)
Ururgroßvater:
Simon Hehl, Gastwirt
(*? Gehaus, †17.05.1837 Gehaus)
Urururgroßvater:
Thielemann Hehl, Ackermann
(*04.07.1747 Gehaus, †11.07.1826 Gehaus)
Ururururgroßvater:
Andreas Hehl, (*um 1720, Ort noch unbekannt)
Diese Zusammenstellung habe ich dankenswerterweise der „Nachfahrenliste Andreas Hehl“ von Reinhard Fleischmann aus Bad Salzungen, einem mit den Nachfahren des Andreas Hehl verwandten Chronisten, entnehmen können.
Meine Schwägerin Ursula Hehl in Gehaus hat sich der Genealogie der Gehauser Hehls und der Königs aus Warnstedt (ihrem Elternhaus) auf Anregung von Reinhard Fleischmann angenommen.
Die Ahnenreihe meiner Mutter haben wir noch nicht ermitteln können.
Aus dem Fragment einer Ahnentafel nach Astel meines gefallenen Bruders Fritz habe ich die Vorfahren meiner Großmutter Marie Hehl, geb. Hämmerling, auslesen können:
Vater | Mutter | ||
Friedrich August Hämmerling (25. 4. 1830 – 25. 2. 1880) Bäckermeister in Bad Kösen |
Julie Christiane Hämmerling (19. 5. 1831 Buttstädt – 18. 4. 1879 Kösen) |
||
Vater | Mutter | Vater | Mutter |
Johann August Hämmerling | Maria Theresia Bösel | Dr. med et chir. Heinrich Christian Friedrich Engel | Auguste Luise Reichardt |
12. 1. 1806 10. 4 1864 |
10. 4. 1807 21. 5. 1871 |
19. 5. 1793 Ostheim/Rhön 25. 7. 1848 Buttstädt |
18. 11. 1803 Großrudestedt bei Weimar – 18. 9. 1848 Buttstädt |
Bäckermeister in Bad Kösen | Amtsphysikus | ||
geboren und gestorben in Bad Kösen | geboren und gestorben in Bad Kösen |
Bücher und DVD über Geschichte, Landschaft und Kultur der Rhön und Thüringens
– nach Themen sortiert –