Sonnenuntergang am Vansee
oder
L. v. Beethoven – Für Elis (Klavierstück WoO 59) – poco moto, a-moll, 3/8
Eingespielt habe ich diesen beliebten Schmachtfetzen mit »Samplitude Music Studio 2014« auf dem Softwaresynthesizer »The Grand« von Steinberg mit Hülfe meines PC – und zwar in einer etwas flotteren Spiel-Art als es die romantische Seele bei diesem sakral-kitschigen Sonnenabgang erwarten würde. Ich jedoch wasche meine Hände in Unschuld, denn dieses Tempo ist von Herrn Beethoven vorgegeben worden!
Um meine hehren Intentionen in den Großen Zusammenhang von Leben, Universum und den ganzen Rest zu stellen, zitiere ich Jürgen Wertheimers weisen Satz aus „Krieg der Wörter – Die Kulturkonfliktslüge” [Verlag LiteraturWissenschaft.de – Marburg 2006]:
Zwischen Großikone und Nippes-Sakralität gilt es, einen Weg zu finden, der halbwegs tragfähig und ohne gravierende Folgen bleibt. Vor die Alternative Kitsch oder Krieg gestellt, sollte der ästhetischen Katastrophe der Vorzug gegeben werden.
Die Videoaufnahmen entstanden am Vansee in Ostanatolien (Türkei).
Georg Trakl
aus
Sebastian im Traum
Elis
3. Fassung
1
Vollkommen ist die Stille dieses goldenen Tags.
Unter alten Eichen
Erscheinst du, Elis, ein Ruhender mit runden Augen.
Ihre Blaue spiegelt den Schlummer der Liebenden.
An deinem Mund
Verstummten ihre rosigen Seufzer.
Am Abend zog der Fischer die schweren Netze ein.
Ein guter Hirt
Führt seine Herde am Waldsaum hin.
O! wie gerecht sind, Elis, alle deine Tage.
Leise sinkt
An kahlen Mauern des Ölbaums blaue Stille,
Erstirbt eines Greisen dunkler Gesang.
Ein goldener Kahn
Schaukelt, Elis, dein Herz am einsamen Himmel.
2
Ein sanftes Glockenspiel tönt in Elis‘ Brust
Am Abend,
Da sein Haupt ins schwarze Kissen sinkt.
Ein blaues Wild
Blutet leise im Dornengestrüpp.
Ein brauner Baum steht abgeschieden da;
Seine blauen Früchte fielen von ihm.
Zeichen und Sterne
Versinken leise im Abendweiher.
Hinter dem Hügel ist es Winter geworden.
Blaue Tauben
Trinken nachts den eisigen Schweiß,
Der von Elis‘ kristallener Stirne rinnt.
Immer tönt
An schwarzen Mauern Gottes einsamer Wind.
Aus dem Trakl-Lexikon:
Elis – Eine mythologisierend-chiffröse Knabengestalt, die in einigen Gedichten Trakls angerufen wird. Die Vorlage für den Namen wird von der Traklforschung nicht in der Landschaft auf der griechischen Halbinsel Peloponnes gesehen, sondern im historischen Fall des schwedischen Bergwerksarbeiters Elis Fröbom im 17. Jahrhundert, den E.T.A. Hoffmann (Erzählung „Die Bergwerke zu Falun“, 1818) und Hugo von Hofmannsthal (Versdrama-Fragment „Die Bergwerke zu Falun“, 1906) literarisch verarbeiteten. Elis Fröbom verunglückte am Tag seiner Hochzeit im Bergwerk, erst Jahrzehnte später wurde seine perfekt konservierte Leiche gefunden, ein Jüngling, während seine Braut eine alte Frau geworden war. [An den Knaben Elis; Elis; Abendland; Nachlass: Elis 1. u. 2. Fassung; Abendland 2. und 3. Fassung; Ein Kreuz ragt Elis…]