Juan Cabanilles: Tiento I,18 lleno quinto tono
aus: Opera omnia des JOAN BAUTISTA JOSÉ CABANILLES Y BARBERÀ (1644-1712) Band I, Nr. 18
herausgegeben 1929 durch Institut d’Estudis Catalans: Biblioteca de Catalunya, Barcelona
in der Reihe: Publicacions del Departament de Música VIII
Eine große Zahl der Tientos llenos von Cabanilles (Nr. 3, 6, 16, 18, 23, 35, 37, 38, 50, 55, 63, 65, 68, 70) bestehen aus einer akkordischen Einleitung oder Laufwerk und mehreren kurzen oder längeren Abschnitten mit häufigem Tempo- und Rhythmus-Wechse, der allerdings nicht immer durch Mensurzeichen gekennzeichnet ist.
Um diese mehrteilige Struktur kunstvoll zu gestalten, verwendet Cabanilles alle Mittel der Claviermusik seiner Zeit: tokkatisches Laufwerk auf gehaltenen oder wechselnden Akkorden; imitativen Kontrapunkt; kanonische oder fugierte Sätze, die oft in Figurationen übergehen; Themenvariation; ein- oder mehrtaktige Formeln, die homophon, figurierend oder polyphon aufgebaut sind und sequenz-artig oder modulierend mehrmals wiederholt werden (die sogenannten Modulationspassagen, die in der spanischen Orgelmusik des 17. Jahrhunderts seit Peraza, Aguilera und Jiménez eine so große Rolle spielten).
Diese in ihren Umrissen so beschriebenen Stücke entsprechen im großen und ganzen jener freien Form, die viele Zeitgenossen von Cabanilles in Italien, Deutschland und anderswo als TOKKATE verstanden und bezeichnet haben. In Spanien aber wurde diese Bezeichnung kaum gebraucht. Cabanilles selbst hat uns einige „Tocatas” hinterlassen; wie man aber aus den 6 veröffentlichten Stücken (Bd. II, Nr. 25 bis 30) entnehmen kann, hat er diesen Begriff anders verstanden als seine italienischen oder deutschen Kollegen (die Nr. 29 und 30 z. Beispiel entsprechen vielmehr der Form der Variations-Canzone oder des Variations-Tiento). Unter Berücksichtigung dieser Tatsache und mit den für jeden einzelnen Fall angebrachten Bedenken, wird hier die Bezeichnung TOKKATE als zusammenfassender Begriff für die oben angegebenen Tientos llenos verwendet.
Die Nr. l8 und 70 verzichten auf den einleitenden Akkordensatz und beginnen mit einer auf- und absteigenden schwungvollen Figuration auf einem ruhenden Dreiklang.
In Nr. l8 verläuft die Figuration ununterbrochen in gleichmäßiger Bewegung (l6tel) drei Takte lang, auf dem unveränderten C-Dur Akkord. Die Formel wird auf G und C wiederholt, allerdings im Baß und mit Harmoniewechsel im 2. Takt. Die Wiederholungen werden von einigen Akkorden getrennt. [zitiert aus „Juan Bautista Cabanilles – Sein Leben und Werk“ von Arsenio Garcia-Ferreras]
Ich habe dieses Orgelwerk mit Samples der Rieger-Orgel im Konzerthaus Wien eingespielt.
Infos über Juan Cabanilles habe ich in meinem Beitrag Orgelwerke von Juan Cabanilles (1644-1712) zusammen getragen.