Schloß Zella

Nicht als alter Rittersitz zwischen der ehemaligen Burg Nithardishusen und dem Burgvorwerk Fischbergk, (lI. S. 27 u. fff.), sondern als Kloster- und Probsteiort erscheint in den Chroniken Zella an der Felda; das sei der Grund, warum wir Altgeschichtliches über dieses Zella bei der Abhandlung über die Tullifelder Klöster zu bringen uns vorbehalten haben.

In neuester Zeit hat aber Zella eine kriegsgeschichtliche Erwähnung gefunden, zu der ein topographischer Terrain-Umblick hier angebracht sein dürfte: Von Dermbach aus gelangt man auf der Chaussee in einer Stunde, durch Eisenbahn in 15 Minuten, feldaaufwärts nach Zella, welches sich zur Rechten auf einem waldfreien, flurreichen Hügel von Südwest her ausdehnt, der nur westlich, hinter dem Schloß- und Kirchplatze, am rechten Ufer des kleinen Schmerbachs kurz abfälIt. „Höchst malerisch liegt (wie Spieß und Schneider sagen), das jetzt großherzoglich sächsische Kammergut mit der neurömischen Kirche und dem anstoßenden Dörfchen daneben auf einem Flötzkalkberge, das ganze Thal beherrschend.“ – Nordwestlich bekommt der Ort durch den 653 m hohen, bewaldeten Walters-„Wallberg“ und durch den nördlicher zu 671 m aufsteigenden, in ¾ Stündchen zu erreichenden kahleren „Gläser“ schönen Hintergrund und einigen Windschutz. Am Fuße des Letztern liegt sehr sichtbar das Dörfchen Föhlritz, indessen, wie heimlich versteckt, fast unmittelbar an Zella westlich, in der Steinberger Bachmulde das Kirchdorf Brunnhartshausen (1186 Brumanshusen) ruhet. Zwischen diesem und dem höheren Andenhausen (II. S. 36) macht ein einzelstehender Baum den „Katzenstein“ am Horizont merklich. Im Südwesten von Zella, über dem nur 10 Minuten von ihm entlegenen Pfarrdorf Empfertshausen („Einpferts“, 835 Embricheshusen[1]) ragt der einst holzreichere Horbelberg empor; südöstlich von diesem, vom Windberge ab, kann man zwischen der Ruine Fischberg und dem „Allmarks“-hügel hindurch das Zellaer Schloß in enger, doch sehr romantischer Einrahmung erblicken. Nach Osten hin ist das schöne Rundbild von Zella (rechts der Felda) vom Taufstein und von dem der Hausbergsebene vorgelagerten Hirtenkopf („Diedorfer Köpfchen“) eingefaßt; Dorf Diedorf (I. S. 67 und II. S. 32 u. 33.) mit seiner Flur lehnt sich hübsch dem Zella an. –

Das Staats-Handbuch von Weimar hat (1846) zu Amt Dermbach registriet: „Zella (Cella St. Martini 1104) am Schmerbachsbache, mit 2 Jahrmärkten, war sonst ein Probsteiort. Katholische Kirche, Pfarre, Schule, Kammergut (vorhin ein Benediktiner Nonnenkloster), Försterei, 2 Mühlen.“ Von einem Schlosse ist demnach buchstäblich auch nichts gesagt, doch nennt man gern das zum Kammergut gehörige massive, zweistöckige, mit Ecktürmchen gezierte Hauptgebäude „das Zelle’r Schloß“; obschon nur mit Ziegeln gedeckt, macht es besonders durch die nach Osten gestellte Front- oder Stirnseite mit vielen großen Fenstern dem Beobachter einen freundlichen Eindruck. Der rechtwinkelige nach Süden hin stehende massive, gleichhohe Flügelanbau enthält die Pfarrwohnung, und der darunter befindliche Thorbogen gestattet die Einfahrt zum geräumigen Oekonomiehofe. Nach Norden, wo der Ausgang zum Gras-Baumgarten[2] angebracht ist, und nach Westen stehen ökonomische Wirtschaftsgebäude. Der durch ziemlich hohe Mauer geschützte Hausgarten mit davor gepflegter Allee längs der Schloßfront beeinträchtigt das Schloß-Aeußere keineswegs. Nach Dr. P. Mitzschke’s Nachweisungen über Probstei „Zella unter Fischberg“ gehörte dieselbe zur bischöflichen Diözes Würzburg, später zu der in die Diözes Mainz eingeschlossenen Abtey Fulda. „Schirmvögte waren erst die Edlen von Nithardishusen, dann die Aebte von Fulda, teils die Grafen von Henneberg, teils die Landgrafen von Hessen, wohl nach freier Wahl des Klosters, – welches um 1136 gegründet wurde. Im Bauernkriege (1525) wurden die alten Gebäude größtenteils zerstört; 1669 vernichtete ein Brand den Rest, sodaß jetzt nur noch ein Stück der Ringmauer übrig ist. Mit Säkularisierung des Hochstifts Fulda erreichte auch die Probstei ZelIa 1802-3 ihr Ende. Später entstand das jetzige Kammergut daraus.“ Wann und von wem der neu aussehende Hochbau angelegt und ausgeführt wurde, ist nicht genau bekannt. Als „neugeschichtliche“ Zugabe bringen wir kurz Folgendes aus der Chronik von Dermbach. „Am 3. Juli 1866, vormittags, kam der bayrische Generallieutenant von Zoller mit 1 Compagnie nach Dermbach, darauf 2 Escadrons II. Chevaulegers-Regiments, indessen nachts vom 2. zum 3. Juli schon Preußen in Lengsfeld waren und bis Dermbach recognoscierten[3] Feldmarschall Prinz Carl von Bayern war mit seinem Generalstab in Kaltennordheim. Am 3. Juli, zu Mittag kam das I. Bataillon des 53. Rgts. Preußen nach Dermbach und die Bayern zogen sich zurück; bei der Attaque fielen 6 Bayern und 1 Pferd, 4 Mann wurden verwundet, 38 vermißt. Am 4. Juli geschah der Kampf in Zella und wurde dies in Sturm genommen.[4] Im Hofe des Gasthauses („zum schwarzen Kreuz“) standen sich ein Bayer und ein Preuße gerüstet gegenüber, beide schießen zugleich und der Bayer stürzt. – In Zella wurden 23 Bayern und 4 Preußen beerdigt.“

Rückblick und Uebergang.

Den alten „Ritter-Ring“ von westtullifeldischen Burgen und Schlössern wollen wir nun als abgethan betrachten. Es blieben demnach in dem Umfang Tullifelds weitesten Sinnes (nämlich den kleinen, in Heft I. S. 6 u. 16 genannten Baringau in sich schließend) die Burgen nnd Schlösser des alten Amtes Lichtenberg kennen zu lernen übrig. Wir müssen aber bescheiden davon hier absehen, weil, wie mehrfach schon hervorgehoben, Binder für diesen Bezirk die ausführlichste und beste chronologische Beschreibung bereits herausgegeben hat! Doch zwei ehemaligen Burgen dortiger Gegend, gleichsam an der West- und Ostrampe des obern Streuthales, das sind die Hilden- und Königsburg, (welche Binder weniger zu berücksichtigen hatte) möchte noch ein Blick in unserer Umschau zugewandt sein. – Bei der etwa von Kaltensundheim ab dorthin zu empfehlenden Rhön-Fußtour begrüßen wir wieder die Altmark (Heft II. S. 66) und beachten nachträglich das zwischen ihr, zwischen Streufels- und Stellberg gelegene Erbenhausen (I S. 14, Ziff. 24), bevor wir die Landschafts- und Hählgrenze zwischen Unterfranken und Eisenacher Oberland überschreiten.


aus
C. E. Bach
„Im Tullifeld“
Eine historisch-landschaftliche Umschau in engerer Heimat
– der Vorderrhön –


[1] Krause erzählt in dem Heft II. S. 27 erwähnten Erpho v. N., daß dort der Sage nach wilde Pferde auf weiter Huth gegrast hätten und dann daneben „Ein-Pferd-hausen“ entstanden wäre.

[2] An dieser Stelle begann das blutige Gefecht zwischen Infanterie der Preußen und Bayern am 4. Juli 1866. Kartätschen wechselten dann ab. –

[3] Nach der Schilderung von R.Pfeiffer, Crefeld 1866, Verlag von Klein: „Generalmajor v. Kummer war über Salzungen nach Lengsfeld-Dermbach mit den Preußen dirigiert; seine Trnppen hatten keinen Verlust. Die Bayern hatten die Dörfer Neidhartshausen, Zeller u. Wiesenthal besetzt, hinter denselben standen noch stärkere Truppenmassen, die in Eile zusammengezogenen bayrischen Divisionen Hartmann und Zollern. Der preuß. General von Goeben ließ am 4. Juli früh die Brigade Kummer feldaaufwärts gegen Neidhartshausen, die Brigade Wrangel gegen Wiesenthal vorgehen. Auch der preußische Verlust dabei war nicht unerheblich, besonders an höheren Offizieren.

[4] In Kaltennordheim waren von den geschlagenen Bayern im Schulhause waren die 4 Säle angefüllt: Marode, Malade, Feldpost, Sanitätscorps und lagen daselbst in meiner Wohnung, als schwer Verwundete, Oberlieutenant Jacobi und Hauptm. Fürst.
Damals wurde unter Andern auch Lieutenant Clarmann v. Clarenau tödlich blessirt und bei der Retirade in Kaltensundheim beerdigt.


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