Das Schloß zu Geisa

Die Nachrichten über das alte Schloß zu Geisa sind spärlich; über Amt und Stadt Geisa im Allgemeinen spricht sich die Chronik etwas mehr aus. Möglich, daß im Archiv des dortigen Dekanates oder in der Fuldaer Abtei noch Urkunden verwahrt sind, die noch bessern Aufschluß über „Burg“ Geisa darbieten könnten. Auf besondere Anfrage bei einem Geisaer Staatsbeamten nach etwaigen geschichtlichen Notizen wurde mir freundlich erwiedert, daß außer den Angaben in Kronfelds[1] Landeskunde und den Mitteilungen in Fuchs „Quer durch die Rhön“ bis jetzt nichts über Geisa’s Geschichte veröffentlich sei. Dem in Heft I unserer Umschau S. 70 schon vorgebrachten füge ich Folgendes von Kronfeld bei: Urkundlich kommt der Ort erst 817 vor: Abt Rathgarius tauschte mit Kaiser Ludwig, indem dieser die Besitzung Ibistat gegen die Landgüter in Vacha, Geisaha und Spanelo dem Kloster überläßt[2]. Vier Gemeindebezirke gehörten nun zu Geisa, und besondere Beamte verwalteten diese Herrschaft, sie nannten sich nach der Stadt z. B. 1138 ein Hartwig von Geisaha. Zu Anfang des 14. Jahrh. wird Geisa zur Stadt erhoben. Es ist nicht erwiesen, ob die Burg in der Stadt selbst oder auf dem ,,Rockenstuhl« anfangsher gestanden hat. – Spieß giebt an: „Geisa (841 Fuß) hat Justiz- und Rechnungsamt, Landdechanei u. a. m., 2 ehemalige. fuld. Schlösser, zu welchen Burgsitze gehörten. Aus den Urkunden geht hervor, daß im Jahr 1375 ein Schloß allda gestanden, und fanden sich im Besitze desselben ein Gerlacus, Henricus und Andreas de Greisaha als Lehnsherren.“ Nach der fuldaischen Chronik nahm der Landgraf von Hessen 1467 die Stadt Geisa ein. Abt Reinhard, (Graf von Wilnau) bat den Grafen Johannes von Henneberg um Hilfe und sie schlugen den Landgrafen. – Eine Verpfändung für 16000 Gulden von 1427 (s. Heft I. S. 70) wurde 1496 wieder abgelöst; später verpfändete Abt Johann von Henneberg 1533 an Landgraf Wilhelm von Hessen ein Sechstel von Geisa und Rockenstuhl für 2000 fl. – Fuchs (der als Lehrer eine Zeit lang in Geisa wohnte) schreibt (1890;) „Die Herren von Geyso, welche gegenwärtig in Mansbach (2 Stunden nördl. Geisa) wohnen, sind Nachkommen der Herren von Geisaha. Wo die Burg Geisa gestanden, ist nicht bekannt. Offenbar war es kein hervorragendes Gebäude. Mit der Verwaltung der 4 Bezirke war die Ausübung einer eigenen Gerichtsbarkeit eng verbunden.[3] Das Gericht war ein Centgericht und wurde auf dem Gangolfsberg abgehalten“, (dessen Gipfel den Friedhof mit alter Kapelle trägt, am Südende der Stadt); „unterhalb des Friedhofs befinden sich noch nach der Stadt hin eine Anzahl senkrechtstehender alter Steine, die der untern Reihe sind am obern Ende durchlöchert.[4] Von diesem Gangolfiberge aus sieht man den Rockenstuhl in Süden aus dem Ulsterthale emporstreben. Die Befestigswerke der Stadt Geisa, wurden bereits im 16. Jahrh. verändert, teilweise durchbrochen, womit die Aufhebung der Befestigung begann.“ Schneider berichtet auch: „Vielfach durch bedeutende Brände gelitten, wurde Geisa erst noch am 23. Juni 1858 und im Jahre 1883 von Feuersbrunst heimgesucht. Der obere Teil der Stadt ist seit 1859 neu erbaut; von dem alten Geisa steht außer dem Schlosse, der kath. Stadtkirche und dem am Fuße des Berges gelegenen Stadtteile nur noch wenig. Jenseits der Ulsterbrücke ist ein Spital mit der Bildsäule der heiligen Elisabeth. Das Städtchen Geisa ist sehr malerisch am Berge gelegen, dessen Gipfel (der Gangolfsberg) neben der Kapelle eine neue Bildsäule des heil. Petrus und ein Kriegerdenkmal trägt.“ –

Fuchs schwärmt gleichsam für das von der Ulster und vom Geisabach umflossene Städtchen, indem er es mit „einer duftenden Beere in einem schmucken Mooskörbchen“ vergleicht, weil zu beiden Seiten liebkosend lauschiges Grün an die Häuserreihen sich anschmiegt und die Höhe von schloßartigen Gebäuden gekrönt sei.[5] – Schließlich sei noch bemerkt, daß man auf dem zwischen Geisa und Rockenstuhl zu 420 m aufsteigenden Bocksberg, der sehr steil, bewaldet und auf dem Gipfel, mit drei Kreuzen geziert ist, nichts von Burgüberresten findet, obschon in der früher erwähnten Fuldaer Chronik angedeutet ist, Abt Bertho II. habe neben andern Raubschlössern auch ,,Boxberg bei Geisa zerstört.[6] – Der Bocksberg bei Obernüst ist bedeudend höher, bietet auch schöne Aussicht nach der Milseburg und Wasserkuppe.


aus
C. E. Bach
„Im Tullifeld“
Eine historisch-landschaftliche Umschau in engerer Heimat
– der Vorderrhön –


[1] Rektor Kronfeld in Apolda war mir persönlich befreundet, hat sichs sehr angelegen sein lassen, die weimarischen Archive zu durchforschen; darum ich mich zunächst auf ihn stütze.

[2] Fuldaer Chronik: „Ratgarius, der 3. fuld. Abt, erhielt sehr ansehnliche Güter für Fulda als Geschenke z. B. auch in Ostheim und Schweinfurt.

[3] Aus dem jetzigen Amtsbezirk seien hier noch einige Ortschaften nach ihren früheren Namen angeführt: Reinhards=Regenherts (1214). Seeleshof=Selchina (932), Motzlar=Muzzleres, Otzbach=Utelesbach (1130), Geblar=Gobeleres (1016), Kohlbach=Calbaha (888), Hochrain=Hoirine (795), Zitters=Citerades (1197).

[4] s. Heft I. S. 39.

[5] Mein verstorbener Schwager, Bezirksgeometer Wittich, welcher 1825 bis 1830 im Amte Geisa beschäftigt gewesen, rühmte mir oft die gemütliche, unvergeßliche Geselligkeit des Orts, den er humoristisch die „Bocksmutter“ (d. i. Geis) nannte.

[6] Schneider bezeichnet den Geisaer „Boxberg“ als einen vorzüglichen Aussichtspunkt; links sei eine tiefe Sandsteinschlucht, Wolfsschlucht genannt, von da führe ein kurzer Weg zum sogenannten „Freundschaftstempel“, der über einen steilen Felsabhang an der Ulster einen anmutigen Blick ins Thal gestattet.


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