Wolfgang Amadeus Mozart: Adagio und Fuge c-Moll KV 546

Bearbeitung für Orgel von William Thomas Best (1826-1897). Eingespielt mit Samples der Riegerorgel im Großen Saal des Konzerthauses Wien (Vienna Konzerthaus Organ).

Der Grund für die Komposition dieses Werkes bleibt ein Rätsel, da keine Auftrag dafür nachweisbar ist. Möglicherweise entstand es auf Vorschlag von F. A. Hoffmeister, der das Werk veröffentlichte. 1788 hat er noch eine weitere bedeutende kontrapunktische Komposition geschrieben: eine fünfstimmige Fuge in C-Dur für das Finale seiner Sinfonie KV 551, der sogenannten Jupitersinfonie, so dass möglicherweise Mozart wieder Interesse an der Komposition von Fugen, wie schon 1782 gefunden hatte. Allerdings ist die Fuge keine Neukomposition, sondern ein Arrangement für Streicher der Fuge für zwei Klaviere in c-Moll KV 426 aus dem Jahr 1782. In seinem eigenhändigen Werkverzeichnis lautet der betreffende Eintrag vom 26. Juni 1788 so: „Ein kurzes Adagio à 2 Violini, Viola, e Baßo, zu einer Fuge, welche ich schon lange für 2 Klaviere geschrieben habe”.

Im 52taktigen sehr expressiven Adagio mit punktierten Rhythmen und pathetischen Gebärden wechseln sich „fortissimo”-Ausbrüche mit überirdisch erscheinenden „piano”-Abschnitten ab; diese emotionalen Wechselbäder zwischen Gewalt und Mystik lassen die daran anschließende strenge Geometrie der Fuge fast als Erlösung erscheinen. Aber nur fast, denn in der Fuge kostet Mozart alle Techniken aus, die er in der Musik von Bach und Händel in so vollendeter Form vorfindet. Das Thema bewegt sich in harmonisch langsamem Tempo und eignet sich deshalb besonders gut für Spiegelungen und Umkehrungen aller Art. Mozart lotst es durch verschiedene Tonarten, stellt es auf den Kopf und zaubert damit die kühnsten Engführungen – zum Teil folgen die Einsätze im Abstand eines halben Taktes! An einer Stelle treten Original und Umkehrung gleichzeitig auf; man wünscht sich beim Hören gelegentlich mehr als zwei Ohren, aber im Video kann die Klavierrolle meines Sequenzerprogramms diesen anatomischen Mangel vielleicht optisch wettmachen. Mozart weiß, dass es in der Musik erlaubt ist, mit Pfunden zu wuchern, die man eigentlich gar nicht besitzt: manche Themeneinsätze entpuppen sich nämlich nur als Schein-Einsätze – der prägnanten Themenbeginn mit seinen Sechzehntel-Läufen wirkt streng regelgerecht, büxt dann aber mit seinen (Sehnsucht atmenden!) Seufzerfiguren in die Freiheit aus. Geschickt balanciert Mozart auf dem schmalen Pfad, der sich auftut zwischen Regelwerk und Abweichung – all das eingefärbt in das dramatische Pathos, das der Tonart c-Moll anhaftet. Übrigens hat sich Beethoven diese Fuge zu Studienzwecken abgeschrieben.

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