Claude Balbastre: Joseph est bien marié (Orgelwerk zu Weihnachten)
Per MIDI eingspielt mit Samples der historischen Orgel in der Kathedrale Notre-Dame du Bourguet
in Forcalquier (Alpes-de-Haute-Provence)
Den Musikstil von Claude-Bénigne Balbastre beschreibt „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Band 01, S. 1097, Bärenreiter-Verlag 1986) u.a. so:
Indessen widmet er sich nicht, wie seine französischen. Zeitgenossen, Genrebildern, Schilderungen von Gefühlen, Eigenschaften und Fehlern oder Tierdarstellungen. Wenn er seine Vorwürfe sich nicht selbst schafft, entlehnt er sie älteren Gegenständen, wie die Noëls, und wählt mit Vorliebe im 18. Jh. selten gebrauchte Themen, wie die noëls bourguignons. Die Spezialisierung in der Wahl seiner Sujets spiegelt sich auch in dem Ausdruckscharakter seines Werkes wider, dessen Wesen Heiterkeit, Delikatesse, Charme und Leichtigkeit ist. Das ist zwar ein etwas begrenzter Horizont, aber er setzt eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit voraus, Wiederholung mit Abwechslung und Neuerungen zu paaren. Balbastres Stil ist ein Abbild der allgemeinen stilistischen Entwicklung von Rameau bis zum Tode Mozarts.
Der englische Komponist und Biograf Charles Burney, der ihn 1970 in Paris besuchte, schrieb über ihn:
Sonntags, den 17ten Juni 1770
Ging ich nach St. Rocque den berühmten Balbastre Organisten dieser Kirche, wie auch zu Notre Dame und im Concert spirituel, zu hören. Er hatte mir die Wahl gelassen, ihn in seinem Hause zu besuchen oder zwischen drey und vier Uhr in besagter Kirche auf ihn zu warten. Ich hielt das Leztere für besser, weil ich glaubte, es würde ihm weniger Mühe machen, da er doch ohnedem in der Kirche seyn mußte; allein ich fand, daß man ihn nicht erwartete, und daß er bloß aus Höflichkeit dahin kam. Es war sehr gütig daß er mich mit auf die Orgel nahm, wo ich sowohl sehen als hören konnte. Diese Orgel ist ein erstaunend grosses Werk, und etwa vor zwanzig Jahren gebauet; sie hat vier Manuale und ein Pedal; das Hauptwerk und Rückpositiv können gekuppelt werden; das dritte Clavier ist für die Rohrwerke, und das öbere für die Echoregister. Dies Werk thut unten vortreflichen Effekt, oben aber sind die Töne unerträglich schreyend. Herr Balbastre gab sich sehr viel Mühe mich zu unterhalten; er spielte in verschiednen Stylen, indem er den Gesang des Chors begleitete. Als das Magnificat gesungen war, spielte er gleichfals einige Minuten zwischen jedem Verse, Fugen, Imitationen und und allerley andere Stücke, sogar Jagdstücke und Giquen, ohne daß die Versammlung, so viel ich merken konnte, im geringsten dadurch befremdet oder beleidigt ward. Beym Prosiren fand ich, daß er den Gesang mit dem Pedale spielte, den er mit dem untern Fingern der linken Hand verdoppelte, und über diese Grundlage spielte er gelehrt und erfindungsvoll. Die Baßstimme war in Semibreven, wie unsere alten Psalmodien geschrieben. Was vom Chore ohne Orgel gesungen wurde, war mit gregorianischen Noten geschrieben.
Nach der Kirche lud Herr Balbastre mich nach seinem Hause, um einen schönen rückerischen Flügel zu sehen, den er inwendig mit eben so seinem Geschmack hatte mahlen lassen, als die schönste Kutsche oder Schnupftobacksdose, die ich irgend zu Paris gesehen habe. Auswärts sieht man die Geburt der Venus, und inwendig auf dem Deckel, die Geschichte von Rameau’s berühmtester Oper, Castor und Pollux. Hier sind die Erde, die Hölle und Elysium vorgestellt worden; in dem letztern sitzt dieser berühmte Komponist selbst auf einer Nasenbank, die Leyer in der Hand; das Bildniß ist überaus ähnlich, denn ich sah Rameau im Jahre 1764. Der Ton dieses Instruments hat mehr Zärtlichkeit als Stärke; das Octävchen ist mit Ochsenleder gedämpft, aber sehr angenehm; der Anschlag ist leicht, welches von dem Befiedern kömmt, das in Frankreich immer sehr leicht geschieht.
Herr Balbastre hatte in dem nemlichen Zimmer eine sehr grosse Orgel mit einem Pedalen, dergleichen einem französischen Organisten zur Uebung nöthig seyn kann; sie ist aber für ein Zimmer zu groß und stark, und die Stimmen sind so lärmend als die zu St. Roque. Inzwischen gab Herr Balbastre sich alle ersinnliche Mühe mich zu unterhalten, und ich hatte viel Ursache mit seiner Gefälligkeit sowohl, als mit seinem Spielen zufrieden zu seyn.
Der Text des Weihnachtsliedes „Joseph est bien marié“ in französisch mit deutscher Übersetzung:
Joseph est bien marié À la fi lle de Jessé : C’était chose bien nouvelle, Que d’être mère te pucelle, Dieu y a bien opéré, Joseph est bien marié. |
Joseph ist gut verheiratet Mit der Tochter Jesses: Es war etwas ganz Neues, Mutter und Jungfrau zu sein, Gott hat dabei gut gehandelt. Joseph ist gut verheiratet. |
Et quand ce vient au premier Que Dieu nous voulut sauver, Il fit descendre Son seul Fils Jésus pour prendre En Marie humanité, Joseph est bien marié. |
Und als der Zeitpunkt kam, Dass Gott uns retten wollte, Ließ er herabsteigen Seinen einzigen Sohn Jesus, Um in Maria Mensch zu werden. Joseph ist gut verheiratet. |
Quand Joseph eut aperçu, Que sa femme avait conçu, Il ne s’en contenta mie, Fâché fut contre Marie, Et s’en voulut en aller, Joseph est bien marié. |
Als Joseph merkte, Dass seine Frau empfangen hatte, War er darüber nicht erfreut, Er war auf Maria böse Und wollte sie verlassen. Joseph ist gut verheiratet. |
Mais l’Ange aussitôt lui dit, Joseph n’en aie dépit, Ta sainte femme Marie, Est grosse du Fruit de vie, Elle a conçu sans péché, Joseph est bien marié. |
Doch der Engel sagte ihm sofort: Sei darüber nicht verärgert, Deine heilige Frau Maria Geht schwanger mit der Frucht des Lebens, Sie hat ohne Sünde empfangen. Joseph ist gut verheiratet. |
Change donc ton pensement, Et approche hardiment, Car par toute sa puissance Tu es durant son enfance À le servir dédié, Joseph est bien marié. |
Ändere also dein Denken Und komme beherzt näher, Denn durch all seine Macht Bist du während seiner Kindheit Dazu bestimmt, ihm zu dienen. Joseph ist gut verheiratet. |
À Noël endroit minuit, Elle enfanta Jésus-Christ, Sans peine, ni sans tourment, Joseph se soucie grandement, Du cas qui est arrivé, Joseph est bien marié. |
An Weihnachten genau um Mitternacht Gebar sie Jesus Christus Ohne Schmerz, ohne Pein. Joseph machte sich große Sorgen Über das Merkwürdige, das geschehen war. Joseph ist gut verheiratet. |