Jean-Henri d’Anglebert: Pièces de clavecin (Auswahl)

eingespielt mit Samples des English Harpsichord – Edition Beurmann.

Jean-Henri d’Anglebert, * 1628 in Paris, † 23. April 1691 ebenda, war Schüler von Jaques Champion de Chambonnières. Zunächst war er Organist des Herzogs von Orléans (1661); damals spielte er schon das Spinett in der »Kammer« Ludwigs XIV. 1664 wurde er als Nachfolger seines Lehrers zum ständigen Clavecinisten des Königs ernannt. Sein ältester Sohn, Jean-Baptiste-Henri (1661-1747), wurde ihm 1674 in dieser Stellung beigegeben mit dem Versprechen der Amtsnachfolge. 1689 ließ er auf seine Kosten seine Pièces de clavecin … avec la manière de les jouer drucken. Man findet hierin vier Serien von Stücken, nach Tonarten geordnet: die erste in G-dur, die zweite in g-moll, die dritte in d-moll, die vierte in D-dur, jede etwa zehn bis zwanzig Stücke umfassend. Es sind Suiten, von denen die drei ersten mit einem Präludium in freier Rhythmik beginnen; darauf folgen eine Allemande, mehrere Couranten, einige mit »Double«, eine Sarabande, eine Gigue, eine Gaillarde, eine Chaconne oder Passacaglia, eine Gavotte, ein Menuett. Zwischen diese Tänze eingestreut sind Bearbeitungen von Modeliedern, von Ouvertüren und Tänzen aus Opern Lullys sowie eine Serie von zweiundzwanzig Variationen über die Folies d’Espagne (dasselbe Thema, das später Corelli behandelte). Zu Beginn der Sammlung findet sich eine vollständige Tabelle der Verzierungszeichen mit Spielanweisungen. Viele dieser Zeichen sind d’Angleberts eigene Erfindung, und er ist der erste, der eine so vollständige Liste gibt; die meisten haben sich bei seinen Nachfolgern gehalten.
Nach den Klavier-Stücken bringt d’Anglebert fünf Fugen für Orgel über das gleiche, aber verschieden rhythmisierte Thema, die eine sehr leichte Hand verraten, sowie ein Quatuor sur le Kyrie à trois sujets tirés du plain chant, in welchem jedes der Themen der Reihe nach in jeder der vier Stücke erscheint. Zur Ausführung dieses Werkes verlangt der Komponist eine Orgel mit drei Manualen und Pedal. Das Buch endigt schließlich mit einer Methode des Akkompagnements, d.h. mit einer Abhandlung über Harmonie und bezifferten Bass In seinem Vorwort kündigt d’Anglebert einen zweiten Band Pièces de clavecin an, der jedoch anscheinend niemals erschienen ist. Dieser ernsthafte und feinsinnige Musiker hat die von seinem Lehrer Chambonnières geschaffene Grundlage der französischen Clavecinisten-Schule weiter befestigt.
[Die Musik in Geschichte und Gegenwart: d’Anglebert (Familie). Musik in Geschichte und Gegenwart, S. 2603 (vgl. MGG Bd. 01, S. 481-482) (c) Bärenreiter-Verlag 1986 http://www.digitale-bibliothek.de/band60.htm ]

Über das Satzmodell der Folia kann der interessierte Besucher zusätzlich Interessantes in meinem Beitrag Juan Cabanilles: Diferencias de Folias primer tono finden.

Links zu meinen Einspielungen der sechs überlieferten Orgelwerke von d’Anglebert (eingespielt mit Samples der Orgel der Kathedrale Notre-Dame du Bourguet in Forcalquier):

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