Siedlungen und Höfe in der Gehauser Flur

Inhalt

 

Siedlungen, Höfe & Vorwerke

Als die Boineburgs 1506 Gehaus kaufen, gehört zu dessen Grund und Boden auch eine Siedlung Baiersdorf, vermutlich im heutigen Baiersrod gelegen und identisch mit Baiersstrut oder auch Baiersbrut, zwei historisch überlieferte Ortsbezeichnungen.
Die Siedlung hat vielleicht schon im 12. Jh. bestanden. 1194 nämlich wird in geschichtlichen Quellen als Bruder des Heinrich von „WILERE“ (=Weilar) ein Arnold von Biger (hinter dessen Namen sich das Wort \“Baier\“ verbergen könnte) als möglicher Besitzer dieser offenbar nur aus einer Hofstelle bestehenden Siedlung genannt. Sie wäre demnach der älteste Ortsteil unseres heutigen Gehaus.
Wichtige Aufschlüsse über die Geschichte unseres Dorfes vermittelt uns der Stadtlengsfelder Amtmann Knips. In seiner „Amtsgeschichte über das Amt Stadtlengsfeld“ vom Jahr 1826 überliefert er uns Wissenswertes auch über die anderen in unserer Flur gelegenen Siedlungen.
Der Hof „Altenrod“, ehemals südlich der Hohenwart im heutigen Flurteil „Altenrod“ gelegen und als Wohn- und Siedlungsstätte schon zur Zeit des Bauernkrieges (1525) bekannt, besteht 1835 laut Kirchenchronik nur noch aus einer einzigen Hofstelle, die spätestens 1865 jedoch aus der Flur verschwunden ist.
Nach Knips‘ „Amtsgeschichte“ ist der Hof Vorwerk eines noch um 1520 im Schlägelbach existierenden Pachthofes, der 1432 dem Adligen von Tafta gehört, im Wechsel der Besitzverhältnisse auf Philipp von Herda und schließlich durch Heirat auf dessen Schwiegersohn Ludwig von Boineburg übergeht.
Später gehört das Vorwerk, wie es heißt, als „kleiner Ökonomiehof“ einem der Gehauser Vorstände, ist der Ortsherrschaft lehn- und zinspflichtig und wird vom Eigentümer verpachtet. 1821 ist ein Adam Johann Lückert, Mitglied und 1. Gerichtsschöppe des Ortsvorstandes, Pächter dieses Anwesens.
Ebenso wie „Altenrod“ dürften die uralten Siedlungsstätten „Fischbach“ und „Hohenwart“ Vorwerke von ehemals in der Feldflur gelegenen Rittergütern gewesen sein.
Von der geschützten Lage sowie dem Wasser- und Fischreichtum angelockt, mögen schon lange Menschen in der Fischbach gelebt haben, bevor sich um 1750 ihre uns vertrauten Nachfahren hier niederlassen. Um 1800 ist die Fischbach, wie es bei Knips heißt:
„ein Aggregat von einigen der Gehauser Oberschlossherrschaft lehnbaren Hütten, deren Eigentümer größtenteils arme Tagelöhner, denen der Hauptmann Heinrich Wilhelm Carl von Boineburg die Erlaubnis zur Anbauung und Ansiedlung aus purer Bauliebhaberei gegeben hat.“
Über den Alltag der Fischbacher ist uns wenig bekannt, eben so viel aber, dass sie als lehnspflichtige Erbuntertanen sich ihr Wohn- und Aufenthaltsrecht durch ein entbehrungsreiches und von Not gezeichnetes Leben von den Boineburgs teuer haben erkaufen müssen. Vom Fischreichtum des Platzes ist wohl nur wenig für sie abgefallen.
1820 werden in der Fischbach fünf Wohnhäuser mit 24 lutherischen Einwohnern nachgewiesen. An anderer Stelle erfahren wir, dass es auch 1 katholische Familie, und was nicht wenig überrascht, sogar ein Wirtshaus dort gegeben hat.
Der Platz muss nach wie vor eine besondere Anziehungskraft besessen haben, denn 1835 sind es nach Angaben der Kirchenchronik bereits 14 Häuser bzw. 14 armselige, strohbedeckte und schmutzstarrende Hütten, was der Wirklichkeit sicher näher kommt.
Laut Kirchenchronik wird die letzte dieser Behausungen 1850 abgerissen (nach Kronfelds \“Landeskunde\“ jedoch erst 1865). Als man am 1. Febr. 1920 Kaspar Nennstiel zu Grabe trägt, übergibt man gleichzeitig auch den letzten in der Fischbach geborenen Gehauser der Erde.
Was die Zeit, bevor sie alles zudeckt, zurückgelassen hat, sind die Reste alten Gemäuers, Stachelbeergestrüpp und dahinmoderndes Holz zerbrochener Zaunfelder. Zeugnisse der Vergangenheit, deren sich die Alten aus dem Dorf noch gut zu erinnern vermögen. Umherstehendes Fliedergebüsch hat die Zeit überdauert und treibt heute noch seine weisen Blüten.
Als herrschaftlicher Hof gehört die Hohenwart seit dem 16. Jh. zum Besitzstand der Boineburgs, die von hier aus vermutlich auch den oben genannten Schlägelbacher Pachthof bewirtschaften.
Trotz häufigen Besitzerwechsels bleibt der Hof immer wieder in ihren Händen. Der 1614 geborene Georg Eberhard von Boineburg verkauft den Hof, wie es heißt, „gegen sechs Malter Korn, soviel Hafer und zwei Malter Weizen auf Erblohn“. Ein Georg Philipp von Boineburg erwirbt später den Besitz von Johann von Barchfeld (Barchfelder Linie der Boineburgs?) für eine Summe von 900 Gulden käuflich. 1785 geht das Anwesen an die in Gehaus und Weilar residierenden Brüder Hauptmann Carl von Boineburg und Hauptmann und Geh. Regierungsrat Ernst Abraham von Boineburg über.


 

Neues über Fischbach und Gehaus

Wie wir bisher wissen wurde die Ortschaft Fischbach in der Flur von Gehaus nach Angaben der Kirchenchronik von unserem Ort in den Jahren 1850 oder 1864 aus den uns bekannten Gründen geschleift. Es standen uns also somit zwei unterschiedliche Daten zur Verfügung. Dies können wir nun seit geraumer Zeit besser eingrenzen. Durch das Vereinsmitglied Dr. Eckart Frhr. von Uckermann konnte uns eine Topographische Karte aus dem Jahr 1857 zur Verfügung gestellt werden. Auf dieser Topographischen Karte sind die Ortschaften Fischbach und Altenroda (hier als Altes Rod bezeichnet), eingetragen. Demnach ist erwiesen, dass beide Ortschaften in diesem Jahr noch existierten und man auf das Jahr 1864 zurückgreifen kann. Der Stand der Karte entspricht dem damaligen neuesten Erkenntnissen in der Topographie. Wie sah es in der Fischbach aus?

Die noch bewohnten Gebäude nebst Wirtschaftsgebäuden befanden sich alle rechts der heutigen Verbindungsstraße Hohenwart in Richtung Baiershof von der Hohenwart herkommend. Seltsamerweise ist die noch uns bekannte stattliche Linde dort nicht verzeichnet. Vielleicht hat auch ein Teil der Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt den Ort Fischbach bereits verlassen, da nur noch 6 Gebäude in diesem Jahr nachweisbar sind. Wie bekannt halte die Fischbach kurz vor dieser Zeit bereits 14 Wohnhäuser und eine Gaststätte. Der Niedergang war also schon im Gange und wurde dann wahrscheinlich in den Jahren 1864 / 1865 beendet, so dass dieser kleine Ort heute nur noch in den Erinnerungen weiterlebt. Im Übrigen war diese kleine Ortschaft auch von Bäumen alleeartig umgeben. Auch die Allee zwischen Ge­haus und Hohenwart war bereits vorhanden. Welche Baumarten es damals nun genau waren können wir heute nicht mehr feststellen bzw. nachweisen. Zwischen den Ortschaften Fischbach, Altenroda, Hohenwart und Gehaus bestanden Verbindungswege, welche zum Teil noch in unserer Zeit vorhanden sind und noch genutzt werden. Kommen wir nun zum Ortsteil Hohenwart! Der heutige Ortsteil Hohenwart wird mit 15 Häusern und Wirtschaftsgebäuden angegeben. Die alte Ortsverbindungsstraße von Stadtlengsfeld kommend führt noch direkt durch den Ort hindurch. Von Gehaus kommend sind zusätzlich links zwei Gebäude eingezeichnet (etwa unterhalb des heutigen Wasserspeichers), die heute nicht mehr existieren. Nun zur Ortschaft Gehaus!

In Gehaus existiert der heutige Schlosspark noch nicht. Lediglich an den Mühlwiesen befindet sich die uns bereits bekannte Obstplantage. Die Richtung Zipfel rechtsseitig weist einige Gebäude aus. In Richtung Stadtlengsfeld endet die Bebauung am heutigen Grundstück von Joachim Baumbach. Die Ortschaft Gehaus hatte zu diesem Zeitpunkt 138 Häuser und Nebengebäude. Eine exakte Differenzierung unter Wohn- und Wirtschaftsgebäuden ist nicht möglich. Die Straßenführung ist zu jener Zeit identisch mit der heutigen. Zum Vergleich mit der Boineburgischen Karte aus dem Jahr 1721 ergibt sich hier ein ganz anderes Bild bezüglich der Ortslage. Da die jetzt uns zur Verfügung stehenden Topographische Karte Maßstabsgerecht ist, können die Gebäude welche nach dem großen Brand in der Oberen Gasse Ende des 19. Jahrhunderts vernichtet wurden, in ihrer Lage exakt nachgewiesen werden.

Quellen:

  • Zuarbeit von Dr. Eckart Frhr. v. Uckermann
  • Topographische Aufnahmen 1857 von Ditfurth Leutnant im Gar­deregiment
  • Das Topographische Feldoriginal befindet sich im Besitz der Staatsbibliothek zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

Reinhold Lotz† im Auftrag des HPV

Zitiert aus Baier Bote 7(2009)08 vom 21. August 2009


Neues über Hohenwart

Nach weiteren Studien von Quellen zur Geschichte unseres Ortes mit seinem noch heute bestehenden OT Hohenwart, stieß der Unterzeichnende auf eine neue Urkunde, welche ebenfalls im Staatsarchiv zu Meiningen als Abschrift vorliegt. Es handelt sich dabei um die bisherige urkundliche Ersterwähnung des OT Hohenwart. Diese ist datiert auf den 10. August 1330, also 25 Jahre älter als die Ersterwähnungsurkunde von Gehaus aus dem Jahre 1355. Des weiteren ist diese in Latein verfasst. Mit diesem Fund wurde die Vermutung weiter bestätigt, dass die ehemaligen und zum Teil heute nicht mehr vorhandenen kleinen Wohnorte rund um das jetzige Gehaus, in ihrer Ersterwähnung, älteren Datums sind. Auch in der Deutung des Namen „Gehaus” spiegelt sich diese Erkenntnis wieder. Der Inhalt der Urkunde basiert auf einem Verkaufsvertrag.

1330 August 10
Ludwig und Syboth von Frankenstein verkaufen dem Grafen Berthold von Henneberg ihre sämtlichen, dem Stift zu Hersfeld zu Lehen gehenden Orte und Güter nebst der Wildbahn.
Schmalkalden den 1330 August 10.

Es tauchen mehrere weitere Ortsnamen, sowie geographische Besonderheiten, wie Berge, Flüsse und Flurnamen auf. Unter anderem die Flüsse Werra und Felda.

Außer dem Ortsnamen Hohenwart, damals noch als „Warte” beschrieben, konnten u. a. noch folgende Orte (hier nicht voll­zählig wiedergegeben), nachgewiesen werden.

Salzungen, Vockenroda, Tiefenort, Dorndorf mit dem Meysinberg, Pferdsdorf, Schalkislohe (Wölferbütt), Martinroda mit dem Waldgebiet Schorn, Heiligenroda, Eisenach, Allendorf, Langen­feld, Völkershausen, Gospenroda, Oberbreizbach usw., um nur einige zu nennen.

Im Inhalt der Urkunde taucht der Nachweis des Ortes Hohen­wart unter Punkt 10 auf, darunter auch der Kohlgraben, der noch öfters in anderen Zeitdokumenten zum Vorschein kommt. Aus verschiedenen Ursachen und Gründen kann eine vollstän­dige Veröffentlichung im Amtsblatt „Baier-Bote” nicht vorgenom­men werden. Für interessierte Bürger ist es aber möglich Ein­sicht in die vorhandenen Unterlagen beim Heimatpflegeverein e. V. Gehaus zu nehmen.

Auf diesem Wege bedankt sich der HPV e. V. Gehaus beim Direktor des Thüringer Staatsarchiv Meiningen Herrn Dr. Johan­nes Mötsch auf das Herzlichste für seine Unterstützung und Entgegenkommen, sowie für die schnelle und unbürokratische Zusendung einer Kopie aus dem Hennebergischen Urkundenbuch.

Quellen:

  • Hennebergisches Urkundenbuch Bd. V, S. 73 – 75 Nr. 128
  • Staatsarchive Meiningen und Weimar
  • Archiv HPV e. V. Gehaus

Im Auftrag des Heimatpflegeverein e. V.
Reinhold Lotz†, Vors.

Zitiert aus „Baier Bote“ 8 (2010) Nr. 3 vom 1. April 2010


Interessantes und Neues über die Geschichte der Hohenwart ist in dem folgenden Buch zu lesen:


Bücher und DVD über Geschichte, Landschaft und Kultur der Rhön und Thüringens
– nach Themen sortiert –


 

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