Schloß Fischberg

(448 m. über d. Nordsee.)

Als ehemaliges Zubehör von Nithardishusen gilt, wie im vorigen Abschnitt schon angedeutet, das kleine Burgwesen, welches ein halbes Stündchen südlicher, über dem Dorfe Diedorf, zwischen diesem und dem Orte Klings stand. Von der Felda links, auf dem sogenannten Hähnchen (Hön Hün), einem ziemlich kahlen, kegelförmigen Flötzkalkberg mit umbuschtem basaltigem Scheitel, liegt die Ruine. Einzelne Mauerüberreste lassen die bescheidene Ausdehnung des verwüsteten Schlosses erkennen, ein kleiner Kellerraum ist noch zugänglich. Im Allgemeinen steht das „Hähnchen“ sehr isoliert, ohne Kamm geziert, präsentiert sich aber reizend nach Klings zu, indeß die Umschau von ihm ab sich vorzüglich auf Schloß Zella wendet. (Im Abschnitt über die Klöster wird Letzteres, besondere Beachtung finden.)

Burgschloß Fischberg war eigentlich nur ein Burgvorwerk, ehedem auch Castrum Visobergk, Visberg genannt. Die Benennung „Fischberg“ knüpft sich wahrscheinlich an die natürliche Lage dieses Schloßbergs, denn a., am Fuße desselben, südlich, lag der sagenhafte, fischreiche „Klingelsee“ vor dem Dörfchen Klings, welches davon seinen Namen haben soll. Der See, an dem in der Vorzeit eine Kapelle mit einem vielgeläuteten Glöcklein stand, wird bei einem Naturaufruhr am Engpaß zwischen dem „Höhn und der Allmark“ ausgebrochen sein. b., nördlich am Fischberg, im Orte Diedorf selbst, im Unterschloßgarten war an der jetzt noch vorhandenen „Rinselmühle“ wohl auch ein Fischteich; c., westlich vom Dorfe, etwa acht Minuten entfernt, an der „Seemühle“, wurde bis zu Anfang unsers Jahrhunderts. noch ein Wiesensee von der dort so forellenreichen Felda gespeist, und e., östlich vom Fischberg, kaum eine halbe Stunde wegs, war in alter Zeit am Umpfen oberhalb Dorf Fischbach auch ein gewiß fischreicher Waldsee, dessen z. B. das alte Fischbacher Kirchenbuch[1] sogar gedenkt: „1579. Zu Diedorff auff Sanct Lampertitag hat der ernveste Junker den See auffm Vmpffen lassen fischen und bin ich (der Pfarrer) zwen tage bey ihm gewesen und den sontag darzu.“

Spieß schreibt: „Der Sage nach hat zu Fischberg in der Vorzeit ein mächtiges heidnisches Grafengeschlecht Hön oder Hüne geherrscht, welches in Diedorf begütert gewesen und von Denen von Nithardishusen überwältigt worden ist.“ .Auch Heim behauptet in seiner Chronik: „Ohnstreitig ist Fischberg denen von Nithardishusen gewesen“ Es ist nicht anzunehmen, daß Schloß Fischberg und das weiter oben rechts an der Felda liegende Dorf Fischbach zusammengehört hätten. Letzteres,. 1306 noch „Visspach“ geschrieben, kommt urkundlich schon 837 n. Chr. vor, indessen Kronfeld meint, die Gründung des Schlosses Fischberg rühre wohl nur erst aus der Zeit von 1317 bis 1326 her. Damals habe ein Ludwig von Frankenstein Gericht Dermbach an Stift Fulda verkauft, womit die streitlustigen Söhne Heinrichs von Frankenstein unzufrieden gewesen wären und hätten mit Waffengewalt die väterlichen Güter wieder erlangen wollen. Fulda habe nun wohl zur Sicherung seines neuen Besitzes das Schloß Fischberg bauen lassen und den Gerichtsbezirk Dermbach aber „Gericht Fischberg“ benannt. –

In einer Chronik über Fulda aber steht: „Abt Marquard II., der 1288 starb, regierte musterhaft, wovon die Besitzungen, wie z. B. das Schloß Fischberg u. a. m. zeugen, die er dem Hochstifte erwarb.“ Sonach hätte Schloß Fischberg schon früher bestanden als Kronfeld annimmt. Und zum Gegensatz von Fulda verlangt (nach Weinrich) der Bischof Otto von Würzburg in einem Schreiben v. 5. Martii 1337, „daß das Nonnenkloster zu Zella die jährlichen Einkünfte auch ordentlich berechnen solle“, wonach also damals noch die Würzburgische, nicht die Fuldaische Botmäßigkeit sich bis ins Gericht Fischberg erstreckt haben muß. Ein gemeinsamer Besitz zwischen Würzburg und Fulda betreffs Fischbergs bleibt aber auch ausgeschlossen, so lange Kronfelds weitere Angabe: daß Fulda in einer Geldverlegenheit 1865 für eine Schuld von 300 Pfund Pfennigen Schloß, Amt und Gericht Vischbergk an Giso von Steinau wiederkäuflich eingeräumt habe, unwiderlegt ist. Der Chronist Schannat fand im Fuldaischen Archiv, daß schon 1330 Hans von Butteler (Buttlar) zu Fischberg ein Burggut zu verdienen überkommen, und Hermann von Claubach (wohl „Glattbach“) als Burgmann da gewohnt habe; sein Burggut sei 1366 an Apelo de Borsa (jedenfalls „von Borsch“) verliehen worden. Das Ritter- oder spätere Kammergut in Diedorf mit dem jetzt von 2 Gesindefamilien bewohnten „Schlößchen“ ist das ehemalige Burggut nnd die Kemnate. Um 1461 hatten die von Haun drei Viertel desselben inne, und ein Viertel erhielt Georg· von Cranluk (Crahenlucke). Der Herren von Haun erwähnt das alte Fischbacher Kirchenbuch in noch viel späterer Zeit, was nachträglich bemerkt werden wird. – Zuvor bringen wir aber noch (n. Notizen aus einem Neidhartshäuser Pfarr-Aktenheft) folgende Nachricht: „Unter Anführung Reinhardts von Haun fiel 1441 eine Anzahl fuldaischer Edelleute in das Hennebergische ein, raubten und plünderten. Graf Wilhelm III. von Henneberg-Schleusingen zog mit 2000 Mann und mit 230 Streitwägen den 21. Januar 1442 vor das Schloß Haun (wohl Burghaun oder Hünhaun bei Stadt Hünfeld), eroberte es und führte Reinhardten von Haun und seinen Sohn Philipp nebst vielen andern Rittern und Knechten gefangen weg und behielt die eroberte Burg in Besitz. – Spangenberg schreibt: „Die Herren von der Tann und die von Buchenau, der Erzbischof Konrad von Mainz und der Landgraf Ludwig von Hessen hatten übrigens nach einander das Amt Fischberg unterpfändlich inne. Letzterer, oder vielmehr Heinrich von Hessen, ließ 1462 das Amt Fischberg plündern. Heim bemerkt im 24. Capitel seiner Chronik noch Folgendes: „Von diesem Amt sagt das fürstliche Hochstift Fulda, es sey ursprünglich ein zum Fürstenthum und zur Abtey Fulda gehöriges erb- und eigenthümliches Amt gewesen, und habe Henneberg gar nichts davon besessen bis anno 1445, da es das Stift an dasselbe verpfändet. Nach Kronfeld hingegen habe Henneberg es bis 1455 nur teilweis und dann bis 1483 vollständig in Besitz gehabt. Heim führt weiter aus: „Die Chursächsischen und Herzoglich Sachsen-Weimarischen Akten sagen aber das Gegenteil. So will ich ohnpartheiisch zeigen aus denen alten Geschichten, wie Henneberg zuerst und darnach Fulda zu einigen Theilen dieses Amts gelanget: Bei Sachsen z. B. sub 3, seiner sechs wohlbegründeten Hauptgegengründe zeigt es schon der klare Buchstabe, daß das Tullifeld im Comitate Adelbraths gelegen, und sub 4., daß Kaltennordheim und Fischberg pars integrans (wesentliche Teile) der Hennebergischen Grafschaft gewesen seien. Chursachsen und Weimar behaupteten daher: Fischberg sei ein uralt Hennebergisches Erbamt gewesen, und Fulda habe es unter dem Schein eines Wiederkaufs an sich gebracht. – Es ist aber über dieses Amt, ob ursprünglich Fuldaisch oder Hennebergisch so lange disputiert worden, bis der dreißigjährige Krieg einfiel.“

Mögen nun erst die auf Seite 32 von uns übergangenen Angaben des alten Fischbacher Kirchenbuchs hier eingerückt seien, welche einen der Herren von Haun) betreffen, der vor dreihundert Jahren Großbesitzer des Schloß- oder Ritterguts von Fischberg zu Diedorf war: „anno 1567 zu Diedorfs Junker Jorgen von Hun eine Dochter getaufft. Drey gefatter, meine fraw (Pfarrin), ferner Katharine zu Ostumb, (wohl Ostheim) und der probst auf der zell Hermann von Winterhausen.“- anno 1569 zu Diedorf Junker Jorgen von Haun ein Junger sohn ist geboren mitwoch nach Judica und montag nach palmsonntag getauft, gefatter Ludwig von Boyneberg zu Lengsfeld. Die tauffet hat zwen tag gewehret, drauf gewesen Hans Wilhelm von Boyneberg, Hans Jorg jun. seine schwester Sybilla sampt andern. – In demselben Jahre stand zu montag miseric. bei Herrn Cunradi Eberhards tochterlein als gevatterin Barbara, Junker Jorg von Haun’s tochter; da sind 12 tisch gewesen mit 116 personen. 1570, Aug. 13. eine Taufe in Northeim bei dem Werner Witzenstein; gevatter Jorge von Haun’s sohn Fridericus und Balthasar speharts toechterlein. – 1579 zu Diedorfs Welsch Hansen des edlen ernvesten Jorgen von und zu Haun Voigt eine Junge tochter d. 18. Mai geboren und den 19. getaufft. Die gevattersche Anna, Cyrussen tantz von Nithardshausen fraw. Die tauffet ist ins Junkers Hauß gehalten worden, sind 84 maß wein’s getrunken worden“

 Gehen wir im Geschichtlichen weiter: „Von 1483 ab hat Henneberg das Amt vollständig, aber nur pfandweise besessen. 1511 ist zwischen Graf Wilhelm VI. von Henneberg und dem Stifte Fulda ein vollständiger Pfandvertrag abgeschlossen worden; nach welchem derselbe das Amt Fischberg auf Lebenszeit innen behielt. Wollte nach des Grafen Tod das Stift das Amt wieder einlösen, mußte es in einer bestimmten Frist diesen Pfandvertrag kündigen. 1583 erlosch das Henneberger Grafengeschlecht. – Fulda ging 1593 einen neuen Vertrag ein, wonach dem sächs. Hause das Amt und Gebiet Fischberg bis 1624 belassen sein sollte. (n. Kronfeld.) Heim berichtet dazu: „Beide Theile, Sachsen und das Hochstift Fulda wandten sich, als Fürst Georg Ernst von Henneberg Schleusingen 1583 gestorben war, an Kaiser Rudolphum II. Die Commissare kamen in Salzungen zusammen, wurden aber nicht einig. 1593 d. 25. Mai war Conferenz in Schweinfurth. Man einigte sich: die Pfandverschreibung solle auf 31 Jahre verlängert werden, dagegen Sachsen 25 Tausend Gulden an Fulda zahlen. – Das Amt Fischberg ist dann mit 418 Steinen, deren jeder auf der einen Seite mit H. und auf der andern mit F. bezeichnet, versteinet worden.“ Dieser Grenzsteine findet man heute (1897) noch so manchen z. B. am Windberge, od. gleich hinter dem Heftberg, nordwestl. von Kaltennordheim.) Mit dieser Versteinung war jedoch keineswegs die Fischberger Herrschaftsfrage gelöst!

Der Streit um das Amt Fischberg dauert fort.

Kronfeld erzählt weiter: „Nach Ablauf dieser Zeit (bis 1624) meldet sich Fulda wieder zur Einlösung, doch durch die Wirren des damaligen Krieges kam die Sache nicht zum Austrag. Bei der Teilung der Grafschaft Henneberg (1660) blieb das Amt Fischberg gemeinschaftlich, aber von Kaltennordheim aus verwaltet, unter Eisenachischem Direktorium. Wie das Verhältnis der Zugehörigkeit des Rittersitzes des Junker von Haun in Diedorf zu dem Bergschloß Fischberg im Einzelnen war, läßt sich nicht angeben; daß Letzteres aber der Sitz des Gerichts- und Verwaltungsamt Fischberg an zweihundert Jahre lang gewesen ist, unterliegt keinem Zweifel. Der Zeitraum wird von etwa 1330 bis 1525 angenommen, der Amtsbezirk Fischberg bestand aber noch gegen 145 Jahre länger. Im „Amptsbuch der Pfarr’ Kalten-Northeimb“ ist notiert: „1672 d. 25. Sptb. ist das Ambt Fischbergk vom Ambte Kalten-Northeimb separiret; worden und Ihrer Durchlauchtigkeit Georg Johann Ernsten zu Weimar zugefallen.“ – Da das Schloß Fischberg, wie Heim annimmt, im Bauernkriege (1525) ruiniert worden ist, kann wohl das Diedorfer Schlößchen zeitweilig auch Amtshaus gewesen sein. Ob bis dahin seit 1660 oder länger noch der Amtssitz in Kaltennordheim war, ist ungewiß. Das alte Pfarrbuch von Fischbach berichtet auch „1686, den 29. Sept. sind Ihre Hochfürstliche Durchlaucht Herzog Johann Georg zu Sachsen-Eisenach, welcher das Direktorium als ältester Herr über das Amt Fischberg gehabt, Abend um 6 Uhr im Walde beim Jagd-Häuslein unweit Oeckershaußen und Oetterwinden durch einen starken Schlagfluß von dieser Welt abgefordert worden.“ –

Fulda hatte (nach Kronfelds Angabe) indeß nichts Ernstliches gethan, um wieder in den Besitz von Amt Fischberg zu gelangen, ließ sich aber als Eigentumsherrn mithuldigen. 1702 kündigte das Stift die Wiedereinlösung und wendete sich an den Kaiserlichen Reichshofrat, welcher die betreffenden Fürsten anwies, der Pfandverschreibung von 1593 nachzukommen:“

Abt oder Graf?“ Die alte Frage,
Die spitzte sich hier nicht zur Klage,
Entzündete hier nicht den Streit;
Es drehte sich ja nur um’s Pfand,
Es kam d’rauf an, wer rasch zur Hand
Im Fischen traf die rechte Zeit.
Man ließ sich’s beiderseits nicht grauen,
Schnappgalgen nächtlich aufzubauen;
Solch’ Hochgericht schreckt auch noch nicht,
Hochstift Fulda fragt’s Reichgericht.
Nun ward ein Krieg irregulär,
Und da siegt’ Weimar’s Militär!

Heim schreibt: „1704 wurde Albertus Abt in Fulda, und der thate die Aufkündigung der Pfandverschreibung. Sachsen wollte sich nicht bequemen. Albert klagte bey Kaiser Joseph d. 27. Nov. 1704. Man hielt wieder verschiedene Conferenzen. – Der Herzog zu Sachsen-Zeitz machte nun den Anfang 1705 und gab seinen Antheil von Fischberg an Fulda ab (und wird darob in den Fuldaer Schriften sehr gerühmt); die andern Betheiligten, damit nicht einverstanden, besetzten das Amt militärisch. Weimar sagte: Sein Canzlar habe die Gütigkeit seines Herrn gemißbraucht; aber auch der Oberaufseher zu Schleusingen, Herr von Beust.

Der Coburger Canzlar Burkhard Roßler berieth den jungen Herrn von Meinungen Ernst Ludwig auch zur Nachgiebigkeit und gab Meiningen seinen Antheil 1706 an Fulda. Des Herzogs Wilhelm von Sachsen Eisenache beyde Räthe Ludolf und Fickert hatten dieselben Grundsätze: fuhren mit Fulda durch Bausch und Bogen und gaben 1707 Amt, Gerechtigkeit und Jagden dahin. – Wie theuer aber? wissen Verschiedene; ins Publikum aber ist nichts gewiß geschrieben worden.[2] Der Amtmann Müller zu Kaltennordheim hatte, als eine kleine Obrigkeit, 1000 Dukaten sollen verehret bekommen, nur daß er sich passive verhielte, so er aber nach einem verwunderungswürdigen und fast nicht leicht erhörten Vorbild ausschlug; und zeigt ferner, die Erb-Hennebergische Gerechtigkeiten wären Fulda fast weit über Hundert Tausend Thaler zu stehen gekommen. Unterdessen, nachdem die Herren und Diener befriedigt waren, wurde das Amt und Erb-Hennebergische überwiesen, wobey aber Hessen und Sachsen-Gotha protestierten. Des Herrn Abts Adelberti fürstl. Gnaden nahmen den 25. März 1707 Amt, Jagd und Huldigung ein: ihm wurden 12 Dörfer überwiesen. Man sagt aber noch heutzutage bei den Bauern: „Er ist aus den eilf Dörfern“; Also wußte damals und noch jetzo die ganze Hennebergische Welt: In Fischberg sind eilf Dörfer: also, wann man auch einen fragt: „Wo kommt ihr her? – Aus den eilf Dörfern! Das zwölfte, so Fulda mit denen Erb-Hennebergische gewonnen, ist Andenhausen, so ehedessen denen Herren von der Tann gewesen und ihnen, wie die Alten sagen, von denen Hennebergischen Grafen um eines Jagdfehlers willen eingezogen worden. Und von der Zeit an hat das Hochstift dieses Amt ruhig besessen.“ Weinrich gedenkt des damaligen Verwalters des Hochstifts Fulda mit folgendem Nachrufe:: „Adalbertus von Schleiffras (seit 1700 Reichsfürst) Abt zu Fulda und Ertz-Cantzlar Ihre Majeatät der Römischen Kayserin. – Seinem hohen Charakter eine Genüge zu geben war er jederzeit eyfrigst bemühet, hat auch dasjenige werkstellig gemacht, was von seinen Herren Vorfahren keiner ausführen können, nemlich daß er das schöne und austrägliche Amt Fischberg, welches so lange hundert Jahre dem Fürstlichen Haus Hennenberg und Sachsen verpfändet gewesen, wieder einlösete. . .! Es wurde zwar von denen Herren Hertzogen zu Sachsen das ungekränke freye Exercitium Religionis Evangelieae (d. i. unbehinderte Ausübung der evangelischen Religion) vor die übergewiesene Untherthanen ausbedungen, und hat es Ihro Hochfürstliche Gnade auch jedesmahl steiff erfüllet zu sehen verlanget: weil aber die Evangelischen Geistlichen dießes Amts bißher in gar großer Widerwärtigkeit unter sich geleget, so dürffte wohl nicht viel Gutes dadurch erbauet worden sein. Anno 1714. d. 4. Okt. ging gerühmter Abt mit Tod ab.“[3] Heim, der alte und Kronfeld der neue Chronist, stimmen ziemlich genau in Folgendem überein: 1741 d. 26. Septb. verstarb Hzg. Wilh. Heinrich zu Sachs. Eisenach und mit ihm erlosch die Sachs. Eisenachische Linie. Der Durchlauchtigste Herzog Ernst August – sagt H. – erbte die Lande. Sachsen Eisenach hatte in dem Amte Fischberg auch ein Stück Fischwasser besessen, (Kfld. bemerkt: von der Kaltennordheimer Brücke bis zur Fischbacher Kreuzwand) und sobald die Nachricht von Wilhelms Tod kam, ergriff der Amtsvoigt von Dermbach Gaudentius Krüpler als fuldaischer Beamter Posession (Besitz) und ließ ausfischen und suchte das Besitzrecht auch auf dem Erb-Hennebergischen zu behalten. Dahero wurde auf dem Neuberg bei Wiesenthal ein Hochgericht (d. i. ein Galgen) erbauet, und drei Missethäter (Heim schreibt: etliche Verdächtige von Gehaus) sollten daran gehenkt werden. Amtmann Müller von Kaltennordheim berichtete diese Vorgänge rasch an den Herzog zu Sachsen-Weimar, und derselbe schickte den Regierungsassessor Göckel nebst einiger Mannschaft ab; sie hieben am frühen Morgen den Galgen um, richteten einen neuen Schnappgalgen auf und ließen in Jena einen maleversante (Missethäter) holen. (Kfld. schreibt einen Delinquent aus Eisenach mitbringen) und ihn daran henken“. Das war Besitzergreifungsakt. – Heim bemerkt noch: „Sachsen Weimar sagte: Fulda hat keine geistliche Gerichtsbarkeit in dem Amte, sondern der Bischof zu Wirzburg, und von demhaben wir sie erlanget.“ Und es ist gar bedenklich, daß in allen Dorfschaften sich Leute fanden, die genau wußten, daß ihr Haus, ihre Mühle, ihre Schenke sey Erbhennebergisch u. s. f., daß also die Erbhennebergische Gerechtigkeiten keine Hirngespenste wären.“ Das Hochstift Fulda klagte zu Wetzlar, 1742, und Sachsen-Weimar erhielt ein Mandat, und da es sich weigerte, das Amt zu räumen, wurde 1743 die Execution auf den Oberrheinischen „Crais“ erkannt, so aber Weimar nicht annehmen wollen: Denn Fischberg gehörte zu dem Fränkischen Crais (Kreis).“ Kronfeld erzählt besonders: ,,Fulda bot alle waffenfähige Mannschaft im Amte Geisa und in den anliegenden andern fuldaischen Aemtern auf und 2 Compagnieen regulärer Miliz sollten in Dermbach einmarschieren. Ernst August hatte das im Amt Kaltennordheim schon eingerückte Militär schnell verstärken lassen und besetzte d. 8. Sptb. 1741 den Ort Dermbach, und nach und nach wurde das ganze Amt occupiret. Am 2. Oktb. kamen sogar die „Heere“ an einander, fuldaischerseits blieb 1 Mann, weimarischerseits wurde einer verwundet, gefangen, halb tot geschlagen, eingekerkert. Das Alles machte Aufsehen im deutschen Reiche.

Der Streit zog sich aber noch in die Länge; 2 Herzöge und 2 Fürstabte starben indeß. Weimar erwarb sich vielen Anhang und behielt das Amt in Besitz.“ Heim sagt: „Unter Königlich preußischer und Chur-Brandenburgischer Mediation (Vermittelung) verglichen sich die Partheien. Am 24. Mai 1764 ward der Vergleich zwischen Herzogin Amalie von Weimar und Fürst Heinrich von Bibra zu Fulda geschlossen. Weimar bekam Alles, was über dem Feldafluß rechter Hand liegt, als Fischbach, Wiesenthal und Urnshausen mit Hoheit und Wildbahnen; Fulda aber behielt die neun Dörfer über der Felda (linker Hand). Die drei genannten Orte that Weimar zum Amte Kaltennordheim.

Wie es in kirchlicher Hinsicht sollte gehalten werden, darüber ist, wie schon angedeutet, ein besonderer Revers und Sicherheitsbrief von Fulda an die Unterthanen gegeben worden, den wir bei dem später folgenden Abschnitt über Kloster Zella wahrscheinlich mehr erwähnen.

Amt Fischberg Fuldaer Anteils trug nun mit dem fuldaischen Gerichte Dermbach das Schicksal des Stiftes Fulda im raschen Wechsel seiner Oberherren. 1802 kam es an Prinz Wilhelm von Oranien, zu welcher Zeit der Amtssitz von Dermbach in das Gebäude der aufgehobenen Probstei Zella verlegt wurde. 1806 nahmen die Franzosen das fuldaische Gebiet ein und bildeten wieder das Amt Dermbach. 1810 that Napoleon I. den größten Teil vom Fürstentum Fulda und vom Amtsbez. Dermbach an das neugestaltete Großherzogtum Frankfurt (unter Erzbischof Karl von Dalberg, dem Primas des Rheinbundes.) Der „Amtsname Fischberg“ verschwand, an seiner Stelle trat die Bezeichnung „Distrikt“. 1815 kam das Fürstentum Fulda an Preußen, und dieses trat am 22. Septb. desselben Jahres schon die Aemter Geisa und Dermbach an Sachsen-Weimar ab. Fischbach, Wiesenthal und Urnshausen kamen wieder zum letztgenannten Amte, welches z. Z. teils dem Amtsbezirk Lengsfeld und teils dem von Kaltennordheim einverleibt ist.

Zusatz. Daß die aufrührerischen Bauern 1525 das Schloß Fischberg nicht bis auf den Grund zerstört, und daß auch 1634 die fanatischen d. h. glaubenswütigen Croaten diese Ruine nicht bis in die tiefsten Räume durchwühlt hatten, dürfte die an den Fischberg sich knüpfende Sage darthun: „In dem Kellergewölbe fanden Leute von Klings noch einen Abendmahlskelch, und eine weiße Jungfrau klengte vor den Schloßtrümmern auf einem Tuche gelbe Knotten, die sich in rötliches Gold verwandelten.“


aus
C. E. Bach
„Im Tullifeld“
Eine historisch-landschaftliche Umschau in engerer Heimat
– der Vorderrhön –


[1] Aus den Notamina’s eines späteren Pfarrers zu Neidhartshausen in einem Aktenheft der dortigen Pfarrei.

[2] Schules giebt den Rezeß v. 6. April 1707 in Bd. II. s. Chronik genau an, und da heißt es: „Hingegen versprechen S. H. F. Gnaden zu Fulda die verabredete Summe der Dreisig Tausend Gulden rhnsch. in der Stadt Geysa baar liefern zu lassen“ u. s. w.

[3] Was oben sagt Herr Weinrich, das klingt uns beinah’ weinerlich.


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