Burgen und Schlösser der Edlen von und zu Tann
Eingangsworte
Nach Friedrichshof im „Buchenland“,
Hoch vor der Nordrhön Ellenbogen,
(Wo Villa „Lichtenau“ einst stand -),
Bin ich auch oft und gern gezogen
Und sah, zum Engelsberg gestiegen,
Westtullifeld hübsch vor mir liegen,
Besonders schön im Ulstergrunde.
Kommt mit! ich zeig mit guter Kunde,
Wie dort an Laubwalds lichtem Saum
Aufragt ein Riesen-Nadelbaum;
Er ist, was man versichern kann:
Die größte deutsche Edel-Tann’!
Uralt schon, wie nur wen’ge Eichen,
Grünt sie doch frisch in einzeln’ Zweigen;
Ihr Stamm wuchs einst trotz allem Sturm
Hoch auf wie Schutz- und Leuchteturm,
Sie streckte ringsaus ihr Gefieder,
Und d’runter ließen gern sich nieder
Die Wanderer wie der Hirt mit Herde.
Dann, daß es um sie wohnlich werde,
Half Bauer, Knecht und Edelmann
An Burg und Landschaft von der Tann;
Nun seht, was sich erhalten hat:
Viel’ Weiler, Dörfer und ’ne Stadt!
Dazu hört an, wenn ich berichte
Nach Chroniken aus Tann’s Geschichte:
»Die Edelinge von der Tannen
Die hatten weite Jagdreviere
Und nahmen auch mit ihren Mannen
Ehrhaften Teil am Fürst-Turniere;
Sie leisteten nach ihrem Eide
Den nöt’gen Schuß und treu’ Geleite
Der leicht verzagten Pilgerschar,
Wenn’s ja „am Hähl“ gefährlich war.
Sie mehrten mancher Not und Plage
Und sprachen Recht am „Cent-Dingstage“.
Wenn auch nicht ausblieb mancher Tadel
An Tann’schen Hauses Einzelsprossen,
Hat’s doch mit altem deutschen Adel
Familienbündnisse geschlossen;
Mit Rat und That, – hier muß ich’s sagen,
Hat sich bewährt in spätern Tagen
Im Ringen um ein einig’ Reich
Als General, manch’ anderm gleich,
Im dän’schen Krieg und Welschland draußen:
Ludwig, Herr „von Tann-Rathsamhausen!“
Drum kommt, Sein Denkmal müßt Ihr seh’n,
Am Stamm der Tann’ wird’s sicher steh’n.
B.
Der Chronist Weinrich, 1723 Rektor in Meiningen, berichtet unter Berufung aus den Würzburgischen Historiker Fries (1491 geboren) u. a. auch auf Dokumente sich stützend, folgendermaßen über Tann:
„Recht zwischen der Hennebergischen Gräntze, nehmlich zwischen der Stadt Fulda und Meinungen und zwar von jener vier Meilen, lieget die Stadt Thann[1]. Die erste Grundlegung dasigen Schlosses wollen die Historici den Gothen beimessen, als sie aus Ungarn ins Römische Reich kommen wären. Flavius Claudius, römischer Kaiser, der um’s Jahr Christi 276 herrschte, war der Gothen abgesagter Feind, erlegte derselben in einem Treffen 320 Tausend; ob aber das Schloß vor oder nach ihrer Niederlage erbaut worden, kann man nicht wissen. Auf dem Platz ihres ehemaligen Tannengehölzes hat die Stadt ihr Lager, und „bekleibet“ davon ihr Name; nächst dabei ströhmet die Olster, welche von Wüsten-Sachsen herunterfleußt. Thann ist ein Platz von großm Alterthum und vieler merkwürdiger Begebenheiten. – Die Herren von der Thann, ein uraltes, vornehmes Frey-Fränkisches Rittergeschlecht, wurden bereits ums Jahr 912, zu Kaysers Conradi Zeit, unter den fränkischen Adel aufgenommen.
Sie theilten sich in nachfolgenden Zeiten in verschiedene Linien, von denen der Thann-Bischoffsheimische Ast so herrlichen Wachsthum genossen, daß er bis jetzige Zeiten in gesegneter Blüthe bewundert wird. Es ergaben sich aber deren folgende Herren: Berchonold und Tarbart v. d. Thann, z. Z. d. Kaysers Conrad I. 911; Henricus, z. Z. Heinrich I. 919-36; Ernst, z. Z. Otto I. 955; Ruperthus I. war an des Grafen Popponi XII. (VI. jüng. Linie) von Henneberg Hofe und im Deutschen Reiche (1180) vortrefflich renommiret; Henricus II.; Andres, (besuchte unter Kayser Henrico VI. 1194 viele Turniere); Werner; Carl, Ortholf, Apel I. (Caroli Sohn) 1361; Apel II.; Fridericus II., lebte lange am berühmten Hofe Landgraffs Heinrich zu Hessen, der „das Kind aus Brabant“ hieß, 1264; Fridericus III., 1406, traf eine gute Mariage (Heirat) mit einer gebornen von Schlitz; Melchior (I.), florirte 1451 im höchsten Estime (Achtung) und zeugte mit Frau Dorothea von Stein zum Altenstein, welche zu Northeim v. d. Röhn gestorben und begraben, etliche Kinder, davon zu merken Melchior, der jüngere (II), fuldaischer Amtmann zu Haselstein, der mit s. Gemahlin Margr. von Mansbach 17 Kinder hatte, von denen wir nur die drey gestifteten Linien bemerken, als da sind Urheber der 1. Linie: Herr Martin v. d. Th., von dem Fridericum IV., Carl II. und Melchior III. stammen. Dieser Melchior begab sich 1542 an den fürstl. Hennebergisch. Hof und bekannte sich 1544 mit Fürst Georg Ernsten öffentl. zur Evangelischen Religion etc. 2. Linie: Herr Eberhard v. d. Th., reisete in der Jugend durch Holland und Frankreich (unter Anführung des nachmals hoch berühmten Baseli-Monneri), den nach dieser Reise Churfürst Johann Friedrich von Sachsen zum Informator seiner Printzen und ferner zu feinem wirklichen Rath und Amtmann auf Wartburg angenommen! Seine Gemahlin Anna, geborne Schenkin von Schweinsberg; sie hatten mehrere Kinder. 3. Linie: Herr Conrad I. v. d. Th., heyrathete Agnes, Hansen von Ostheim uf Frisenhausen, Amtmanns auf Lichtenberg, und Margaretha Truchseßin von Wetzhausen Tochter, 1583 zu Nordheim v. d. Rh. Er starb 1550 und hinterließ 1) Martin, geb. zu Nordheim 1538 in der alten ,,Kimmeten« (Kemnate). Dieser übernahm 1575 die Werneckische Hauptmannschaft des Reichs-Freyen – Fränkischen Adels für die Röhn; hatte 9 Kinder. – 2) Hanß Melchior.
Hans Melchior und Martin von der Tann snd in denen Geschichten ihres Geschlechts sonderbar distinguiret (ausgezeichnet), zwey Brüder gleiches Sinnes und Hertzens. Ihren Adelichen Sitz hielten sie zu Nordheim ,,vor der Röhn«, und hatten zum Herrn Vater Conradum l. von der Thann, der 1498 auf Schloß Haselstein geboren war. – Hanß Melchior war mit 8 adelichen Kindern beglücket, von welchen Otto Heinrich von und zu der Thann zu Hufflar gewohnet und 1640 starb; er überlebte 1635 eine starke Hungers-Noth und 1636 eine große Pest! anno 1640 brannte ihm der Adeliche Burg-Sitz bey dem Croatischen Einfall ab, und er retirirte nach Schmalkalden. Mit seiner Gemahlin, einer geborenen von Russworm, zeugte er den Otto Hermann, welcher wegen seiner vortrefflithen Qualitäten zum Ritter-Hauptmann und zum Direktor der des Heiligen Römischen Reichs unmittelbahren Ritterschafft aller 6 „Orten Landes zu Franken“ ernennet worden; starb 1684.[2]
Aus Heim , Henneberg. Chronika (von 1767) heben wir heraus:
„Stadt und Amt Tann grenzet gegen Morgen an das Sachsen Eisenachische Amt Kaltennordheim, gegen Mittag an das Würzburgische Amt Auersberg, gegen Abend an Fulda und gegen Mitternacht an Geisa und Fischberg. Diese Gegend (als Auersberg und Burg Tann) liegt in dem Gau Tullifeld, in der Grafschaft Popponis von Henneberg, so den Gau Tullifeld besessen. (Nicht weit von Tann, in Batten hat Poppo I. Güter gehabt). Von denen von Nithardishusen oder ihren Erben, denen von Frankenstein, ist die Burg Tann an die »von der Tann« erblich kommen: entweder haben sie ihnen solche wegen ihrer Treue geschenket, oder sie haben sie als ihr Eigenthum gekauft“ –
Die Edlinge von der Tann waren Burgmänner und zwar:
1) auf Frankenberg (im Amte Breitungen a. d. Werra). Nachdem Frankenberg zerstört worden (s. II. S. 114), haben sie die Kemnate in Nordheim v. d. Rhön bezogen.
2) aus Krainberg (s. II. S. 60) und in Salzungen, wo noch ein v. Tannisches Vorwerk besteht;
3) auf Bieberstein, zwischen Fulda und Tann, fuldaisch;
4) in Bischofsheim vor d. Rhön, würzburgisch.“ –
Aus Benkert’s ,,Nordheim vor der Rhöne« -, 1821, erfahren wir:
,,An dem Platze in Nordheim v. d. Rh., wo die Pfarrkirche steht, stand ehemals eine feste Burg; dieß bezeugen noch die gegen Nordost zu vorhandenen, meist verfallenen 2 Wallgräben und alte hohe Mauern; dieß bezeugen auch 7 fast zerstörte Thürme, die die Burg umgaben und beschirmten.[3] Der erste bekannt gewordene Stammherr dieser Linie ist Heinrich von der Thann, vermählt mit Agnes v. Rechtern, der aber schon 942 nicht mehr am Leben war. Seine Wittwe erschien jedoch in diesem Jahre auf dem Turnier zu Rothenburg -; 968 kam Ernst v. d. Th. auf das Turnier von Merseburg, wurde aber wegen Mangel an Ahnenprobe nicht zugelassen. 1160 lebte Friedrich, der nachherige gemeinschaftliche Stammherr. 1165 begleitete Ruprecht (Rupertus) den Grafen Poppo von Henneberg auf das Tournier von Zürich. Heinrich war 1380 Amtmann zu Lichtenberg, so auch 1430 Melchior; Eberhard v. d. Th. war ein Freund Luthers und wohnte 1529 dem Gespräche zu Marburg bei. (s. I. S. 74.) Konrad, gestorben 1550, Würzburgischer Kämmerer und Oberamtmann zu Fladungen und Auersberg; er war der Erste, der sich in Urkunden „von Thann auf Nordheim“ nannte. (Es mag indessen wohl sein, daß die Herren von der Thann schon im XII. und XIII. Jahrh., um welche Zeit sie bereits in Nordheim, Ostheim, Heufurt urkundlich als begütert erscheinen, die Burg angelegt haben.)
1640, Freitags vor Pfingsten, wurde Nordheim auf Befehl eines katholischen oder kaiserlichen Kommandanten an mehreren Stellen angezündet und Alles, was den Kaiserlichen in den Weg kam, niedergeworfen; 3 Theile des Ortes und auch die Thannischen Schlösser wurden in Asche gelegt.“ Warum? „Ein thannischer Jäger, der die Glaubensgegner haßte, hatte einen Parlamentär von den Kaiserlichen,· als er an das Barathor kam, von der Schloßstube aus vom Pferde geschossen.“ – Der Letzte aus diesem Geschlechte derer von Thann, Carl Friedrich, der sich manchmal zu Nordheim und Huflars aushielt, verkaufte das Erbe seiner Väter im Anfange des 19. Jahrhdts. und lebte nun mit seiner Familie zu Schweinfurt. Im Jahre 1808 d. 1. März starb zu Nordheim Rosina Sophia v. d. Thann, Tochter Friedrichs v. d. Th., sie bewohnte als die Letzte aus dieser Linie das „alte Schloß“; das Fräulein zeichnete sich durch Wohlthätigkeit sehr aus, war von der ganzen Gemeinde im Leben hochgeachtet, im Tode tief betrauert. Der Pfarrer von Oberwaldbehrungen hielt die Leichenrede.[4]
Das von Tannische Gebiet im Tullifeld erstreckte sich dereinst auf nachgenannte Dörfer, Höfe oder Weiler bezgl. Rittergüter oder Schlösser:
»Die Dorffschaften, die zur Thann gehören, werden, (wie Weinrich bemerkt,) in 4 Viertheile gefasset, deren jedes unter einem Amtsschultheißen stehet, welcher Herrschaffts wegen constituiret wird, dem Dorff-Schultheißen, den jede Gemeinde reyhum wehlet, entgegengesetzet ist. Die vier Theile heissen:
I) das Wendershäuser (mit Wendershausen, Hartathurn, Hunds-Bach und Dippach). 2) das Habeler (mit Habel, Habel-Graben, Schwartzeborn, Mohlarts-Hoff, Neustädtgen, Ißmannsgraben, Oberrückersbach, Unterrückersbach, Alt-Schwammbach, Neu-Schwammbach, Aura, = 11). 3) das Neußwerthser, dem untergeben sind Neußwerths, Meerschwinden und Günthers; 4) das Schlitzenhäuser, zu welchem gehören: Schlitzenhausen, Seitswinden, Theobalds-Hoff, Knoten-Hoff, Dietges-Hoff, Engelsberg und Schweyd-Hoff, so auch Dörffer gewesen, sind hiebevor durch die Pest ausgestorben und ietzo Wüstungen. Der Strutt-Hoff ist ein Adelich Ritter-Gut; und haben die Herren von der Thanne noch mehr solcher Ritter-Güter, als zu Ostheim, zu Nordheim vor der Röhne, zu Hoflars auff der Röhne, zu Ketten, zu Römmersgehag. (Auch finde ich als Thannische Dörffer genennet: 1) Neukirch im Stift Fulda, 2) Geheroda, 3. Bonnland, nicht weit Von HölIerich am Reußenberg etc. etc.“) – Hierzu mögen aus verschiedenen Chroniken noch Angaben über von Tannische Grund-, Lehn-, Pfand- u. a. Besitzungen und Rechte u. dgl. angebracht sein. a. von Sprengseysen berichtet in s. fränk. Magazin: „1406 wurde die Stadt Meiningen wieder käuflich an Ritter Eberhard von Buchenau und seinen Enkeln von der Thann übergeben vom Bischof Johann v. Würzburg für eine Forderung von 18380 Gld.; 1418 nahm der Bischof diese Besitzung denen von der Thann wieder ab. — b. In Schultes Beschreibung der Grafschaft Henneberg: „Birxs, (Percuhis im 9. Jahrhdt.) ein kleines Dorf von 20 Häusern, grenzt gegen Mittag an würzburgisches, gegen Abend an fuldaisches Gebieth. Auch hier ist den Herrn von der Tann die Vogteigerichtsbarkeit, dem Fürstenthum Würzburg aber die Cent zuständig. Die Landeshoheit gehört dem fürstl. Hause Weimar. Vormals besaßen die Herrn v. d. Tann hier ein Ritterguth von 345 Acker Feld und 186 Acker Waldung; sie verkauften es vor einigen Jahren um 19 000 Gld. an die Einwohner und belegten die Güter mit einem jährl. Erbzinß von 19 Gld. rhn. und 2 Mlt. Hafer. Hohe und niedere Jagd in der Flurmarkung ist dem Hochstift Würzburg und den Herrn von der Tann zuständig. – Frankenheim, auf der Oberfläche der Rhön: – Das urbare Getreidland bestehet nur in 864 Acker. Ungleich beträchtlicher sind die Huthplätze und Waldungen, jene halten über 1000, diese bei 308 Acker. Beyde gehörten vormals den Herrn v. d. Tann, die aber selbige für 30000 Thlr. verkauften und einen Erbzinß darauf legten. – Die Wüstung Lichtenau bei Kaltenwestheim (s. Heft I. S. 18) nebst 1 Guth zu Niederweyher und einige Güther zu Kaltensondheim wurden von Heinrich XII. bzl. IX. v. Henneberg um 1500s Pfd. Heller verpfändet an Heinrichen von der Thann.[5] In Unterwaid gehört Vogtei und Lehnschaft den Herrn v. d. Tann, denen der größte Theil der hiesigen Güther lehn- und zinßbar ist; ihnen gehört auch die Hohe- und Niederjagd, wobei die Gemeinde an 3 Tagen des Jahres die Treiber stellen und die Jagdbedienten frei zu halten hat. – Der Anzenhof bei Oberwaid (4 Häuser und 60 Acker Feld und so viel Wiesen) gehörte bis ins 17. Jahrhundert den Herrn v. d. Tann, bis er unter die 4 Besitzer gegen jährl. 4 Gulden und von jedem 3 Mlt. Korn nnd 3 Mlt. Hafer zerschlagen wurde. – In Ostheim kamen die zwei Altensteinische, nachher Tannische Rittergüter 1782 durch. Kauf an den Marquis de Soyecourt. Das Oberwaldbehrungen, ein ritterschaftlich Dorf bei Urspringen, der Cent Fladungen unterworfen, besitzen die Herrn v. d. Tann als Eisenachisches Mannlehn. Bei Stetten die Wüstung Korps (Kürbs), s. Heft I. S. 18, verkauften die Herrn v. d. T. an die Gemeinde« – c. Nach Benkert (1821): In Neustädtles, 1 Std. nordöstl. von Nordheim vor d. Rh. erscheint seit Mitte des 15. Jahrh. die freiherrlich von Tannische Familie im Besitz des Ritterguths; nun ists dem Reichsgrafen von Soden. d. Nach Binder: Otto von Herbilstadt verkaufte 1366 seine Gitter in Oftheim und Gartenhausen an H. v. d. Tann; desgl. 1385 Paulus Herbilstadt halb Rieden an H. v. T. In dem zu Lichtenberg gehörigen Kaltensondheim amtierte vorübergehend, 1699 z. B. ein Hochherrlich „Thännisches Gericht“. (Der Herrschaft Tann wurde bereits gedacht in Heft l. auf S. 13, 16, 22, 39, 43, 58, 65, 70, 72, 74. – In Heft II. auf S. 28, 29, 32, 36, 45, 47, 55, 60, 6l, 70, 71, 83, 88, 93, 96, 103, 111.)
Spiess sagt (1882) über Tann Folgendes:
„Im engen grünen Grunde, zwischen dem Habel- und Engelsberg gehts in das königlich preußische (früher bis 1866 bayrische) Städtchen, „in die Tann“, im Bezirksammt Gersfeld, im Landgericht Hilders. Die Stadt ist noch teilweis mit Mauern umgeben und südlich mit einem alten malerischen Thor geschmückt. Die Gebäude sind ärmlich; 3 freiherrliche von Tann’sche Schlösser (das rote, gelbe und blaue) sind daselbst; außer dem gelben sind sie ganz einfach und schmucklos. 968 erscheint in den Jahrbüchern ein Ernst v. d. T. auf dem Tournier zu Merseburg; 1165 sah man ebenso einen Ruprecht v. T. in Zürich, und 19 Jahre später glänzt ein Friedrich v. d. T. zu gleichem Zwecke als Ritter[6] in Regensburg.
1197 besaß Fulda die Stadt, im 13. ·Jahrh. war sie zur Hälfte Hennenbergisch. 1541 begnadigte sie Kaiser Karl V. mit dem Stadtrecht. 1806 kam Tann durch die Rheinbundsakte an das Großherzogthum Würzburg, 1814 an Bayern; 1820 ward es Patrimonialgericht, dann freiherrlich von Tann’sches Herrschaftsgericht (Buchonisches Gebiet im fränkischen Kreis Rhön-Werra), dessen Gebiet 3 Stunden lang, 2½ Std. breit mit 43 in 4 Viertel geteilten Dörfern, bis es zuletzt dem Landgericht Hilders einverleibt wurde u. a. m. Den 9. Januar 1867 und den 12. Mai 1879 entstanden bedeutende Brände in Tann; bei letzterm fielen 86 Häuser, 240 Nebengebäude und die Stadtkirche in Asche. – Schneider bemerkt dazu (1896) in seinem „Führer durch die Rhön“: „Der verheerende Brand legte den südöstlichen Stadttheil samt der Hauptkirche mit ihren Sehensmürdigkeiten, wozu das Grabdenkmal der Drillingsbrüder von der Tann, der Stammväter der jetzigen drei Linien gehörte, nieder. – Die neue, in frühgothischem Stile erbaute Stadtkirche, die größte Zierde der ganzen Umgegend, wurde im Septb. 1889 eingeweiht. –
Die drei im Kasernenstiele im 17. Jahrhdt., an Stelle der alten Burg Tann, im Viereck erbauten Schlösser liegen nebst Oekonomiegebäuden und Gartenanlagen auf der Westseite der Stadt, zuvorderst das rothe, an der Nordostecke das blaue und nach der Westseite das gelbe, das größte. Letzteres ist der Stammsitz des berühmten bayerischen Generals der Infanterie, Ludwig Freiherrn von der Tann-Rathsamhausen.
Wir fanden es bisher nicht ratsam, in unserm „Tullifeld“ Kriegsgeschichtliches ausführlicher zu bringen; bei dem Abschnitte über Tann machen wir gern eine Ausnahme, weil Stadt Tann sich anschickt, das Denkmal eines Kriegshelden der neuern Zeit zu enthüllen. Es gilt hier,
Ludwig Arthur Samson
Freiherrn von und zu der Tann-Rathsamhausen.
wie ihn Dr. Bernhard Rogge, Hofprediger, in seinem Sedan-Büchlein (Dresden, Verlag V. Thiele, 1895, Seite 123-126) riihmend erwähnt, auch so anzuerkennen:
„Am 18. Juni 1815, am Tage der Schlacht von Belle-Allience, zu Darmstadt geboren, war er von Geburt Hesse. Doch steht das Stammschloß seiner Väter in dem früher bayrischen Bezirk Gersfeld, der 1866 an Preußen abgetreten worden ist. Am 1. August 1833 trat er in das I. bayr. Artillerieregiment, und 1840 wurde er Oberlieutenant im Geueralquartiermeisterstabe. 1848 ernannte ihn König Max zum Major und zu seinem Flügeladjutanten. Am 21. April desselben Jahres glückte es ihm schon, mit seinem aus 4 Kompagnien bestehenden Freikorps (Hamburger, Kieler und Magdeburger) bei Altenhof an der Eckernförder Bucht einen lebhaften Vorstoß der Dänen zurückzuweisen. Am. 7. Juni leitete er als Führer sämtlicher Freischaren den glänzenden Ueberfall bei Hoptrup. 1849 machte er als Generalstabs-Chef der bayrischen Division und 1850 als Chef des Stabes der schleswigholsteinischen Armee die Feldzüge mit. Nach München zurückgekehrt, stieg er bis zum Generaladjutant seines Königs auf. 1864 wohnte er der Erstürmung derDüppeler Schanzen bei. 1866 wurde er dem Oberbefehlshaber des bayrischen Heeres, Prinz Karl, als Generalstabschef zur Seite gestellt. Größern Ruhm noch hat sich v. d. Tann 1870-71 im deutsch-französischen Kriege erworben. Sein I. bayrisches Armeekorps hat die siegreichen Schlachten von Wörth, Beaumont und Sedan mitgeschlagen; bei dem blutigen Kampfe um Bazeilles behauptete es sich auf den rauchenden Trümmern des Dorfes gegen alle Anstrengungen der Franzosen. Bei Artenay am 10. und bei Orleans am 11. Oktober schlug er den General de la Motterouge und hielt die Wacht an der Loire bis zum Novbr. hinein. Am 9. d. Mon. kämpfte er mit großer Tapferkeit bei Coulmiers. Das von Tann’sche Korps zeichnete sich bei Loigny und Beaugency von neuem aus; dann stand es vor Paris bis zum Falle dieser Hauptstadt. – Nach Beendigung des Kriegs ist General v. d. Tann bis kurz vor seinem Tode an der Spitze des 1. bayr. Armeekorps in angestrengtester Friedensarbeit thätig gewesen. Ein Herzschlag traf ihn am 26. April 1881 zu Meran in Tyrol!«
Professor Dr. W. Oncken, Verfasser von „Unser Heldenkaiser“ (Berlin, bei Schall und Grund, 1897) gedenkt des Generals v. d. Tann bezw. der tapfern Bayern auch recht ehrend. Wir heben aus genannten Schriftwerk hervor v. (S. 147)
„Als ich“, erzählt der König in seinem Schlachtbericht an die Königin, um 8 Uhr auf der Front vor Sedan eintraf, begann die große (bayrische) Batterie gerade ihr Feuer gegen die Festungswerke. Auf allen Punkten entspann sich nun ein gewaltiger Geschützkampf, der Stunden lang währte und während dessen von unserer Seite nach und nach Terrain gewonnen wurde . . . . (Seite 219: Aus dem Briefe Kaiser Wilhelms an die Kaiserin Augusta, aus Versailles v. 14. Febr.1871: ,,Gestern und vorgestern rückten hier mehrere Regimenter ein und durch von der 22. Division, die seit dem 7. Okt. im Westen unausgesetzt am Feinde waren, erst unter von der Tann, dann unter Mecklenburg als selbständiges Corps und zuletzt unter ihm zur II. Armee gehörig; es hat zwischen 20-30 Schlachten und Gefechten bestanden, alle horreus des Wetters vom nassesten Herbst, Kälte, Schmutz u. a. durchgemacht, sehr große Verluste gehabt, sich stets mit der größten Auszeichnung geschlagen, immer gesiegt, große Ehre eingelegt . . . !!!
Ein Mitkämpfer im «Tann’schen Corps, Karl Tanera, hat eine Brochüre, betitelt: Von der Tann. Ein deutscher Held. (Regensburg, bei Wunderling,) 1896 herausgegeben, die alles Rühmliche, was wir aus den zwei vorbemerkten Schriftwerken entnahmen, ausreichend bestätigt. Daraus heben wir schließlich hervor (aus S. 1).:
„Ludwig von der Tann-Rathsamhausen. Wenige kannten bis 1848 diesen jungen bayrischen Offizier[7]. (Seite 3: „Schwer ließ ihn König Maximilian II. ziehen. Aber er gewährte ihm die Bitte, denn Tanns ganzes Herz hing an dem Gedanken des schleswigschen Kriegszuges 1848. Mit „von der Tann“ zogen noch 7 andere bayerische Offiziere nach Norden, um den Kampf für deutsche Ehre mit zu fechten. Es waren: Hauptmann Max Graf von Bothmer, Oberlieutenant Aldosser, Oberlieutenant Ludw. Freiherr von Gumppenberg und die Lieutenants Corneli, Bouteville, Waldmann und Schanzenbach . . . (Seite 6-8: „Am 21. April ließ der Angriff des Gegners nicht lange auf sich warten, 700 Dänen rückten gegen die 320 Freiwillige v. der Tann vor; doch der Dänen Linien stockten und waren bald um keinen Preis mehr vorzubringen. Das Alles verursachte jener deutsche Offizier, der, in seiner hellblauen Uniform weithin erkennbar, ununterbrochen von Schützenkette zu Schützenkette eilte. Der Feind ließ das Feuer seiner besten Schützen auf ihn richten. Keine Kugel traf ihn . . . (S. 8: »Die Freiwilligen selbst erkannten recht gut, wem sie ihre eigene Leistungsfähigkeit und damit ihren Erfolg verdankten: „Unserm von der Tann!“ (S. 9: Am 1. Juni wurde ein neues Freikorps (1200 Mann) dem Major Freiherrn von der Tann unterordnet. . . . (S. 14: 1849 d. 26. März brach der Krieg in Schleswig-Holstein von neuem aus. Da mußte v. d. Tann wieder dabei sein. Im Oktober 1850 rief der König von Bayern den v. der Tann an seine Seite zurück. (S. 15: Am 10. März 1864 starb Max II. – Auch König Ludwig ll. erkannte den Wert v. d. Tanns. – (S. 16: Gegen seinen Willen wurde er 1866 vom Prinzen Karl zum Generalstabschef bestimmt und zog schweren Herzens in den Kampf. (Jahrelange Fehler, ein falsches System, veraltete Zustände rächten sich an Bayern blutig! Die beiden Männer, Prinz Karl und sein von der Tann, konnten aber am wenigsten im Lande dafür zur Rechenschaft gezogen werden.) Nur zwei Umstände boten unserm v. d. T. noch etwas Trost: der König und die Armee bewahrten ihm ihr Vertrauen! und sein treues Weib, die geborne Gräfin von Voss, suchte ihm in seinem Heim zu ersetzen, was draußen eine undankbare Menge an Liebe und Achtung ihm rauben wollte. (Seite 17: Am 3. August 1870 stand das 1. bayrische Armeekorps zum ersten Male vollzählig vereint bei Germersheim auf dem linken Rheinufer, General v. d. T. ritt durch die Biwaks. (S. 19: Am 30. August haben wir tüchtig drein gewettert. Das V. u. VII. französische Korps wissen von Bayernhieben bei Beaumont zu erzählen. Bisher nur Korpsführer, hat v. d. Tann doch bei Sedan auch Feldherrntalent bewiesen. Am 6. Okt. erhielt er den Befehl, mit seinem Armeekorps, der 22. preuß. Infanterie-Division und der4. .Cavallerie-Division bis Arpajon und Etampes der feindlichen Loire-Armee entgegen zu gehen. (S. 23: In der Nacht zum 9. Nov. zogen wir hinaus nach Coulmiers. 75 000 Franzosen gegen 19000 Deutsche! Da sah ich Unsern v. d. T; es war eine Gestalt aus Erz. – In der Nacht zum 10. Nov. legten wir noch 36 Kilometer zurück bis Toury. (S. 25 bis 26: Nach und nach brachten die Franzosen fast 250000 Mann an und hinter der Loire auf die Beine; unsere Armeeabteilung war kaum 40000. Nicht ein Dritteil, sondern die Hälfte der Unsern mußten mit ihrem Blute beweisen, daß ihnen ihre und ganz Deutschlands Ehre höher stand als das eigene Leben. . .“
aus
C. E. Bach
„Im Tullifeld“
Eine historisch-landschaftliche Umschau in engerer Heimat
– der Vorderrhön –
[1] Jetzige Schreibweise: Tann (am Engelsberg) neupreußisch. Thann, oberelsäßisch, (a. d. Ruine Engelsburg); Tanna, reußisch, b. Saalburg in Thüringen.
[2] Binder giebt in seinem „Amt Lichtenberg vor der Rhön“ S. 480 sub 21 eine genealogische Tabelle im Auszuge, der wir folgende Angaben entnehmen:
»Von der Tann: Heinrich, 1347 „von Bischofizheim“, .1366 etc.
Heinrich, 1374 Amtmann zu Fischberg, 1385 zu Lichtenberg, 1386 auf Hildenberg; Gemahlin Felize;
Fritz, 1406 (Gemahl. Margr. von Schlitz gen. Görtz) Amtmann auf Hutsberg;
Melchior, (Gemahl. Dor. v. Stein) Amtmann auf Lichtenberg;
Eberhard, 1495-1567, (Gem. M. Schenk v. Schweinsberg) Amtm. auf Wartburg;
Konrad, † 1550, (Gem. Agnes v. Ostheim) Amtm. zu Fladungen und auf Auersberg;
Martin, 1538-1594 (Gem. M. v. Trümbach) Amtmann zu Werneck;
Lukas, 1562-1632, Amtmann zu Mellrichstadt;
Konrad, (Gem. Ottilie Keudel v. Schwebda) Amtm. zu Brückenau;
Otto Hermann. Ritterhauptm. 1623-1684, (Gem. Eva Marsch. v. Osth.) – des Otto Heinr. v. Th., u. der Chr. v. Rußwurm, Sohn -;»
Hans Friedrich, Ritterhauptm. 1673-1735 (Gem. Am. v. Mansb.)
[3] Die Ahnen der Herren von der Thann verlieren sich in das graue Alterthum. Ihr Stammort, die Stadt Thann, liegt jenseits des Rhöngebirges im Ulstergrunde; ihr Wappen hat einen gekrümmten Fisch zum Symbole.
[4] Die Familienbündnisse, welche durch Verheiratung von Tannscher Edelfräulein mit adeligen Herren sich knüpften, giebt Binder in seinen genealogischen Tabellen an, nämlich:
In Tabelle I. erscheinen: A Johanna v. d. T.; als 2. Gem. des Eitel Heinr. v. Altenstein, 1575—1637;
Helene v. d. T., als 1. Gem. des Kasp. Christian v. Altenstein, 1608 bis 1647;
Tab. II. Sus. Eleon. v. d. T., als Gem. des Gg. Fried. v. Auerochs, † 1731;
Tab. III. Sophie v. d. T., Gem. des Wilh. v. Bastheim, 1574—1605;
Tab. V. Juliane v. d.T., Gem. des Hans Melchior v. Buttlar, †· 1649, Stammherr der Linie Dietlas-Leimbach.
Tab. XII. Anna v. d. T., Gem. des Georg v. der Kere, † 1478;
Tab. XIII. Marg. v. d. T., Gem. des Georg v. Erb-Marschall Ostheim, 1467; hinterließ 9 Söhne.
Tab. XVIII. Sophie v. d. T., Gem. des Heinr. Christoph v. Stein-Nordheim, 1624-1690; (Nordheim, bahrisches marktberechtigtes Pfarrdorf mit 3 ehemals von Tannischen Schlössern, war früher Adelssitz von Steinau, V. Pape, v. Gebsattel).
Tab. XXIII. Elis. v. d. T., des Philipp Voit v. Salzburg, 1557;
Tab. XXIV. M. S. v. d. T., Gem. d. Ernst Ludw. v. Webern, welcher irrsinnig wurde.
[5] Aus dem ,,Hennebergischen Urkundenbuch« geben wir hierbei eine Urkunde v. 12. Jan. 1343 an, wonach Heinrich v. d. T, von Bischofer genannt, bekennt, daß Graf Heinrich von Henneberg ihm die Wüstung Lichtenau nebst Gütern zu Niederweida, Kaltensundheim, Kaltennordheim und Kaltenlengsfeld um 212½ Pfund Heller versetzt habe. Die Urkunde beginnt:
„Ich Heinrich von der Thanne, von Bischofer genannt. Rytter, Bekenne offentlich pp.·, daz der edel herre Graf Heinrich von Henneberg der jünge pp. die wustenunge, die da heiszt tzü der Lichtinaüwe, die da lyt pober Westhem pp. pp. mit allem nütze und rechte – Für tzwehündert pfunt pp. daz ich und mein erbin sullen ym und sinen erhin die vorgenannten gut wider tzü losin gebe umb daz vorgenante gelt, wen sie wollin, an vorgetz0g (ohn Verzug) und an alle widerrede und an alle gewerde u. s. w.
[6] Es muß befremden, daß in Schneiders Rhönführer eine geschichtl. Bemerkung über das Geschlecht v. d. T. sagt: „Sie waren zur Zeit des Faustrechtes Raubritter“; noch mehr staunt man aber über die Mitteilungen des A. Fuchs, welcher in seinem „Quer durch die Rhön“, S. 29 – die ,,Tanne schlau wie die Füchse« nennt und ihnen nachredet, „daß sie wenig vom Eide hielten“. – In den von mir eingesehenen verschiedenen Chroniken und Sagebüchern habe ich solche Behauptungen nicht bekräftigt gefunden. B.
[7] Der Vater Heinr. Ferdinand Konrad von u.zu Tann, starb 1848 d. 8. Nov.; die Mutter, Sophie von Rathsamhausen, starb 1833 d. 2. Dezbr., – Burg Rathsamhausen im Elsaß hat wohl vordem ihrer Familie gehört.
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