PSI oder Bauplan für eine Seele

PSI-Theorie (Dörner)Was ich nicht bauen kann, kann ich nicht verstehen.

Bauplan für eine Seele“ ist der Titel eines Buches von Dietrich Dörner. In diesem Buch versucht er die  „Seele“ als Regelsystem menschlicher Bedürfnisse → Motivationen → Handlungen mit dem Ziel nachzubilden: Wie könnte eine Maschine aussehen, die so fühlen, denken, wollen und handeln kann, wie der Mensch es kann? Er geht aus Gründen der Anschaulichkeit vom Regelprinzip der Dampfmaschine aus und erweitert es Schritt um Schritt um menschliche Fähigkeiten und fragt nach jedem Schritt, was diese Maschine bisher noch nicht kann und mit welchen Erweiterungen das Programm sich den Fähigkeiten des Menschen annähern könnte. Er will dabei die Funktionsweise des Gesamtsystems Seele nachbilden und nicht die neurologische Struktur des Gehirns. Man könnte sich auch vorstellen, dass das ganz anders realisiert werden könnte als auf der elektrochemischen Grundlage der Neuronen, z.B. mit Schaltkreisen aus Graphen. Schalter aus Graphen haben, wie die Neuronenverknüpfungen die Eigenschaft, dass ihre Übergangswiderstände mit der Häufigkeit ihres Einschaltens sinken. Deren Anwendung aber ist noch unbestimmte Zukunft….

Am besten lasse ich zunächst Dietrich Dörner selbst erklären, was er für Zielstellungen verfolgt. Das gesamte Interview kann unter dem Link auf das Heft herunter geladen werden, bevor ich über meine Meinung dazu schreibe.


Interview mit Dietrich Dörner
– Ausschnitte –
in Zeitschrift KÜNSTLICHE INTELLIGENZ – KI,
Heft 1/2008, Seiten: 34-36
Autor: Joscha Bach
KI: Ein bekanntes Buch aus Ihrer Feder heißt „Bauplan für eine Seele“: Was genau bauen Sie da?
Wir haben den Seelenbegriff des Aristoteles wiederbelebt, der vor 2300 Jahren schlicht und klar sagte: „Die Seele ist das Prinzip des Lebendigen“, oder: die Seele ist das System von Regeln, die funktionieren müssen, damit, wie er sagt, „ein Körper Leben hat“. Die Seele ist ein Regelsystem.
Wir gehen dabei mehr ingenieurtechnisch vor: Wir schauen, was Menschen können und überlegen: Wie muss eine Maschine aussehen, die das auch kann? Dann haben wir einen möglichen Kandidaten für eine Theorie von einem Aspekt des menschlichen Denkens, des Fühlens, des Wollens, oder was auch immer man betrachtet.
KI: Sie schlagen also vor, psychologische Forschung auf dem Weg der Simulation voranzutreiben?
Das halte ich für den einzigen gangbaren Weg. Die rein neurobiologische Hirnforschung bringt nicht viel Aufklärung über die Funktionen! Aus der Hirnforschung lernen wir etwas über die Funktionsweise einzelner Neuronen, wichtige Bahnen auf denen sie verschaltet sind und so weiter, aber wichtig ist doch: Was geschieht auf diesen Bahnen? Was geschieht, wenn wir einen roten Fleck auf dem Resonanztomogramm sehen? Das Ziel unserer Arbeit ist es, das Gehirn im Computer nachzubauen, aber im Mittelpunkt steht dabei nicht so sehr die neuroanatomische Struktur, sondern die Funktion.
Wir schauen beispielsweise: es muss einen Mechanismus geben, der zwischen verschiedenen Motiven auswählt. Wie kann der beschaffen sein? Wir überlegen uns, wie er strukturiert sein kann und dann bauen wir ihn. Wir gucken uns an, ob er dasselbe tut wie das Gegenstück bei Menschen, wenn sie Absichten und Motive wechseln. Wenn wir dann in die neurowissenschaftliche Forschung sehen, stellen wir fest: das könnte vielleicht der Thalamus sein, den wir da gebaut haben, denn der erfüllt diese Aufgabe und hat ganz ähnliche Merkmale, und auf diese Weise stellen wir die Beziehung zum Gehirn her.
KI: Wie unterscheiden sich Ihre Computermodelle des menschlichen Verhaltens von solchen Ansätzen?
Das Wesentliche ist, dass wir immer Motivation und Emotion integriert haben.
KI: Wie funktioniert denn Motivation? Können Sie das in wenigen Sätzen skizzieren?
Das kann man ganz einfach erklären! Das Grundprinzip ist der Regelkreis. Motivation besteht im Wesentlichen aus einer Reihe von Systemen, die versuchen, irgendetwas konstant zu halten oder zu optimieren. Das, was da konstant gehalten und optimiert wird, sind einerseits physiologische Dinge, andererseits – und das ist sehr wichtig – ist es das, was die russischen Psychologen in etwas irreführender Weise „kognitive Emotionen“ nennen. Das ist einerseits ein Bedürfnis nach der Fähigkeit möglichst viel vom Geschehen in der Umwelt vorauszusagen. Das ist also das Bedürfnis nach Bestimmtheit, übrigens auch Bestimmtheit der Innenwelt – ich muss mich selbst auch verstehen. Das andere kognitive Motiv ist das Bedürfnis nach Kompetenz, oder, altertümlich gesprochen: nach Macht. Macht ist die Fähigkeit, etwas bewirken, etwas machen, die Welt so verändern zu können, dass ich meine Bedürfnisse befriedigen kann. Das sind die beiden kognitiven Bedürfnisse, sie führen nämlich beide zu Erkenntnissen. Nebenbei: deshalb kann man Kognitionstheorie nicht ohne Motivationstheorie betreiben; wenn man diese kognitiven Motive weglässt, dann fehlt etwas ganz Entscheidendes.
KI: Darwin hatte seine Finken, und Einstein verfügte über Daten, die die Theorien seiner Vorgänger nicht erklären konnten. Was kann Ihre Theorie erklären, das andere nicht erklären können?
Beispielsweise die Theorie des Absichtswechsels – das ist etwas, das in der Psychologie erst sehr zaghaft als Forschungsgebiet aufgenommen wird, und das können wir meines Erachtens sehr elegant erklären, unter anderem im Hinblick darauf, dass es nur fünf Motivgruppen gibt…
KI: Welche sind diese fünf Motivgruppen?
Das sind zunächst die Motive der Existenzerhaltung. Da könnte man genau genommen über hundert aufzählen, aber man kann Hunger, Durst, Schmerz darunter subsumieren. Als nächstes kommt die Sexualität. Dann die Affiliation – ein Motiv, das oft irrtümlich mit der Sexualität zusammengeworfen wird, ein Erbe der Psychoanalyse! – Denn Affiliation, den Gesellungstrieb, gibt es auch ohne Sexualität. Und schließlich gibt es noch Bestimmtheit und Kompetenz, die beiden kognitiven Bedürfnisse. Natürlich muss man diese Gruppen weiter ausdifferenzieren, zum Beispiel gibt es für die Affiliation ganz verschiedene Mechanismen. Aber wir können sagen, alles, was es noch gibt, setzt sich aus diesen fünf Sachen zusammen.
Eine wichtige Besonderheit unseres Ansatzes sind außerdem die Emotionen. Anders als der in der Psychologie allgemein übliche Ansatz betrachten wir Emotionen nicht als eigenständige Gebilde, die zum Beispiel neben den Motiven und Kognitionen stehen. Emotionen sind Einfärbungen dieser anderen Prozesse. Wenn man von Angst redet, so ist dies nichts Selbständiges. Angst ist eine bestimmte Form des Wahrnehmens, eine bestimmte Form des Reagierens auf Dinge, eine bestimmte Form der Gedächtnisbildung, des Gedächtnisabrufs und so fort. So dass, wenn man das alles wegnimmt, nicht etwa die pure Angst übrig bleibt – sondern gar nichts. Dieses Konzept findet sich in Ansätzen schon bei Wilhelm Wundt, aber es ist den Leuten schwer begreiflich zu machen.
KI: Wenn Sie Ihre Modelle mit menschlichem Verhalten vergleichen, was können Sie schon gut nachbilden, und was können Sie noch nicht modellieren?
Das ganz große Loch ist Bewusstsein, also Selbstreflexion, und damit hängt Sprache eng zusammen. Natürliche Sprache und Sprachentwicklung sind für die menschliche Kognition ganz wichtig und völlig vernachlässigt, nachdem Leute in der Kognitionswissenschaft gesagt haben, die Sprache wäre nur eine Art Gedankentransportsystem, aber hätte mit dem Denken nichts zu tun. Mit der Sprache hängt die Selbstbetrachtung zusammen. Aus unserer empirischen Forschung folgt, dass Menschen gegenüber den Modellen eine größere Varianz, und damit Flexibilität, in ihren Strategien haben, wenn sie Selbstreflexion einsetzen.
Was mich am meisten reizt, neben den Emotionen, ist die Frage der Realisierung von Bewusstsein. Ich glaube, man muss dazu zuvörderst an natürliche Sprache ran.
KI: Auf welchem Weg sollten wir die Sprache erforschen?
Wir sollten darüber nachdenken, was Sprache eigentlich ist. Durch Chomsky ist uns die Frage der Semantik leider aus dem Griff geraten. Die Leute verwenden denselben Begriff im selben Satz oftmals in ganz verschiedenen Bedeutungen, wenn sie zum Beispiel sagen: „Das Institut ist heute geschlossen, es macht einen Ausflug.“ – Das versteht jeder sofort, obwohl mit „Institut“ jedes Mal etwas anderes gemeint ist; die Bedeutung wechselt sofort. Ich finde, Sprache ist unglaublich raffiniert. Wenn man sich diesem Problem nähern will, ist das Buch „Sprachtheorie“ von Karl Bühler von 1934, das in den Neunzigern neu aufgelegt wurde, ein guter Ausgangspunkt. Es ist wichtig, zu verstehen, wie plastisch Sprache mit Realität umgeht, und wie man durch Wortneubildungen und Umdeutungen immer neue Realitäten, und immer neue Aspekte von Realitäten einfängt. Das ist etwas, das die heutige Sprachforschung kaum untersucht. Es wäre aber ein wichtiger Anfang.

Beim Lesen vermutet man (ich) im ersten Moment eine Ähnlichkeit zum Film  „Matrix“. Ich denke aber, die Gehirne im Tank würden in kürzester Zeit auch organisch verkümmern, da sie ja nicht wirklich “steuern und regeln” müssen und vor allem keinen Einfluss auf eine wirkliche Welt haben. Ohne einen Körper, der dem Hirn Informationen über dessen Zustand übermittelt, die dann so verarbeitet werden, dass der Körper zu zweckmäßigen – also „vernünftigen“ – Aktivitäten zur Sicherung des eigenen Überlebens veranlasst wird, macht jedes Gehirn nutzlos; wozu eine Steuerzentrale, wenn nichts zu steuern da ist?
Es ist dabei nicht wichtig, dass dieses Gehirn ein “menschliches” aus Neuronen ist, wie die Gehirnforscher es kennen, sondern dass dieses Gehirn als Teil eines sich selbständig erhaltenden Körpers aktiv steuern und regeln und sich zu diesem Zweck nach Vorgabe der Gene und Anforderungen der Umwelt selbst programmieren muss.
Die „Seele“ konstruiert sich selbst (durch Emergenz [siehe auch unten] der Aktivitäten von rund 100 Milliarden Neuronen und deren 100 Billionen Verknüpfungen) aus den während des Lebens gemachten, strukturiert abgespeicherten Erfahrungen, sie kann nicht nachgebaut werden. Sie, das transzendente Etwas, das wir als unsere Seele empfinden, ist vermutlich nichts weiter als der Abruf (virtuelles Neuerleben) von erinnerten, anhand der Ähnlichkeit zu einer momentanen Situation ausgewählten und nun neu verknüpften Strukturzuständen von Neuronen und ihren Verknüpfungen, das zwar ein in sich konsistentes „Gedanken- und Gefühlsbild“ erzeugt, das aber nicht notwendigerweise logisch in die Welt passen muss (z.B. beim Träumen). Ohne gemachte Erfahrungen/Sinneseindrücke kann sich keine „Seele“ emergieren, denn was für Bilder sollte sie sich vorstellen können, wenn sie nie welche erlebt und als Struktur von Neuronenverknüpfungen abgespeichert hat.
Im Unterschied zu digital arbeitenden Computerchips sind die Verknüpfungen der Neuronen keine Aus/Ein-Schalter, man wird also ein Gehirn auch deshalb nicht aus digital arbeitenden Schaltkreisen nachbauen können. Man kann sich die Verknüpfungen zwischen Neuronen so ähnlich wie mehr oder weniger ausgelatschte Wege über den schönen, neuen, grünen  Rasen vorstellen, deren „Auslatschfaktor“ davon abhängt, wie oft sie begangen wurden (wie attraktiv es ist, die durch sie repräsentierten Handlungen oder Gefühle zu erleben) und die auch wieder verwachsen können, wenn sie nicht mehr begangen werden. Die Stärke der Verknüpfungen ist also eine analoge Größe, keine digitale. Und schlimmer noch: die Verknüpfungen verschwinden auch wieder, wenn die Kopie keine entsprechenden eigenen Erfahrungen mehr machen sollte und, last but not least, die Kopie eines Gehirnes, sollte sie je gelingen, wird mit der Zeit immer weniger dem Original gleichen können. Es ist also nicht damit getan, dass ein „Seelen-Konstrukteur“ das Gehirn 1:1 nachbaut, er müsste es auch mit dem ganzen Sammelsurium menschlicher Sinnesorgane verknüpfen, damit die Speicher sich füllen und die Neuronen sich verknüpfen.
Wie diese Selbstprogrammierung des Gehirns im Zusammenwirken mit anderen Gehirnen (mit dem kulturellen Gedächtnis einer menschlichen Population) beim Menschen funktionieren könnte, hat Dörner im Kapitel über die Moral und den darauf folgenden Kapiteln seines Buches „Bauplan für eine Seele“ herauszufinden versucht (von der sinnfreien Idee mal abgesehen, die Seele tatsächlich als emergente Erscheinung nachbauen zu können). Das ist das, was auch „Theory of Mind“ (ToM) oder die „Neurobiologie und Psychologie sozialen Verhaltens“ genannt wird.  Hans Förstl definiert ToM in dem von Ihm herausgegebenen Buch „Theory of Mind“ wie folgt:
Der Begriff »Theory of Mind« (ToM) ist mehrdeutig und muss vorab erklärt werden, um gleich klar zu machen, worum es in diesem Buch geht und worum nicht. Fodor (1978) sowie Premack und Woodruff (1978) benutzten den Terminus für eine spezielle geistige Leistung, nämlich die Fähigkeit bzw. den Versuch eines Individuums, sich in andere hineinzuversetzen, um deren Wahrnehmungen, Gedanken und Absichten zu verstehen. Die folgenden Beiträge befassen sich also nicht mit allgemeinen philosophischen Theorien über die Natur, Eigenschaften und Funktionen des menschlichen Geistes (philosophy of mind), mit dem Leib-Seele-Problem oder deren modernen Lösungsversuchen im Kontext von Neurobiologie und Neurophilosophie. Die letztgenannten Disziplinen tauchen aber durchaus auf, soweit sie zum Verständnis jener speziellen ToM beitragen.
ToM ist die Grundlage sozialen, »sittlichen« Verhaltens. Ohne Interesse am anderen, ohne Gefühl für dessen Bedürfnisse und ohne differenziertes Verständnis seiner Perspektiven entwickeln sich weder Mitgefühl noch Rücksicht oder Respekt. Eine Reihe von Beispielen in diesem Buch beschreibt Störungen der ToM, die zu erheblichen Defiziten in der sozialen Interaktion führen. Ein Mangel an ToM kann bei manchen Personen mit autistischer Veranlagung erhebliche Reserven für Spezialbegabungen freisetzen (idiots savants); dies kann als Hinweis darauf bewertet werden, wie viele Ressourcen normalerweise durch ToM-Leistungen gebunden sind. Die ToM repräsentiert zwar eine besondere und ständige menschliche Leistung, die in einigen Berufssparten besonders hoch entwickelt werden kann. Neben dem Menschen gibt es aber auch andere Lebewesen, die ihren Erfolg durch interindividuelles Verständnis optimieren können.


Emergenz: Wenn das Verhalten des Ganzen nicht mehr durch die Eigenschaften (das Verhalten) seiner Teile beschreibbar oder erklärbar ist, dann nennt man diese Erscheinung „Emergenz“, aber dieser Begriff erklärt dieses neue Verhalten nicht, sondern definiert diese Erscheinung nur als ontologisch, also für uns nicht weiter rückführbar.
So ist zum Beispiel „Leben“ mehr als das, was aus der Physik der Moleküle und Atome erklärbar ist, aus denen sich Leben aufbaut. Letzterer Begriff „sich aufbaut“ (=sich selbst organisiert) trifft dessen Wesen ganz gut, ohne es jedoch erklären zu können. Es ist qualitativ mehr als das, was der Physiker unter Selbstorganisation versteht. Die wunderschönen Ordnungsstrukturen, wie z.B. die Farbspiele in chemischen dissipativen Strukturen, haben noch nichts mit Leben zu tun, sie enstehen auf Grund eines von außen aufgezwungenen Energie- oder Temperaturgradienten und zerfallen sofort, wenn der Gradient zusammenbricht. Es handelt sich um dynamische Ordnungszustände, die sich unter den „Zwangsbedingungen“ bei Überschreitung eines überkritischen Wertes von selbst einstellen, um die Entstehung von „Ordnung aus Unordnung“. Ihnen fehlt, strenggenommen, sowohl ein „Selbst“ als auch eine „Organisation“. Unter „Organisation“ ist etwas anders zu verstehen als unter „Ordnung“ John von Neuman beschrieb den Unterschied zwischen beiden Begriffen mit: „Organization has purpose, order does not.“ (Organisation verfolgt einen Zweck, Ordnung nicht).
Nur lebende Systeme sind im wahren Sinne des Wortes selbstorganisierend, denn nur sie schaffen und erhalten „aus eigener Kraft“ – also selbsttätig – ihre interne Organisation aufrecht. Auch der für die Herbeiführung und Aufrechterhaltung der Ordnung notwendige Entropieexport ist eine Leistung des Organismus selbst und nicht die Folge äußerer Triebkräfte. Der theoretische Physiker Werner Ebeling schrieb: „Die Ordnung im Lebewesen wird nicht durch eine äußere Pumpe, sondern durch einen inneren Mechanismus aufrechterhalten.“ Lebewesen schaffen, wie es Schrödinger ausdrückte, „Ordnung aus Ordnung“.


Seine Rezension des Buches von Dietrich Dörner beschließt  Oliver Pfohlmann mit den Sätzen:

„Lassen sich ästhetische Empfindungen tatsächlich allein mit dem Entdecken von semantischen und syntaktischen Relationen „gegen Widerstand“, auf „Unbestimmtheitsreduktion“ erklären, wie Dörner behauptet? Und ist Liebe wirklich nur ein aus Bedürfnissen nach Sexualität, zwischenmenschlicher Nähe, materieller Absicherung und der Erforschung des Unbekannten gemixter Gefühlscocktail?“

Ich denke, alle diese einzelnen Wechselwirkungen der „Seele“ mit einer „Welt da draußen“ kann man sehr wohl so beschreiben, wie es Dörner tut. Was aber die Seele ausmacht ist erst das emergente Ganze, das sich aus allen diesen Wechselwirkungen als „Selbst“ organisierte. Wenn Oliver Pfohlmann den Satz anhängt „Da greifen wir denn doch lieber zu Stendhal, Goethe oder Luhmann“ so sagt er damit weiter nichts, als dass dies sein ästhetisches Urteil darüber ist, welche Beschreibung der „Seele“ ihm „schöner“ erscheint – erklären können die Seele auch Stendhal und Goethe nicht. Ob WIR dann doch lieber zu den verquarsten, nur sich selbst beweisenden Deutungen – es ist deshalb so geworden, weil es so festgestellt worden ist –  Luhmanns greifen sollten?


Was also ist die Seele? Fernando Pessoa beschreibt die Seele in seinem „Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares“ so:

Meine Seele ist ein verborgenes Orchester; ich weiß nicht, welche Instrumente, Geigen und Harfen, Pauken und Trommeln, es in mir spielen und dröhnen läßt. Ich kenne mich nur als Symphonie.


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