André Gide über Aufrichtigkeit

„Das Wort ,Aufrichtigkeit’,- schreibt André Gide in den Nouveaux Prétextes – „ist eins von denen, die zu verstehen mir am schwersten wird. Ich habe so viele junge Leute gekannt, die auf ihre Aufrichtigkeit pochten! . . . Manche waren anspruchsvoll und unerträglich, andere brutal; selbst der Ton ihrer Stimme klang falsch . . . Im allgemeinen hält sich jeder junge Mann für aufrichtig, der Überzeugungen hat und unfähig zur Kritik ist. Und wie oft wird Aufrichtigkeit mit sans-gêne[1verwechselt! . . . Nur die sehr banalen Seelen gelangen leicht zum aufrichtigen Ausdruck ihrer Persönlichkeit . . .“ Weiterlesen

Das Problem der menschlichen Natur

Dieser Tage ist mir in einem Oppelner Antiquariat ein interessantes Buch untergekommen – dessen Kauf kostete mich 1 (in Worten Einen) Euro – in dem ich meine Ahnung bestätigt fand, daß der individuelle Mensch, seine „Seele„,  ein Produkt der menschlichen Kultur ist, in die er hinein wächst. Wird ihm jede menschliche Gesellschaft verwehrt (wie z.b. bei den Experimenten des Stauferkaisers Friedrich II.), verkümmert er, ist hilfloser als jedes Tierbaby gegenüber den Einwirkungen seiner Umwelt.
Alles was den Menschen vom Tier unterscheidet, erlernt er erst durch die Gemeinschaft anderer Menschen. Das zeigen auch die Erfahrungen mit sogenannten „Wilden Kindern. Über diese und die Folgerungen, was am Menschen Natur und/oder Kultur ist, berichtet  das Buch „Die wilden Kinder“ von Lucien Malson, Jean Itard und Octave Mannoni, (suhrkamp taschenbuch 55), aus dem ich das Einführungskapitel als Appetithäppchen für an solchen Gedankengängen Interessierte zitieren werde:

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