Schloß Stepfershausen und Burg Solz
Wenden wir uns von Helmershausen in nordöstlicher Richtung, neben der Wüstung Kohlhausen hin, über die H. I. S. 11 auch schon beachtete hohe, lustige Geba und steigen dann hinab zu dem S. 61 auch bereits erwähnten Stepfershausen, so breitet sich vor uns von der untern Stufe der Geba-Terrasse ab ein anderes osttullifeldisches Burgengebiet aus. „Stepfershausen hatte ehedem ein Schloß und ein Rittergut, das seine Zustände und Besitzer oft wechselte. 1670 kam es unter weimarische Lehnsherrlichkeit, Meiningen behielt aber dabei vollständige Landeshoheit. 1652 hatte der mecklenburgische Rittmeister Rapp das Gut gekauft, später kauften es die Gebrüder Baumbach und von diesen der Präsident Tilemann. 1700 ward das ,,alte Schloß« abgebrochen. Erben des Töchterlehns von Donop und von Rhön, später von Tann behielten verschiedene Erbzinsen und Grundstückslehen.“ (Brückner.)
Ein dritthalbstündiger Marsch von Helmershausen her hat uns nun aus dem Bereich der Mittelherpf in den südlichen Teil des sandigen ehemaligen Amtsbezirks „Sand“ geführt. Auf der Anhöher vor dem an der Chaussee liegenden Dorfe Solz, kaum 4 Km. v. Stepfershausen, halten wir eine kurze Umschau: südwestwärts erhebt sich die Geba und Disburg, westlich der Hahnberg mit dem „Amönenhof“, nördlich das anmutige Gelände von Flur- und Forstdistrikten links des Katzbachs mit der „Auerhahnsgegend“ (bei Mehmels) und ostwärts der Höhenzug des Dreißigacker-, Haß- und Landsberg, wo unten die Herpf in die Werra mündet. Zu unsern Füßen, am Bache Sülz, liegt öde ein kleiner uralter Turm als Ruinenüberrest der Burg Solza, Sulcza, die zu ihrer Zeit von gar streitsüchtigen Rittern besessen und anderseits belagert wurde. Haben wir auch schon Heft I. S. 61. ihrer gedacht, bringe ich doch noch so Manches, was Heim und Brückner auch dazu mitgeteilt haben. Die Burg Solz ist wahrscheinlich schon im dreizehnten Jahrhundert als Raubschloß zerstört worden; sie ist eigentlich nur ein festes Schloß mit einem Wall und mit zugehörigen ansehnlichen Grundbesitzungen gewesen. Herrschaft Henneberg, Sachsen und Hessen, als fürstliche Häuser, und verschiedene Adelsgeschlechter erhoben abwechselnd Ansprüche auf Lohn- und Besitzrechte. – Heim schreibt: »das Geschlecht derer von Sultzaha hat anno 1274 noch gelebt«; Briickner giebt an: ,,Vor 1317 waren die von Marschalk von Ostheim und die von Herbilstadt mit dem halben Schloß, 1444 die von der Tann mit der andern Hälfte belehnt. Im 15. Jahrhundert besaß Henneberg die Lehnsherrlichkeit nur über die eine Hälfte, Sachsen und Hessen über die andere; 1521 gewann Henneberg auch die andere. 1705 überließ Herzog Bernhard von Meiningen-Hildburghausen die Einkünfte, Vogteilichkeit, Jagd und Fischerei wiederkäuflich für sechs Tausend Thaler an Sophie von Baumbach.“ Heim berichtet weiter: „Hans von der Tann hinterließ einen Sohn Namens Gerhard, der besaß Solz. Die von ihm wieder aufgebaute Burg kam nicht auf den Platz der zerstörten, sondern auf die Wiesen am Dorfe. Die Mann- oder Leibes-lehnbaren Güter zog der Graf von Henneberg (Fürst Wilhelm) ein; Rippershausen, so nahe bei Solz, kam an die Schrimpfe von Berg, und das noch eine Viertelstunde östlicher gelegene Melkers erhielt Hieronymus, Marschall zu Oberstett, Solz bekam Wolf von Herbilstatt;, dessen Frau hieß Martha geb. von Brandenstein, und deren Bruder Ernst war Statthalter in Coburg. Wolf aber war ein stolzer und aufgeblasener Mann, daher er auch landflüchtig werden mußte“ Nach Brückner schalten wir ein: die von Herbilstadt sollen der Sage nach mit den Besitzern der nahen Haßburg u. des Landsberg, rechts der Herpf, bei ihren Raubanfällen durch Zeichen korrespondiert haben. Zu einiger Unterhaltunig für den Leser sei nun noch aus Heim’s Chronik hier angebraicht: „1510 begab es sich, daß Wolf von Heribilstatt mit Denen von Stepfershausen um der Viehweide willen im Gehöltz, so zwischen beiden Dörfern gelegen und der Sölzer Rieth genannt wird, in Zwietracht geriethe. Weil Wolf aber nicht Ruhe und Friede haben wollte, so wurde ihm auf Fürstlichen Befehl eine Kuh „aus seinen Rindnößern“ abgepfändet und nach Maßfeld zu dem Lehnsherrn hingetrieben; worauf denn Wolf sich ferner unterstanden, den Stepfershäusern die ganze Heerde ihres Rindviehes an ihrer befugten Weide mit Gewalt wegzunehmen und in seine Gewährsam zu treiben, auch darüber sich verlauten lassen: er wollte seine ihm abgepfändete Kuh ohne alles Entgeld wieder haben, oder sein Haupt nicht sanft legen! Wo aber nicht, wolle er es dahin bringen, daß man es am Türingerwald hören sollte, und an allen Orten davon zu singen und zu sagen wissen. Davor ihn aber Fürst Wielhelm warnen und sagen lassen: Er sollte solchen ungereimten Führnehmens müssig gehen, damit Er, der Fürst, als Lehnherr nicht verursacht würde, seine Hunde an seine, des Lehnträgers Katzen zu hetzen, wobey er ihm zugleich auferleget, der Gemeinde Stepfershausen unrecht abgenommenes Vieh wieder zuzustellen, oder eines andern zu gewarten. – Weilen Wolf aber solches dennoch nicht geachtet, sondern freventlich darüber auch der Gemeinde Wons (Wahns) und Mehmels das Vieh weggenommen, so ist Fürst. Wilhelm verursacht worden, des Herbenstetts und der Gemeinde Solz Vieh sämmtlich abholen und nach Kaltennordheim ins Schloß treiben zu lassen. – Sobald dieses geschehen, verband sich Herbilstatt mit Ernsten Brandenstein, seinem Schwager, der in der Herren von Sachsen Dienste zu Coburg war, und der nun in des Fürsten Dorf Dingsleben einfiel, 8 Bauernhofraithen abbrannte, 2 Einwohner erstochen hat, bei Sülzfeld Bauernpferde wegnahm, einem Fahrknecht Geld raubte und ihn fing, dann den Müller von Oernshausen gefänglich wegführte und schätzte und dem Breitunger Kloster den Neuhof abbrannte. Den 30. März 1512 hat Maul Cunz, des Wolf von Herbstetten Knecht, neben seinen Helfern, den Heinz von Russworm (den Amtmann zu Kaltennordheim) geschossen und gefangen. Ernst von Brandenstein fing in der Palmwoche 2 Henneberger Unterthanen von Breitungen, dann 2 andere von Ilmenau, schätzte diese um hundert Gulden und führte sie gen Schönstädt! – Fürst Wilhelm klagte bey dem Kaiser Maximilianus, der eine ernste Commission an den Abt zu Fulda hat ausgehen lassen, die Sache zwischen Fürst Wilhelm und Ernst Brandenstein zu untersuchen. . . . . . – Inzwischen fielen die Ritter Siegmund von Hausen, Georg von Hopfgarten, Wilhelm von Hopfgarten, Wolf von Herbstetten d. 14. August 1512 ins Hennebergisehe ein, brannten Ober- und Unteralba, das Dorf Klings bis auf 1 Haus, die Mühle zu Sülzfeld und die Vorstadt zu Schleusiugen nieder. Fürst Wilhelm klagt weiter bey dem Kaiser, gedenkt auch, wie Wolf einen 70jährigen Mann bei Veßra Arm und Beine in Stücke gehauen, 16 Pferde auf der Weide erstochen und etliche Hennebergische Kärner im Sächsischen Gebiet erwürget. Er hatte dazu verlauten lassen, Dorf Solz mit Feuer anzustecken. Wilhelm that dazu und nahm das „Haus Solz“ als sein Lehn ein, ließ Kleinod und Haabe daraus abfahren, steckte es den 14. Juni mit Feuer und Brand an nnd richtete es zu Grunde. Das Landvolk wollte auch das Dorf und die Kirche plündern, aber der Fürst besetzte das Dorf mit bewehrtem Landvolk. Obwohl Wolf zu nächtlicher Zeit sich in den Heuschobern aus den Wiesen aufgehalten u. a., so hat er doch nichts Thätliches vornehmen können. Er machte sich davon, erklärte sich gegen Fürst Wilhelm als einen öffentlichen Feind und übte in und außerhalb dem Hennebergischen großen Schaden. Endlich schlugen sich gute Leute von Grafen, Herren und Adelstand auf Hebilstatts Bitten ins Mittel und brachten zuwege, daß Fürst Wilhelm für die abgeführten Kleinode und Haabe 3500 Gulden gab. Der Fürst hat die zugehörigen Güter fünf Bauern eingethan und an das Haus die Jahreszahl 1513 einhauen lassen.“
„Es wurden damals von den Hennebergischen Bergknappen und andern Freiheitsknappen allerhand Reimsprüche gemacht, von welchen mir (Heim) Caspar Löffler zu Viernau noch diesen nachfolgenden erzählt hat.“ (Wir setzen ihn nur bruchweis her; im Original sind’s 66 Zeilen)
„Zu Solz da saß ein Edelmann,
War wohl mit Fürsten und Herren dran,
Drum nahm ers steif in seinen Sinn,
Wollt die von Stepfershausen zwing;
Ja Stepfershausen nicht allein,
Mehmels und Wans waren auch gemein.
Drum nahm er ihnen ihre Kuh;
Dasselbe bracht ihm Angst und Muh.
Als Solz endlich ward eingenommen,
Eilends geplündert unbesonnen,
Weil die von Stepfershausen
Ihm viel wollten drein mausen,
Die Wanser und die von Mehmels ,
Gelüft’ der fetten Hehmels .· . .
Schön Heinz von Wasungen wird zum Narren,
Gen Solz lief, nahm die Haasengarren. . . .
Die Schmalkalder zum Keller kamen,
Da sie den süßen Wein vernahmen,
Zu den’ sich fanden die von Suhl,
Hielten da einen guten Wuhl;
Melkers, Rippershausen und Walldorf
Gaben dazu großen Anworf,
Hans Dreyfuß hat sich auch bedacht,
Ein Huhn und Misthacke davon gebracht . . .
Da er nun hört den Wilhelm schallen,
Ließ er vor Leid den Hackn fallen,
Dazu ward· ihm sein’ Beut entzückt,
Die Hahn unterwegs er erdrückt. . . .
Sonsten weiß man noch nach der mündlichen Tradition, daß, als Fürst Wilhelm mit seinem reisigen Zeug an die Anhöhen gen Walldorf kommen, habe er die Trompeten blasen und Ruhe gebieten lassen. Darauf habe die Frau (Herbilstatt) nebst ihren 2 Töchtern in Buß- und Trauerkleidern herausgehen und dem Fürsten zu Fuß fallen müssen; er habe sie in seinen Schutz genommen, doch aber befohlen, sie sollten Alles heraus thuen und das Schloß anbrennen. Wolf aber konnte noch immer nicht ruhen, sondern kam bei der Nachtzeit herein zu seinen Getreuen. – Fürst Wilhelm ließ an der obern Ecke des Schlosses ein Loch durchmeisseln; wenn ihn einer ertappen würde, sollte er aufgehenkt werden. Dieses Loch siehet man noch bis jetzo. Wolf kam 1519—1523 in Hessische Dienste und ward dann Amtmann zu Lichtenberg.“ In Henneberg ausgestorben, blühet das Geschlecht noch (wie Heim annimmt) im Bayerischen. –
aus
C. E. Bach
„Im Tullifeld“
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