Die Burg Haselstein

 (481 m)

Da, wie in Heft I. S. 12 bemerkt ist, ein großer Teil des alten fuldaischen Amtes Rockenstuhl zum Tullifeld gerechnet wurde und Haselstein nur anderthalb Stunden vom ehemaligen Bergschloß Rockenstuhl westwärts liegt, kann es nicht gewagt erscheinen, die Burg Haselstein dem Ring’ westtullifeldischer Burgen anzuschließen. Dem in dieser buchonischen Gegend etwa weniger bekannten Leser sei aber zunächst darauf hingewiesen, daß „Haselstein“ mit dem ein halbes Stündchen westlich Tann gegenüber sich erhebenden, bewaldeten Habelstein nicht verwechselt werde.[1]

Südwestlich am Fuße des 541 m hoch gelagerten „Buchwalds“ (dem östlich der Setzelbach entquillt, welcher dann mit dem Geisbach in die Ulster fließt), zeigt sich uns etwas versteckt, ja wie eingedenk seiner Geschichte geradezu verschämt, der Haselstein mit seiner Burgruine. Dieses Raubschloß hatte, wie der vorige Abschnitt schon besagt, Abt Wolfhelm 1109-1113, doch wohl zu anderm Zweck erbauet; Pflegestation hervorragender Tugenden war aber Haselstein auch nicht.

Bechstein soll zunächst das Wort über Burg Haselstein haben: „Unter den buchonischen Vorbergen der Rhön zeichnet sich der geschichtlich denkwürdige Haselstein, als Stätte einer ehemaligen Ritterburg, über dem Dorfe Hasel, durch seine steile Pyramidenform, seine isolirte Lage und seine pittoresk-romantische Aussicht aus. Nur geringe Mauerreste künden noch den Wohnsitz des längst verschollenen Rittergeschlechtes, das einst diese Burg inne hatte, die eine der ältesten Buchoniens war (s. Heft II. S. 22.) Erlof (Abt von Fulda) war es, der jene Ritter vertrieb, nachdem er ihre Burg und die Milseburg im Jahre 1119 erobert hatte; doch versöhnten sich die Ritter von Haselstein mit der Kirche und erlangten 1135 ihren Wohnsitz wieder. Oft wechselnd, war später Burg Haselstein bald im Besitz der Ritter, bald in dem der fuldaischen Aebte, die sie in die Obhut besonderer Burgmannen gaben. In der ungücklichen Abtfehde geschah es, daß die Mörder des Abtes Bertho II. eine Zuflucht auf dem Haselstein suchen wollten, als der tapfere Bertho III. sie verfolgend, ihnen mit seinen Mannen hart auf den Fersen war. Der ganze Haufen, den sie mit ihren Anhängern und Knechten bildeten, bestand aus 22 Berittenen und 30 Leuten zu Fuße. Sie stürmten selbst mit Pferden in die Kirche des Dorfes Hasel, beraubten diese und verspäteten sich, so daß der nachsetzende Abt sie dort überfiel. Zwar verrammelten die Raubritter alle Thüren des Gotteshauses, aber die Verfolger sprengten dieselben; und es wüthete nun ein furchtbares Gemetzel unter den Eingeschlossenen, wobei zuerst Gyso von Steinau[2] mit dem Leben seine Schuld bezahlte, indem er vor der Thüre erschlagen wurde. Härtere Schmach traf die Gefangenen, zwei Ebersberger; diese wurden in Ketten nach Frankfurt geführt und dort auf Befehl des Kaisers lebendig gerädert. Darauf wurde verfügt, daß zum ewigen Schandzeichen alle Nachkommen des Geschlechts von Ebersberg statt ihres bisherigen Wappens, drei Räder führen und sich nicht mehr von Ebersberg, sondernden Weyers nennen sollten, und die von Steinau mußten ihren Namen in Steinrück umwandeln. Der Haselstein und Ebersberg wurden geschleift.“ Aus Schneiders Beschreibung des Haselstein erfahren wir unter anderm: „Schon im 12. Jahrh. wird die Burg, welche das gleichnamige Rittergeschlecht von der Abtei Fulda zum Lehen hatte, genannt. Die Herren von Haselstein gehörten zu den schlimmsten Raubrittern der Gegend. 1156 entstand neue Fehde des Gerlach von Haselstein mit dem Abte Marquat I., der die Burg erstürmte.[3] Später wurde Haselstein fuldaischer Amtssitz, und die Burg zerfiel allmählich, nachdem das Schloß unter dem Berge angelegt war. Oben sind die Reste des alten Raubritterschlosses: über dem Garten des Forsthauses trifft man noch die Kellergewölbe der Burg; die Burgstätte ist klein, gegen Westen noch ein Stück Mauer mit Fensteröffnungen. Der kleine steile Kegel liegt in dem nach Norden geöffneten, fast runden Thale, umgeben von waldigen Kuppen; Aussicht ist sehr beschränkt.“ (Von der ehemals sehr belebten Straße Buttlar-Hünfeld aus, westlich vor Rasdorf auf der Höhe wird man den Haselstein leicht gewahr.)


aus
C. E. Bach
„Im Tullifeld“
Eine historisch-landschaftliche Umschau in engerer Heimat
– der Vorderrhön –


[1] Habelstein, großartige Felspartie am Basaltkegel Habelberg, der 707 m erreicht; an seinem Fuße ist der sumpfige „alte Seeb“, darüber schaurig 60 m hoch aufsteigende Felsklippen, oben geschützter Standpunkt zu schöner Aussicht. (n. Schneider).

[2] Unter seiner Anführung wurde, 1271 d. 15. April, Abt Bertho II. in der Kapelle Sankt Jacob zu Fulda während seines Hochamtes ermordet.

[3] Fuchs (in seinem „Quer durch die Rhön“): „Das Thal, in welchem sich der Haselstein erhebt, trifft auf die Verkehrsstraße zwischen Leipzig und Frankfurt, und daher erklärt sich auch die frühzeitige Anlage der Burg; sie hatte bereits im 12.Jahrh. ein eigenes, ihren Namen führendes Geschlecht von hohem Adel. Zu Anfang des 13. Jahrh. zerstörte Abt Marquard I. den Haselstein total. Der damalige Besitzer des Haselstein war gewiß ein solcher Geist, von dem es heißt:

„Der streifte durch dass ganze Land
Mit Wagen, Roß und Mann,
Und wo er was zu kapern fand,
Da macht er frisch sich dran:
Wips! hatt’ er’s weg, wips ging er durch
Und schleppt es heim auf seine Burg!“ –


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