J. Brahms: 3 Intermezzi op. 117

Liste der Stücke und der Zeitpunkt ihres Starts im Video:

00:05 1. Andante moderato
04:56 2. Andante con moto, e con molto espressione
10:41 3. Andante con moto

Von diesen drei Intermezzi habe ich acht Videos per MIDI-Technik und Videosoftware erstellt, die bezüglich ihrer MIDI-Parameter absolut identisch sind. Die Musikspur der einzelnen Videos unterscheidet sich lediglich durch die verwendeten Klavier-Samples, die ich jeweils  in den MIDI-Sequenzer lud bzw. mischte:

  • Video 1: mit Steinway-, Blüthner- und Bösendorfer-Samples erstellte Musikspuren habe ich miteinander in einem bestimmten Verhältnis gemischt. Position des virtuellen Mikrophons: im virtuellen Konzertsaal.
  • Video 2: mit Steinway-, Blüthner- und Bösendorfer-Samples erstellte Musikspuren habe ich in einem bestimmten Verhältnis miteinander gemischt. Position des virtuellen Mikrophons: in virtueller Position des virtuellen Pianisten.
  • Video 3: Die Musikspur wurde mit Yamaha-C7-Samples in pythagoreischer Stimmung erstellt.
  • Video 4: Die Musikspur habe ich dieses Mal aus nur 2 Musikspuren gemischt: aus mit Bösendorfer- und Steinway-Samples erstellten Musik-Produktionen.
  • Video 5: Die Musikspur des Videos habe ich nun aus Samples eines Konzertflügels der Fa. Bechstein, den sie 1905 für den Prinzen Friedrich Carl von Preußen fertigte, eingespielt.
  • Video 6: Die Musikspur habe ich mit Samples eine Konzertflügels „Bösendorfer Imperial 290“ produziert. dessen Kammerton A auf 436 Hz, statt wie üblich 440 Hz, eingestimmt wurde.
  • Video 7: Die Musikspur habe ich mit Samples eines Blüthner Stutzflügels, wie ihn ähnlich auch Johannes Brahms besaß, produziert. Somit könnte man bei dieser Einspielung fast von „Historischer Aufführungspraxis“ reden.
  • Video 8: Einspielung mit den Samples eines Steinway D – Konzertflügels. Bestens ausgewogener satter Klavierklang, wirklich das Flaggschiff aller Konzertflügel. 

 


 

3 Intermezzi op. 117 (1892)

Alle 3 Stücke sind Andantesätze.

Nr. 1 Es-Dur (Andante moderato, 6/8) trägt ein zweizeiliges Motto aus Herders Volksliedsammlung, die zu Brahms liebsten Büchern gehörte und seit 1854, wo er sie kennengelernt hatte, auf seinem Schreibtisch stand. Wie bereits in den Balladen (op. 10) handelt es sich um ein schottisches Volkslied, das »Wiegenlied einer unglücklichen Mutter«. »Schlaf sanft, mein Kind, schlaf sanft und schön! Mich dauert’s sehr, dich weinen sehn.« In der Mittelstimme der r. Hd., zwischen anfangs stereotypen Oktavrepetitionen, folgt eine anrührende Melodie dem Versmaß.

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Ihr Ihr Schlußmotiv wird vom unheimlichen, hohl klingenden Oktavunisono beider Hände als Überleitung zum unruhigen, gramvollen es-Moll-Mittelteil (Più adagio) benutzt. »Wiegenlieder meiner Schmerzen« hatte Brahms zu den späten Stücken gesagt… Die Wiederholung des Andante bringt Licht und Trost; aus dem schicksalhaften Pochen werden Diskantnachschläge, die an fernes Geläut erinnern. Eine 16tel-Figuration hält Freundlichkeit bereit. Der Schluß ist gefaßt und wirkt gefestigt.

An jenen überschatteten Mittelteil scheint Nr. 2 b-Moll anzuknüpfen (Andante non troppo e con molta espressione, 3/8), ein Figurationsstück in fast unentwegtem 32stel-Lauf, dessen Spitzentöne sich ähnlich wie oft bei Schumann zu einer zärtlichen, sehnsuchtsvoll ausblickenden Kantilene fügen. Ein akkordisch formulierter Des-Dur-Gedanke hellt das Geschehen auf; ihm schiebt sich aber ein beunruhigendes chromatisches Mittelstimmenband ein — Keim für das folgende Intermezzo cis-Moll (Nr. 3; Andante con moto, 2/4). Dessen Unisonobeginn (in 3 Oktaven!) greift ferner zurück auf die wehe es-Moll-Überleitung aus dem 1. Intermezzo und ist sonst wie dessen Melodie ganz »textgerecht« angelegt. Man vermutet eine inhaltliche Weiterführung jenes »Wiegenliedes«, das ja vom unglücklichen Los einer verlassenen Mutter erzählte. Wie feinsinnig Brahms die harmonischen Mittel verwaltet, zeigt die 2. Strophe, wo die Umrahmung der Melodie (jetzt in der Mittelstimme) fis- statt cis-Moll bereithält. Der Diskant bringt jenes aus Nr. 1 (dort Oktaven) schon vertraute mahnende Zweiklangostinato.

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Die Melodie selbst ist ein Meisterstück linearer Expressivität: aus gleichen Elementen geformt (Auftaktgruppe und Achtel), bringt sie zwei 1taktige und anschließend drei halbtaktige Elemente — jene von cis ausgehend, beim 2. Mal sich bis zum fis aufschwingend (da Achtel hier aufgespaltet), diese dann jeweils einen Ton höher —, gefolgt von drei absinkenden Elementen. Ein verzweifelter Versuch, gleichsam graphisch dargestellt, sich aufzurichten aus der Trauer; mühsam abgerungene Höhe und schließlich doch der Zusammenbruch der Hoffnung — die Linie mündet noch unterhalb des Ausgangspunktes. Dabei ein monotones Pendeln, eine einschläfernde Motorik und doch auch Unrast.

Christof Rüger
in
Konzertbuch Klaviermusik
VEB Deutscher Verlag für Musik
Leipzig 1979

Weitere Literatur zu den Kompositionen:

  1. Niemann: Brahms – Die lyrischen Klavierstücke
  2. Siegmund-Schultze: Brahms – Die letzten Klavierstücke

2 Kommentare

  • Beitrag um Überlegungen zu Urheberrechtsfragen von Musikproduktion erweitert und eine neue MIDI-Interpretation von Brahms op. 117 auf einem Bechstein-Konzertflügel eingefügt.

  • Habe zu Silvester 2015 die „Ultimative“ Einspielung mit einem Steinway D hinzugefügt. Ich wünsche uns Allen ein friedliches 2016!
    Der Blogwart 😉

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