Die Burg zu Lengsfeld und adelige Schlösser zu Weilar und Gehaus

Wandert man von Schloß ,,Feldeck“ aufwärts bis Stadt Lengsfeld die anmutige kurze Strecke des Wiesengrunds, so bietet sich uns zwischen dem ,,Riemen und Galgenberg“ keine Fernsicht, aber gern haftet der Blick an dem südlich aufsteigenden Beyer (heute Baier; 706 m). Von dem aus könnte man recht gut die Lage des alten ,,Gerichts Lengsfeld“ überschauen, wie sie der Chronist Heim in Folgendem angiebt: „Es liegt im Feldagrund und grenzet gegen Morgen an das Sachsen-Meiningische Amt Salzungen, wo noch verschiedentlich alte Grenz- und Jagdsteine stehen; auf der einen Seite die Henne, auf der andern das Boineburgische Wappen. Gegen Mittag an Fischberg, gegen Abend an Hessen, an’s Gericht Völkershausen, gegen Mitternacht an Dietles und an das Sachsen-Eisenacher Amt Crainberg. Zum Gericht Lengsfeld gehören Stadt Lengsfeld, Dorf Weilar und Gehauß. Es hat den Herren von Frankenstein gehört. 1137 bestätigte Abt Heinrich zu Hersfeld die Stiftung eines Hospitals, wobei zu Frauenbreitungen unter den Zeugen auch Ludovicus de Lengsfeld steht, der ein Herr von Frankenstein war und zu Lengsfeld wohnte. Weitläufige Prozesse (Heft I. S. 69) wurden über das Gericht Lengsfeld anfänglich bey dem Kaiserlichen Reichs-Cammergericht zu Speyer und nachhero zu Wetzlar dessentwegen geführt, weilen Fulda dessen Wiedereinlösung, wiewohl aus ganz nichtigen und unerheblichen Gründen, zwar gesucht hat: es ist aber dieser Reluitionsprozess ganz kürzlich durch einen förmlichen Vergleich völlig abgethan und beendigt worden. Von diesem Gericht ist noch ferner zu gedenken, wie daß es dem Ritter-Canton Rhön-Werra, und dessen Buchischen Quartier incorporiret, und daß solches von dem Geschlechte derer Herren von Boineburg lange Jahre ganz allein besessen worden sey. Diese hatten vor uralten Zeiten her unter sich eine Ganerbschaft[1] errichtet und zu deren Befestigung, nach dem Vorgang anderer adelichen Familien in dem Jahr 1685 einen förmlichen Burgfrieden verabredet, welcher auch von Römisch Kaiserlicher Majestät 1712 confirmiret worden ist.“ – Weiterlesen

Der Hähl im Tullifeld

Ein langer, schmaler Strich Landes, der in ganz eigentümlichen Windungen durch den Tulligau sich erstreckte, galt gleichsam als neutrales Gebiet. Es war der Hähl. Seine Benennung ist in den verschiedenen Chroniken nicht gleich, teils ,,Häl, Hail, Hoel,« teils ,,Höhl, Hahl, Hähl«, in letzter Schreibweise hauptsächlich vorkommend; seine sachliche Bedeutung ist im Volke wie in den Altertumsschriften verschieden ausgelegt worden. Der Hähl, eine sehr alte und ehedem auch sehr gehegte Grenze im Tullifeld, ist jedenfalls ein sonderbares Erbstück aus dem fehdereichen Mittelalter. Man ist leicht der Meinung, daß er (wie Spieß, wie Baurat Sartorius und Gymnasiallehrer Mey annehmen) ein Ueberbleibsel der vom römischen Geschichtsschreiber Tacitus erwähnten Pohl- oder Pal- Grenze sein könnte, welche am Rhein begann und durch die Wetterau, durch das Vogelsgebirge, wie durch die Rhön zum Thüringerwald sich hinzog. Weiterlesen

Das Wesen der alten allgemeinen Gauverfassung

In „Altdeutsche Gaue“ sind bereits die Gauen des fränkischen Bundes, zu denen auch das Tullifeld zählte, erwähnt, ohne daß über das Gauwesen selbst etwas Weiteres gesagt ist. Die erste staatliche Entwickelung gründete sich aber auf die Gerichtsverfassung, welche der Gaugraf zu überwachen hatte; denn jeder Einzelne wie jede Familie, der Hörige und Sklave wie der Freie, die Gemeinde, der Flur- wie der Ortsnachbar, der Ansässige wie der erst Einziehende, alle mußten der Gauordnung sich unweigerlich fügen. Das war ohne Zweifel die gute Absicht der altdeutschen Gesetzgeber; so auch besonders in Frankonien. Gleichviel, ob das zu behandelnde Vorkommnis eigentlich mehr der Verwaltung, mehr der öffentlichen Polizei oder der geheimen Justiz zuzuweisen gewesen wäre, – diese drei Zweige grünten dermalen auf dem Stamme der alten Gauverfassung gleichstark. Weiterlesen

Stammtafel der Tullifelder Grafen (von 785 bis 963)

  • Hunroch (Heinrich) von 785 Graf, dann Gaugraf im Tullifeld, später Sendgraf in Frankonien, bis 819.
  • Poppo (I. alter Reihe) Graf und Gaugraf im Tullifeld, seit 809 schon sich ,,Henneberger Graf“ nennend, bis 837.
  • Adalbrath (Adalbert I.) 1. Sohn des Poppo, Graf im obern Hennebergischen, 9ter Gaugraf im Grabfeld, Markgraf von Frankonien, starb 895.
  • Poppo II, 2. Sohn Poppo’s I., Grafen im untern Hennebergischen, Gaugraf im Tullifeld, starb 870. Ihm folgte sein Sohn Heinrich I. (Hunroch II.) Missus in Frankonien, Markgraf und Herzog in Franken, eigentlicher Gaugraf im Folcfeld und im Tullifeld, von 871 an auch im Grabfeld; starb 887. Dessen Söhne sind die sogenannten Babenberger.
  • Poppo III. Bruder von Heinrich I., Markgraf der südthüringischen Mark, starb 895.
  • Adalbert. (Adalbrath II.) 1. Sohn von Heinrich I., Gaugraf im Tulli- und im Grabfeld seit 889; 905 enthauptet.
  • Heinrich II., 2. Sohn von Heinrich I., 902 erschlagen.
  • Adalhard I. 3. Sohn von Heinrich I., 902 enthauptet.
  • Adelbrath (Adalbert III.), Sohn des Poppo III., wohl Gaugraf im Tullifeld, von 905 bis 914.
  • Poppo IV., Sohn des Poppo III. ist nur als Graf im Volkfeld bekannt.
  • Poppo V., Sohn des Adelbrath III., Graf im Grab- und Tullifeld, von 922 – 945, starb kinderlos.
  • Poppo VI., Sohn des Poppo IV., Graf im Tulli- und Grabfeld, starb 963. Weiterlesen

Ursprung des Volks und seiner Fürsten

Die Vorfahren der Bewohner des alten Grabfeldes sind im Allgemeinen weniger die Hermunduren (Thüringer) als vielmehr die Chatten (Hessen) gewesen; dieser Volksstamm war somit wohl auch im Tullifeld am stärksten vertreten. Infolge der fränkischen Eroberungen Chlodwigs und Theodrichs (C. E. Bach meint Theuderich I. 511-534) in der Mitte des 6. Jahrhunderts konnten die alten Thüringer, die vordem eine Art Uebermacht über die alten Hessen besessen hatten, es nicht verhindern, daß die Franken nun eine Volksmischung erzeugten, in welcher gerade das Tullifeld einen chattisch-fränkischen Typus seiner Bewohner in Gesichtszügen und Charakter eingeprägt bekam und auch weiterhin behielt. Genßler schreibt: „Diese Franken (Vrankonen) waren eigentlich suevischen (schwäbischen) Stammes, einer Völkerschaft zugehörig, die zu Ende des 4. Jahrh. vom rechten Rheinufer bis zur Weser und südlich bis jenseits des Mains wohnte: ,,Frank“ war ihr Bundesname. Grimm giebt an: ,,France stammt von Franco, Francho ab und bedeutet die Selbständigen, Unabhängigen, was in natürlicher Auffassung sowohl mit frech als auch mit frei in Verbindung steht.“ Weiterlesen

Der Name Tullifeld

Nachdem nun Lage, Umfang, Einzelbezirke und Wüstungen der Gaugrafschaft im Allgemeinen bekannt gegeben sind, bedarf es auch einer Erklärung ihres Namens. Das Wort ,,Tulli“ läßt nach verschiedenen Chronikschreibern verschiedene Deutungen zu. Urkundlich findet man für ,,Tullifeld“ die Namenformen Tullifeldono (marca und provincia) Tullifeldon, Tullifeldum, Tulliveld, Dullifeld, Tollifeld, Tolliveldum, D0llifeld. Wie Binder bemerkt, heißt es in einer Urkunde von 1353: ,,Tullefeylde«, in einer andern von 1428, (im Hennebergischen Urkundenbuch): ,,Thölfeld“; und in einer von den ,,Gesambten Schulthessen Vor sich undt alle Gemeinden beder Embdter KaltenNortheimb Undt Fischbergk“ unterm 9. July 1634 verabfaßten langen Bittschrift an die Hennebergische Regierung kommt der Ausdruck ,,Döllfällische Grentz“ vor. Genßler leitet den Namen aus dem wendischen Worte dôl, d. h. thalabwärts ab, was auch Binder für richtig hält. In Grimms deutschem Wörterbuch finden wir zu den Worten tal, dal bemerkt: ,,böhmisch hat man das Wörtchen ,,dol“ für Vertiefung und Niederung, polnisch für Grube gebraucht. Zu Ende des 15. Jahrhundert und später noch hatte man diese Ausdrücke; und das althochdeutsche talili, täli, tuolla für Thälchen war z. B. im Hessischen und Hennebergischen üblich. Das altnordische dôela und dälle stehen im Sinne ganz nahe dem tal und dal.“ — Sanders Wörterbuch besagt ebenfalls: ,,Dalle, Dälle = Vertiefung. Weiterlesen

Die Bezirke Tullifelds

Nach unserer Auffassung dieses Gaues (in seinem weitesten Sinne) sind es 14 verschiedene Bezirke, die ihm zugehörten. Durch solch’ große Zahl seiner Einzelgebiete wurde wohl dem Sendgrafen die Oberaufsicht ebenso erschwert, wie anderseits dem Centgrafen das Gemark-Gericht erleichtert! Wir zählen, meist auf Grund der Genßler’schen Angaben, folgende Bezirke auf: Weiterlesen

Die Grenzen Tullifelds

Im alten Herzogtum Ostfranken (Francia orientalis), genauer in dem schon besprochenen Grabfeld, und zwar meistens in der bis 744 nach Christo angeblich unbewohnt gewesenen Buchonia, hat man das Tullifeld zu suchen. Mit dem Wechsel der Zeiten veränderten sich auch mannigfach seine Grenzen. Vielfache Unterhandlungen zwischen den ehemals im und am genannten Gaue ansässigen Grafen, die bald verwandtschaftlich bald fremd und feindlich zu einander standen, konnten selbverständlich spätern Grenzstörungeu und infolgedessen oft ganz neuen Abgrenzungen nicht vorbeugen. Karten darüber mit genauen Messungen führte man wohl kaum; und so ist auch bis in neuester Zeit weder eine physikalische noch politische Land- oder Gaukarte erschienen, welche zur Lösung der tullifeldischen Grenzfragen wesentlich hätte beitragen können. Sollte man das Tullifeld auf Grund verschiedener Chroniken in eine unserer Special-, z. B. Rhönkarten einzeichnen, so würden seine Grenzen (in weitester Ausdehnung) zwischen 27°33″ bis 28° östl. Länge und zwischen 50°23″ bis 50°52″ nördl. Breite (nach Ferro) zu liegen kommen.  Nach dieser mathematisch-geographischen, aber doch nur mutmaßlichen Grenzenbestimmung könnten dann folgende Berge als natürliche Gau-Warten angesehen werden: Weiterlesen

1 7 8 9