Die Wüstungen im Tullifeld

Die Lava war ja längst erkaltet,
Der Basalt schon bemoost, ergraut,
Als schüchtern hier der Mensch gewaltet
Und mühsam ward ein Dorf erbaut.

Und nun? – Ungunst der Jahreszeiten,
Krieg, Pest, Not und auch eig’ner Fluch
Die konnten Alles ihm verleihen;
Längst drüber hin zieht Herd und Pflug!

Ist es zu verwundern, wie die meisten noch bestehenden Ortschaften Tullifelds ihren ursprünglichen Namen oder doch dessen Schreibweise mehr oder weniger verändert haben, aber ihre alten Stätten in der alten Flur noch behaupten, so kann es uns fast in Wehmut versetzen, daß aus dem Tullifelder Gau gegen Hundert Ortsnamen angeführt werden, von denen die ursprünglichen Wohnplätze seit mehr als einem Jahrhundert schon fehlen und deren ehemaliges Vorhandensein nur unsicher in den bezüglichen Gemeindefluren gezeigt werden kann. Solche verlassene, verschwundene Heimstätten, die nun längst als offener Gemeinde- oder Privatbesitz im Felde liegen, nennt man, weil sie auch meist verödet, oder wüste sind, kurzweg Wüstungen. Weiterlesen

Das Gebiet der Felda

In den ältesten Henneberg-Fuldaer Urkunden ist dieser Fluß zuerst Veldaha, dann Velda, auch Velde, im Volksmund ,,Fälle“ geheißen. Sie hat einen Lauf von 37,66 km, indeß links von ihr die Öchse nur 15 km lang ziehet. Wie bereits bemerkt, übertrifft hierin aber die Ulster (= 48,7 km) beide; denn beinahe 3 Std. weit hat diese letztere sich schon von Süden nach Norden bewegt, wenn sie die Zone erreicht, wo 7 km von ihr die Felda nach Osten hin ihre Quellen hat. Bei ihrem Einfall in die Werra sind sie sich so nahe wie im Oberlaufe zwischen Hilders und Reichenhausen, am entlegensten sind sie sich im Unterlaufe zwischen Buttlar u. Weilar, wo ihre Entfernung von einander 17 km beträgt. Nimmt man den Höhenstand der obern Feldaquelle zu 660 m und den Spiegel der Werra bei Dorndorf, wo die Felda mündet, zu 240 m an, so beträgt ihr Gefälle im Ganzen 420 m, also 160 m weniger als das der Ulster (zu 580 m), aber an und für sich übergenug, indem durchschnittlich auf 1 Kilometer Strecke 11 Meter Gefäll kommt. – Weiterlesen

Das Gebiet der Ulster

Es erstreckt sich als Längstal nördlich von der ,,hohen“ Rhön aus; Spieß u. Schneider’s ,,Rhönführer“ bezeichnen die Ulster als Gegenfluß der Fulda; beide sind aber von Geburt aus freundliche Nachbarn, wennschon letztere außerhalb und erstere innerhalb des Tullifeldes sich befindet, wie auch der Ursprung der Els (Elzbach), ½ Stündchen östl. von der Ulster.

Von Wüstensachsen (neupreuß. Marktflecken, 600 m) ab ist man nach Süden hin in gut ½ Std. an der Ulsterquelle (850 m), nach Westen in 1 Stdch. an der FuldaquelIe (855 m); von dieser gelangt man südwärts in etwa 1 Std. nach dem neupreuß. Städtchen Gersfeld (500 m) s. I. S. 73. Weiterlesen

Quellen, Brunnen, Bäche und Flüsse mit ihren Ausmündungen zur Werra.

In der Vorrhön tiefen Gründen,
Oder in ,,Feld-Täll’n“ versteckt
Sind die Börnlein leicht zu finden,
deren Naß erquicklich schmeckt, –
Über Mosen, Hagerosen oder Steingeröll im Grase;
Finkenschlag und Amselsang!
Hirsch und Reh, Fuchs, Igel, Hase –
Nippen da, zitternd vor des Jägers Fang.

Die Niederungen der Rhön, besonders auch der ,,buchonisch-tullifeldischen“ sind meist umkränzt von üppigem Walde (hauptsächlich Buchen- und anderem Laubholzforst). Von diesen Höhen herab wehet ozonreiche Luft, öfter rauh als schwül, und herein in die Gründe zwischen kräuterreichen Geländen hin schlängeln sich die frischstrudelnden, fischreichen Bäche zu Flüssen, welche (die Streu ausgenommen) schließlich in den Werrastrom ausmünden. Die Quellen entwinden sich vorherrschend basaltfelsigen oder kiesigen Kammern, sind unversiechbar, rein. und kalt. Weiterlesen

Jeremiade und Schluss

Zum Schuß des Kriegs-Kapitels
eine Jeremiade

aus dem »Rathsarchiv« zu Kaltennordheim.[1]

Kaltennordheims Verfall z. Z. des 30jähr. Kriegs.

»Underthenige gehorsame Fusfellige Eingabe der Gesambten Schulthessen Vor sich und alle Gemeinden bedter Embder Kalten-Northeimb undt Fischbergk« vom 9. July anno 1634.

,,WohlEdle Gestrenge, Hochgelarte,. Ehrenveste Undt Großachtbare Chur- Undt Fürstl. Sächsische zur Oberuffsicht Undt Regirung der freien Graffschafft Hennebergk Wohlverordnete Herrn Oberaufseher, Cantzler Undt Räthe, hochgebietende großgünstige Herrn. Weiterlesen

Kriegsnöten am und im Tullifeld

Auf Seite 59 dieses Heftes stellten wir neben die Pest den Krieg als besonders starkes Volksleiden und wollen nun auch die kriegerischen Beweg- und Aufregungen im Grab- bez. Tullifeld, wie selbstverständlich nur in einzelnen Epochen und nicht in ausführlichen Schilderungen hervorheben. Weisen wir aber kurz voraus auf das hin, was in den 3 ersten Heften mehr oder weniger als kriegerische Momente bereits angegeben ist, z. B. I. S. 28, 33; I. S. 4; wozu wir nachträglich anfügen: ,,In der Schlacht bei Melderichs-Stadt fiel auf päpstl. Seite Bischof Werner von Magdeburg, der auf der Flucht von Landsleuten an einen Baum gehenkt wurde u. nackend nach Hause kam; auf Seiten des Kaisers fiel Eberhard mit dem Barte. Am 27. Jan. 1080 war noch ein blutiger Kampf bei Fladichheim, nördl. von Roßdorf“ (nach Dermbacher Chronik.) II. S. 11, 14, 22, 3235, 54, 81, 86, 105, 115; III. S. 4, 21, 29, 31, 35, 39, 50, 55. – Sei nun in Betracht gezogen: Weiterlesen

Das Gebiet der Oechse

Hätten wir es auch leichter erreichen können, wenn unsere Schritte von der Einmündung der Ulster (s. S. 10) sich sofort südöstl. nach Stadt Vacha wendeten, wollen wir doch die Quellensuche auch für das Oechseflüßchen systematisch mit seiner ersten Entwindung beginnen, zumal ja der desfallsige hydrographische Umgang ein sehr bescheidener sein wird. Wir wissen bereits aus dem „Tullifeld“ (Heft I. S. 42 u. 48 wie Heft III. S. 46) einige Andeutungen. – Spieß giebt an: »Den nördlichen Teil des Rhöngebirges, zwischen Ulster und Felda, den die Oechse in fast 2 gleiche Hälften teilt, entspringt diese in 2 Quellen am ,,Schorn“ bei Lendershof[1], und am Bilstein aus dem „Bilstenborn“ und dem ,,Martinsborn“. Westlich von Lenders, der Gemeinde Oechsen zustehend, ist ein Tufsteinbruch. An dem Vereinigungspunkte beider Quellen, nordwestl. unter dem Schorn am Wege von Dermbach nach Vacha liegt das Dorf Oechsen;“ (n. Weimar. Staatshandb. Uchsimo, Ubsena 1214, – Usino -, mit Niederöchsen, Kirche, Pfarre, Schule, 114 Häusern, 632 EinW. i. Jahre 1846; mit eingepfarrten und eingeschulten Lenders, Mariengart (in Ansehung der Reformierten), mit den Masbacher Höfen und dem „Zollhofe“; auch sind dahin alle im Amtsbezirk Geisa wohnende Reformierte eingepfarrt) Die Reismühle, der Hof Mariengart (Ingemaristat 1256)[2] und die Häuser der ,,Huth“ bei Wölferbütt wie der alte „Zollhof“ bei Geblar hielten sich auch zur ref. Pfarrei und Schule. Spieß schreibt noch: Im frischen Wiesgründchen der vom Geisaerwald, Arzberg, Dietrichsberg, Oechsenberg und Baier (mit Riemen) umgebenen und überragten weiten Hochmulde des Oechsesystems – ist die Gegend um Oechsen eine schöne, von frischem Hauch durchwehte, eine mit fruchtbaren Feldern bedeckte und von fetten Wiesgründchen durchschnittene Gebirgslandschaft.[3] – Ehedem hessisch, dann bis 1815 zum Königr. Westfalen gehörig. – Weiterlesen

Landplagen am und im Tulligau

Unter dieser Bezeichnung wollen wir von solchen Nöten und Gefahren des Volks unserer Heimat reden, die zu verhindern ,,weltlicher und kirchlicher“ Regierung die Macht gebrach; da mußte, wen das Leiden traf, die Kniee beugen.“ – Auf Seite 59 deuteten wir bereits darauf hin: z. B. der Grimm des Winters, (in Buchonien von jeher, zumal auf der hohen langen Rhön meist kernfest und auf die Dauer“). Spieß schreibt: „Das Klima ist im Allgemeinen rauh und wild; im Winter heftige Kälte, im Sommer durch das Zurückstrahlen der Sonnenstrahlen manchmal in den tieferen, engeren Rhönthälern eine drückende Hitze. Der Schnee erreicht oft eine Höhe von 30 – 40 Fuß und schmilzt erst im Mai ganz weg.“ – Binder berichtet (in s. ,,Lichtenberg“)  – ,,daß 1572 ein grausam kalter Winter gewest, deßgleichen bey mannsgedenken nicht geschehen, mit großen langwierigen schneh und unseglicher keltt’, in welcher sehr viel leudt hin und wider erfroren funden.“ – Wasserüberschwemmungen – sind in Heft II. S. 41, III. S. 19 u. IV. S. 8 geschildert. – Weiterlesen

Die Zeit der Hexenprozesse, wie auch Juden-Verfolgungen

Vor das Forum (zum Richterstuhle) der Centen gehörte auch ein sehr beklagenswertes Unwesen, das vom Ende des 15. Jahrhunderts an 2 Jahrhunderte hindurch unser Deutschland, besonders einzelne Gaue desselben, wie z. B. auch das ,,Tullifeld“ umflorte, in lange Nacht des Un- und Aberglaubens zu hüllen drohte und aller Menschlichkeit Hohn sprach. Es war der

I. Unsinn der Hexenprozesse.

,,Das Wort Hexe« alth.deutsch hagazussa, verkürzt häzissa, mittelhochdeutsch hecse, hexse (nach Dr. Götzingers Lexikon) bedeutete: die den Hag = Hain, das Gehäge, Zaun schädigende Person (n. Grimm’s Wörterbuch) oder die waldbewohnende Zauberin, Wahrsagerin, ,,Alrune“ – vergl. I. S. 40. im Tullif. -, oder die ,,weise Frau“, schlaue Betrügerin (n. Oertel’s grammatisch. Wörterbuch.) – Die vermeintliche ,,Hexe“ wurde beschuldigt, durch übernatürliche Mittel Menschen und Tiere, Saaten, Weingärten beschädigt, Krankheiten und Plagen erzeugt, ja den Tod ihrer Feinde oder Spötter verursacht zu haben – und zwar durch ein Bündnis, mit Hilfe des Teufels« (n. Dr. Wächter, in Spemanns Collektion, Stuttgart, 1882).“[1] Den ,,Teufel oder Satan“ faßten aber die an Hexerei« glaubenden, und deshalb darüber in unchristlichem Sinne auftretenden Ankläger und Richter ganz anders auf als wie uns das neue Testament zu verstehen giebt’![2]. Denen, die jetzt noch Hexen suchten und marterten, hätte wohl Jesus zugerufen: „der Teufel (Versucher) ist inwendig in euch!“ – Weiterlesen

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