Die heidnische Zeit

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Zeit vor der Einführung des Christentums, da das altgermanische Heidentum auch unserer Gegend herrschte, und betrachten nur kurz: die altheidnischen „heiligen“ Orte, Götzen und Gottheiten. – Haine oder auch einzel stehende, recht breitästige Bäume wurden mit Vorliebe ausgewählt, um in ihrem Schatten und bei ihrem geheimnisvollen Rauschen die gemeinsame Andacht zu halten, und Anbetung zu feiern. Die Eiche mit ihrer immer, grünenden Mistel hatte in Frankonien den Vorzug, anderswo war es der große Ahorn, die ölliefernde Buche, die von der Honigbiene aufgesuchte Linde, weniger die Erle. Auch wählte man gern eine reine, kräftige Brunnquelle, die vielleicht vom Schlehen- und Hagedorn eingehegt oder durch einen Fels überwölbt war und als geweiheter oder ,,gewieh’te Born“ galt, wie z. B. in der Flur Kaltennordheim noch ein „Quieteborn“ (=G’wiehteborn) zu finden ist.; – Wennschon auch angenommen werden kann, daß, wie überhaupt in Germanien, auch in Buchonien und im Tullifeld der rohe Göitzendienst bald einem Götterdienste weichen mußte, darf man doch vermuten, daß auch in einzelnen Centen unserer Landschaft dem Götzen Bil (Biel, Bel, Bal) in grauer Vorzeit gehuldigt worden ist. Weinrich meint in Bezng auf die Henneberger Gegend: „die Thüringer mögen bey ihrem Einzuge dahin ihre Götzen auch mitgebracht haben. Sie ehrten sonderlich den Abgott Stuffo (Struffo) und den Götzen Biel“. In der Nähe des Tullifeldes, bei Meiningen ist ein kleiner Berg „Bilstein“ und weiter nach Süden ein schönes Dorf ,,Belrieth“ genannt. Im Gau Tullifeld selbst z. B. an der Oberulster, 1 St. östl. v. Seiferts, heißt ein vorragender Fels „der Bielstein“, und zu Anfang des Oechsegründchens, östlich von Lenders, westlich vom „Schorn“·, giebt es einen Basalthügel namens Bilstein, dem auch der „Bilstenborn“ entquillt. Als heidnische Opferplätze, deren Namen die Sage und selbst Flurkarten noch angeben, sind in Buchonien und im Tullifeld verschiedene anzunehmen, z. B. „das Eichloh“ (ehedem eine Gruppe geheiligter alter Bäume, rechts der Fulda), Lotten- und Herpfgrund ein Waldstrich „das Loh“, in der Kaltennordheimer Flur ein Gewende „das Erlloh“. Diese Benennungen weisen wohl auf Feueropferstätten hin. Krause schildert in seinem Volksbüchlein „Erpho von Nithardishusen“ den Opferhain bei Zella an der Felda in ganz ausführlicher, ergreifender Weise. Der ,,Backs- Bocks-Küppel“ oder auch „Bocks- und Box-Berg“ ist eine Bezeichnung, die sich in mancher tullifeldischen Flur heutigen Tags noch findet; vielleicht ist es der Hügel gewesen, ohnweit eines Wohnortes, z. B. westl. von Kaltennordheim, auf welchem der Widder oder Bock geopfert wurde.

Weniger roh, nicht so sinnlich, aber sinniger als der Götzendienst war der Götterdienst; die Mythologie oder Götterlehre ist ein sehr umfassendes Gebiet, aus dem wir hier nur Weniges berühren wollen. „An oder Spitze der germanischen Gottheiten oder Götter standen die lichten Mächte des Himmels. An der Seite des Tius, der vorzügliche Verehrung genoß, scheint eine Erdgöttin Fulda gestanden zu haben; neben ihnen wurde ein leuchtender Sonnengott und ein strahlender Blitzgott, Thunar, verehrt. Diese kämpften mit den finstern Dämonen des Wolkendunkels“, (n. Dr. Götzinger). Der altnordische Obergott oder der vergötterte Held war Wodan, Guodan oder Odin; seine gottheitlichen Statthalter hießen Thorr oder Donar (in Hessen), Balder oder Phol, Vol (in Thüringen und Bayern), Teut als Stammvater der Teutonen. Göttermütter waren die Freia (Fria, Frigg) und Hertha. (Bertha, auch Hulda, Holda oder „Holle“); die Todesgöttin hieß Hel oder Hellia. – Wer trat als Vermittler zwischen den Göttern und Menschen auf? Die Druden, (Druiden); bei den Galliern und Celten, – alten Nachbarvölkern der Germanen, – als Priester und zugleich als Richter angesehen, erlangten sie auch in Frankonien Heimatsrechte. Am Fuße der Disburg z. B. bei Aschenhausen, im sogenannten Loch neben dem Gründchen, hieß bis in die neueste Zeit ein Flurstück „der Dru’denacker“. (Die Drude war altnordisch der Name einer Schlachtenjungfrau; althochdeutsch kommt er in Frauennamen vor z.B. Gêrdrut, Truthilt.) Dr. Breuning hatte die Ansicht, daß an dem Fuße der Disburg die Asen (Thalgötter), auf dem Berggipfel aber die Disen (Berggötter) und zwar im dortigen großen Basaltring verehrt worden seien. Die Druiden waren von jedermann als die „weisen und heiligen“ Männer geehrt und gefürchtet, gleichwie die ,,weisen Frauen“ oder Alrunen, (Alraunen, als Priesterinnen auch Druden genannt). Letztere besonders in Wahrsagen kräftig und mit Zaubermacht ausgestattet, wurden gern im Geheimen ausgesucht und befragt. Wehe Jedem, der das von den Druiden Heiliggesprochene entweihte oder vernichtete, Fluch und Verdammnis kam über ihn! So hing der Schleier traurigster Verblendung über den Ahnen von Buchonien und vom Tullifeld, ja über der deutschen Welt, bis endlich die göttlichen Strahlen des Christentums über Höhen und Thäler sich verbreiteten und den Weg zur Wahrheit erhellten.


aus
C. E. Bach
„Im Tullifeld“
Eine historisch-landschaftliche Umschau in engerer Heimat
– der Vorderrhön –


Bücher und DVD über Geschichte, Landschaft und Kultur der Rhön und Thüringens
– nach Themen sortiert –


 

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