Christoph Willibald Gluck: Reigen seliger Geister (Menuett und Air)

aus der Oper „Orpheus und Euridike

eingespielt mit Samples der Riegerorgel im Konzerthaus Wien (Vienna Konzerthaus Organ).

Hier versiegen ewig des Grames Tränen,
hier quält das Herz kein irdisch Sehnen,
nur Freud und Wonne atmet die Brust;
hier, wo nie des Kummers Klagen tönen,
herrscht nur Entzücken und Lust …

(Arie der Euridike im zweiten Akt der Oper)

Die Liebesgeschichte von Orpheus und Eurydike ist zeitlos, sie reicht in den ersten Anfängen zurück in den nordgriechischen Raum des 5. Jahrhunderts vor Christus. Orpheus wird im Rhodope-Gebirge in Thrakien, dem heutigen Südbulgarien, als Sohn der Muse Kalliope geboren. Ausgestattet mit seiner Lyra, einem Geschenk des Gottes Apoll, gilt Orpheus als der beste Sänger der Antike; er betört damit alle Lebewesen gleichermaßen: Die Bäume neigen sich ihm zu, wenn er spielt, die wilden Tiere scharen sich friedlich um ihn, und selbst die Felsen rücken heran und weinen ob seines schönen Gesangs. Als seine geliebte Gattin Eurydike durch einen Natternbiss unerwartet zu Tode kommt, findet sich Orpheus mit dem Alleinsein nicht ab, sondern steigt hinab in die Unterwelt, um dort vom Herrscherpaar Proserpina und Pluto seine Gattin zurückzufordern. Er überzeugt schließlich die widrigen Mächte der Unterwelt und erhält Eurydike zurück – unter der einzigen Bedingung, dass er sich während des Aufstiegs aus dem Orkus nicht nach ihr umdrehen dürfe. Andernfalls sei Eurydike dem ewigen Tod verfallen! Genau bei diesem Aufstieg aus der Unterwelt geschieht dann das Unfassbare …

Lieben und geliebt sein ist der alleinige Rechtfertigungsgrund für das Versagen und die Sorge des Orpheus, alle anderen Gefühle sind zweitrangig und unbedeutend – und weder Eurydike noch Orpheus schreibt Ovid wegen ihres widrigen Schicksals irgendeine Schuld zu!

Während also Vergil von „Wahn“, von „Achtlosigkeit“ und „unbedachtsamer Torheit“ des Orpheus spricht und Eurydike bittere Klage gegen ihren Geliebten führen lässt, kennt Ovid nur einen Grund für das Verhängnis – die Liebe selbst, die das Verbot der Götter nicht länger beachten kann und darf!

Damit erteilt Ovid dem erhobenen Zeigefinger seines Vorgängers eine klare Absage – mit seinem ebenso mächtigen wie tiefsinnigen „Was auch war zu beklagen für sie, als dass sie geliebt war?“.

Dies ist eine Schlichtheit des Gedankens, die mir persönlich sehr entgegenkommt.

zitiert aus:

Das Verhängnis der Liebe in der Oper „Orpheus und Eurydike“
Das Zentralmotiv der Reformoper Glucks und Calzabigis
im Vergleich mit den antiken Texten Vergils und Ovids
© Ein kleiner Betrag zur 11. Berchinger Literaturnacht am 18. Oktober 2013, Werner Robl

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

12 − drei =