Die Geschichte eines Bettlers

Zitiert aus Baier Bote 5(2007)06 vom 29. Juni 2007:

Die Geschichte des Bettlers Johannes Bischoff aus Gehaus

Durch Zufall konnte ich im Monat Mai 2007 an einer Buchlesung des Herrn Diethart Lemke in Vacha teilnehmen. Wie wichtig ein derartiges Ereignis für die eigene Heimatgeschichte ist, soll hier einmal an Hand eines uns bis dahin unbekannten Gerichtsfalles aus dem Jahre 1844 dargestellt werden. Hier wird deutlich, wie fruchtbar eine Zusammenarbeit mit Bürgern gleichen Interesse sein kann. Dafür nochmals herzlichen Dank an Herrn Lemke.

Gehaus im Jahre 1844 (gekürzt):

Zu dieser Zeit gab es in Gehaus wohl kaum wohlhabende Bürger, dafür aber eine breite Schicht der Dorfarmut, die aus Tagelöhnern, Handwerkern und anderen besitzlosen Mitbürgern bestand. Es gab Bewohner ohne irgendwelche Einkommen, die nur auf die Gnade der Gemeindeoberen angewiesen waren. So ist es nicht verwunderlich, dass viele auf die schiefe Bahn gerieten und sich nur durch „Betteln“ oder anderen Dingen über Wasser halten konnten. Dass dies der Obrigkeit ein Dorn im Auge war versteht sich von selbst. Also wurden immer neue Maßnahmen erfunden, um dieses Vagabundentum einzuschränken oder gänzlich auszumerzen. Zu diesem Zwecke wirkte in Lengsfeld das Patrimonalgericht, in Dermbach das Kriminalgericht und in Eisenach die Strafjustiz.

Einer aus der Schar dieser Bettler und Vagabunden war ein Johannes Bischoff aus Gehaus. 1835 wurde er zum ersten Mal bettelnd aufgegriffen und für 4 Monate in ein Arbeitshaus gesteckt. 1838, er war knapp 50 Jahre, bat er in Lengsfeld um Essen. Er wurde ergriffen und am 15. Juli 1838 zu 4 Jahren Zuchthaus zweiten Grades verurteilt. Da ohne Vermögen bekam er unentgeltlich einen Amtsadvokaten zur Verfügung gestellt (heute wie ein Pflichtverteidiger). Der Gerichtspräsident war gnädig und schlug vor ihn zu begnadigen, da Bischoff keine größeren Verbrechen o. ä. sich zu Schulden hat kommen lassen. Der Herzog seinerseits ging soweit mit, dass er Bischoff nicht in das Zuchthaus, sondern in ein Zwangsarbeitshaus nach Eisenach einliefern ließ.

Dies war zwar auch eine geschlossene Anstalt, war aber nicht Strafarrest und wurde mit „Detention“ (Einbehaltung) umschrieben. Nach Beendigung dieser 4 Jahre bat Bischoff in der Anstalt bleiben zu dürfen, da er krank und nicht arbeitsfähig sei und somit seiner Gemeinde Gehaus wieder zur Last fallen würde. Doch der Anstaltsleiter war froh ihn wieder los zu werden. Dies war für ihn eine Frage der Kosten und in Gehaus würde man ihm das Nötigste schon geben. Am 12. September 1842 kam Bischoff wieder in Gehaus an. Doch ihn der Gemeinde Gehaus gab man ihm weder ein Nachtlager noch Bettstroh. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als wieder zum „Betteln“ zu gehen. In Mosa erbettelte er 2 Stück Brot. Dabei wurde er erneut gestellt und festgenommen. Jetzt wurde J. Bischoff zu 1 Jahr Arbeitshaus – Strafe verurteilt. Später wird diese Strafe in Zwangsarbeitshaus Aufenthalt (Detention) umgewandelt. Jetzt wird Kritik an der Verfahrensweise der Gehauser Gemeindevertreter und auch dem Boyneburgschen Patrimonialamt gegenüber laut. Bischoff wollte, wie bereits beim ersten Mal in Eisenach bleiben. Die oben genannten Gremien wiesen die Kritik der Vernachlässigung gegenüber. Bischoff natürlich ab, unterstützten aber gerne das Gesuch des Bischoffs zum Verbleib in Eisenach. Als Gründe wurden angegeben, dass Johannes Bischoff nicht arbeitsfähig sei und in der Zwangsarbeitsanstalt besser aufgehoben wäre, da für ihn dort gesorgt wird. Die Landesdirektion schlug daraufhin dem Herzog vor, dass Bischoff solange dort verbleiben solle, bis er eventuell wieder arbeitsfähig sein wird. Was danach kam entzieht sich dem bisherigen Erkenntnisstand. Wahrscheinlich musste Gehaus ihm wohl noch einmal ein paar Schütten Stroh für das Endlager gewähren.

Quellen:

Im Auftrag des Heimatpflegeverein e. V. Gehaus/Rhön
Reinhold Lotz†,
Vors.

 

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