Dieses zweite (As-Dur, Andantino, ABA) ist durch starke Gefühlsausbrüche geprägt. Ein sich weich wiegender Rhythmus und klangliche Wärme erzeugen im A-Teil pastorale Stimmung. Das ziellose Pendelmotiv ist das Motiv des verlorenen Wanderers, das einen Großteil der Werke Schuberts prägt. Von persönlichem Schmerz kündet der sangliche fis-Moll-Mittelteil. Fis-Moll ist die Todestonart der Romantik. Die schmerzvolle Stimmung steigert sich dramatisch bis zum Ende des Abschnitts.
Seine Finger gleiten über die Tasten. Draußen heult der Brandenburger Herbstwind. Schuberts «Moments musicaux» passen wunderbar zu dieser Stimmung. Er hat die Stücke immer geliebt, wird ihnen aber dem eigenen Empfinden nach selten gerecht. Auch heute nicht. Frustriert steht er vom Flügel auf und erinnert sich spontan an ein Zitat des großen Pianisten Alfred Brendel, das er unlängst in einer Fachzeitschrift gelesen hat: «Musik kann dramatisch sein und lyrisch. Bei einer guten Komposition ist immer auch der Verstand da. Der Verstand ist der Filter», hat Brendel gesagt. «Aber stimmt das eigentlich?», denkt Axel und schaut nachdenklich aus dem Fenster. Seine Freundin kommt aus der Bibliothek. «Woran denkst du gerade, Axel?» «Ach, weißt du, Liebes, ich dachte nur, dass die Musik vielleicht die einzige Kunstform ist, die sich der Analyse entzieht. Die sich etwas zutiefst Mysteriöses bewahrt.» Plötzlich hat er eine fabelhafte Idee für ein neues Gedicht. Doch das muss warten. Er hat ja heute noch diesen unseligen Termin. Eine Stunde später trägt er eine Mütze mit der Aufschrift «Fackelmann» und sitzt vor einer grünen Wand im Studio der «ultimativen Chartshow». Jemand ruft: «Und bitte!» Axel schaut in die Kamera und sagt: «Jut, die ham nich selber jesungen! Aber weeßte was: Ick fand Boney M. trotzdem knorke!» Dann bittet ihn der Regisseur, den Refrain von «Daddy Cool» laut mitzusingen. Wie es in ihm drin aussieht, wird nie jemand erfahren.
Den Musikstil von Claude-Bénigne Balbastre beschreibt „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, Band 01, S. 1097, Bärenreiter-Verlag 1986) u.a. so: Weiterlesen
Die beiden Orgelmessen veröffentlichte François Couperin im Jahr 1690 als seine beiden ersten Werke. Er hatte sie bereits im Alter von 21 Jahren komponiert. Am 2. September 1690 war dem 22jährigen ein königliches Privileg erteilt worden, das es ihm erlaubte, handschriftliche Kopien seiner aus zwei Messen bestehenden Pièces d’orgue zu veröffentlichen. Bei diesen Messen handelt es sich um eine, die Gemeindekirchen (Messe des paroisses) an hohen Festtagen verwenden können, und um eine weitere, die sich für Mönchs- und Nonnenklöster (Messe pour les convents) eignet. Lalande lobte seinerzeit die Werke seines Schützlings wie folgt: „Ich bescheinige hiermit, dass ich die gegenwärtigen Stücke für die Orgel des Sieur Couperin examiniret habe … diese als sehr fein ansehe und für wert befinde, an die Öffentlichkeit gegeben zu werden.“ Mit diesem Werk begann die erfolgreiche Karriere eines Komponisten, der einer der berühmtesten Lehrer und Komponisten des Königreiches werden sollte. Weiterlesen
Das Adagio von Albinoni – es ist zum Begriff geworden, mehr noch: zum Synonym. Es fehlte nicht, als Herbert von Karajan für die Deutsche Grammophon die Highlights der Barockmusik einspielte, es erklingt auf einem Sampler »Hochzeitsmusik« in einer Fassung für Violine und Orgel, es wurde arrangiert für die Swiss Clarinet Players, für das Boston Pops Orchestra und das New Yorker Harfen – Ensemble. Es teilt das Schicksal mit der Air aus Bachs dritter Orchestersuite und dem Largo von Händel. Es hat überall da präsent zu sein, wo die Bedeutung von Barockmusik als Funktionsträger gegenüber dem kunstästhetischen Wert deutlich überwiegt. Weiterlesen
Jean-François Dandrieu war Sohn eines Pariser Samenhändlers und soll (nach Titon du Tillet) Schüler von Jean-Baptiste Moreau und eine Art Wunderkind gewesen sein, da er die Ehre hatte, im Alter von kaum fünf Jahren, vor »Madame« zu spielen, die ihn dann stets mit ihrer Protektion bedachte. Am 28. Januar 1704 wurde er mit der Stellvertretung für Henry Mayeux, dem Nachfolger von Nicolas Le Bègue an der Orgel der Kirche Saint-Merry, beauftragt; im folgenden Jahre wurde er Inhaber des Amtes. 1705 widmete er »à Madame« ein Buch Sonates en Trio, Oeuvre I, dessen von Roussel luxuriös gestochener Titel mit dem Wappen Ihrer Königlichen Hoheit (Orléans-Bayern) geschmückt und mit Desmarets signiert war.
Am 1. November 1707 nahm Dandrieu als Preisrichter am Wettbewerb von Sainte-Marie-Madeleine-en-la-Cité teil, aus dem Rameau als Sieger hervorging. 1718 veröffentlicht er seine Principes de l’accompagnement du clavecin, und am 17. Dezember 1721 erhielt er die Nachfolge von Jean-Baptiste Buterne als Organist der Chapelle royale. Um diese Zeit widmete er Lalande ein Livre de Sonates à violon seul. 1728 veröffentlicht er ein Second Livre de Pièces de clavecin. 1733 wurde er Nachfolger seines Onkels Pierre, dessen Stellvertreter an der Orgel von Saint-Barthélemy er schon seit mehr als zwölf Jahren gewesen war. Im folgenden Jahre brachte er sein Troisième livre de clavecin heraus, das, wie Titon du Tillet erklärt, »en huit Suites formant un tout de 36 pièces bien chantantes et harmonieuses et caractérisées avec goût« (in acht Suiten mit insgesamt 36 Stücken, die sehr melodisch und harmonisch und mit stilvollem Charakter) besteht. Dandrieu starb im Alter von 56 Jahren in der Pfarrei Saint-Barthélemy. Erst im folgenden Jahre (1739) erschien sein Premier Livre de Pièces d’orgue bei Madame Boivin. Die Schwester des Komponisten, Jeanne-Françoise, eine vollendete Musikerin, die als Clavecinistin im Dienste des Kurfürsten von Bayern während seines Aufenthaltes in Paris stand und auch eine ausgezeichnete Organistin war, wurde seine Nachfolgerin an der Orgel von Saint-Barthélemy. Das Amt eines Organisten der Chapelle Royale wurde Daquin übertragen.
Die Clavecinmusik Dandrieus, sagt Titon du Tillet, »est assez dans le caractère du fameux François Couperin« (im Stil des berühmten François Couperin). Er nähert sich in der Tat ziemlich häufig seinem Vorbilde und verehrte, wie Couperin, Lully und Corelli. Eines der Menuette Dandrieus soll sogar, wie Daquin le fils behauptet, in Paris unter dem Namen von »Handel, le plus grand musicien de l’Angleterre« (Händel, der größte Musiker Englands) bekannt gewesen sein. Von den sechs Triosonaten sind vier viersätzig, zwei fünfsätzig. Die sechs Lalande gewidmeten Sonaten, die aus sechs Sätzen bestehen, nähern sich eher dem Suitentyp als der Corellischen Sonatenform. Jede beginnt mit einem langsamen Satz und schließt mit einem lebhaften Stück: Courante, Gavotte oder Gigue. In den langsamen Sätzen ist die lang geschwungene, biegsame melodische Linie stark mit einschmeichelnden Kadenzen ausgeziert: in den schnellen Sätzen sind die Themen lebendig, leicht und von höchster Eleganz.
Die Orgel-Stücke sind in sechs Reihen geordnet: drei in D, G und A, drei in d, g und a. »Je me suis efforcé partout« (Ich habe stets angestrebt), sagt Dandrieu in der Vorrede, »à saisir cette noble et élégante simplicité qui fait le caractère propre de l’orgue.« (die edle und elegante Einfachheit zu erreichen, die den eigentlichen Charakter der Orgel ausmacht). Der Stil seiner Offertorien in Form von Präludium und Fuge hat tatsächlich Weite und Bündigkeit. Gewisse Themen tragen ganz italienischen Charakter, doch verschmäht der Komponist darum nicht die herkömmlichen Gewohnheiten der französischen Musik; er liebt »les rythmes saccadés, la grandeur affectée, la candeur prétendue« (die Staccato-Rhythmen („Marqué“), die großartige Pracht, das Streben nach Schlichtheit) sagt Pirro, und zollt der Mode der Duos und Trios, der Dialoge, der Trompeten- oder Cromorne-Bässe und der Versetten für Flauti seinen Tribut. Seine Zeitgenossen haben ihm den Beinamen »l’organiste allemand« (der deutsche Organist) gegeben, vielleicht weil er zuweilen im fugierten Stil improvisierte oder weil er beim Kurfürsten von Bayern empfangen wurde. Mehrere seiner Kompositionen sind in der Tat in Berliner Sammlungen zwischen 1760 und 1763 erschienen. Erwähnenswert ist auch, daß Dandrieu dem Stich seiner Werke die größte Aufmerksamkeit widmete, deren Titel mit Kupferstichen von Simonneau, Roussel, N. Cochin oder Thomassin (nach Zeichnungen von Desmarest, Delajoue oder Lancret) geschmückt sind.
Werke: Livre de Sonates en Trio composé par le Sieur d’Andrieu organiste de Saint-Merry, Dédié A son Altesse Royale Madame. Première Oeuvre, 1705; Les Caractères de la Guerre ou Suite de Symphonies ajoutée à l’opéra, par Mr Dandrieu, Paris 1718 (Orch.-Part. Paris, Bibl. Nationale); Les Caractères de la Guerre, séparés du premier livre de clavecin de Mr Dandrieu … et retouchés par l’auteur en 1733, Paris, chez l’auteur; Principes de l’accompagnement du Clavecin, Paris 1718; Livre de Sonates à violon seul, Dédié à Monsieur de Lalande, Surintendant de la Musique du Roy, Paris o. J. (um 1720); Livre de Pièces de clavecin. Dédié au Roy, Paris 1724: Second Livre de Pièces de clavecin, dédié à son Altesse Sérénissime Mgr le Prince de Conti, Paris 1728; Troisième Livre de Pièces de clavecin, Paris 1734; Premier Livre de Pièces d’orgue, Paris 1739 (posthum); »Buvons à tasse pleine«, Air à boire, Paris, September 1718, Ballard; »Tendres regrets, amoureux soupirs«, Air sérieux, Gavotte, Brunette (Text: Budé), ebda., Januar 1719; »Sur les bords d’une fontaine«, Air sérieux, Brunette, ebda., Mai 1719. – Einzelne Stücke in Kleine Klavierstücke von verschiedenen Tonkünstlern, Bln. 1760, Birnstiel, und Musikalisches Allerley von verschiedenen Tonkünstlern, ebda. 1761-1763.
Die Musik in Geschichte und Gegenwart: Dandrieu, Pierre.
Musik in Geschichte und Gegenwart, S. 15768; MGG Bd. 02, S. 1891)
(c) Bärenreiter-Verlag 1986
Die Stücke, die in jeder Suite dem Offertoire folgen, könnten beliebig in der Reihenfolge angeordnet werden, sie enthalten oft subtile thematische Verweise auf Material des Offertoire. Die Stücke sind meist kurz, aber als Ganzes genommen sind sie bemerkenswert effektiv. Sie enthalten Erstaunliches und viele musikalische Kleinode. Sie repräsentieren freilich den Geschmack seiner Zeit – vereinfachte Harmonie und Kontrapunkt, mit vielen nostalgischen Bezügen zur französischen Volksmusik. Das „Duo en Cor de Chasse sur la Trompette“ (Duo im Stil der Jagdhörner für das Trompetenregister – aus der zweiten Suite in D) ist vielleicht die bekannteste Kuriosität. Sie kann als Darstellung einer Jagd vor der Kirche interpretiert werden können. Der Sinn ist so ähnlich zu verstehen wie in Cesar Francks Ouvertüre „Le Chasseur Maudit“, in der beschrieben wird, was mit jenen geschieht, die den Sonntag durch die Jagd entweihen, anstatt die Kirche besuchen!
Jede Suite endet mit sechs Magnificat-Sätzen. Der erste Satz ist immer für Plein Jeu, wie in Paris zu dieser Zeit gefordert. Sollten sie Fragmente der gregorianischen Magnificat-Hymne als Cantus firmus enthalten, sind sie jedenfalls gut versteckt! Obwohl nur kurz, sind sie doch Dandrieus bemerkenswerteste Schöpfungen. Die restlichen Verse enthalten einige der besten Charakterstücke von Dandrieu, die Basses de Trompette, Cromornes en Taille und Récits de Nasard, die das Wesen des musikalischen Erbes Frankreichs zum Klingen bringen – die authentischen Rhythmen und Klangfarben der Volksmusik, die Eleganz der klassischen französischen Prosodie, die Ausgelassenheit des Tanzes und die ganze Bandbreite der gallischen Leidenschaften, vom Zärtlichsten bis zum Kräftigsten.
Jahr/Datum der Komposition 1714-33 oder davor
Jahr der Erstveröffentlichung 1733 in der Sammlung: Noëls, O filii, chansons de Saint-Jacques, Stabat mater, et carillons oder davor Weiterlesen
Die Liedanfänge (die Links führen zum vollen Text der Lieder) lauten:
1. Tous les bourgeois de Châtre,
Et ceux de Montlhéry
S’en allaient quatre à quatre,
En chassant le souci
Cette journéée ci,
Que la Vierge Marie
Près le boeuf et l’ânon, don, don,
De Jésus accoucha, la, la,
Dans une bergerie …
Alle Bürger von Châtres
und die von Monthléry zeigten große Freude an diesem Tag, Dass Jesus Christus geboren wurde der Jungfrau Maria, in der Nähe des Ochsen und des Esels zwischen denen er lag in einem Stall …
aus: Opera omnia des JOAN BAUTISTA JOSÉ CABANILLES Y BARBERÀ (1644-1712) Band I, Nr. 6
herausgegeben 1929 durch Institut d’Estudis Catalans: Biblioteca de Catalunya, Barcelona
in der Reihe: Publicacions del Departament de Música VIII
Begriffserläuterung
de contras: „contras“ hießen sowohl die als Orgelpunkte gehaltenen Töne wie auch die wenigen – wenn überhaupt – in den damaligen spanischen Orgeln vorhandenen Pedal-Tasten
1o tono: primero tono, m.a.W. erste Kirchentonart (Dorisch), entspricht dem D-Dur der temperierten Stimmung.